Montag, 30. April 2012

Kitaandacht zum Thema "Anderen eine Freude machen."


Eine ökumenische Kitaandacht mit den Seniorenheimen zusammen. 
Etwas kitschige Geschichte, aber ich habe nichts Besseres gefunden und musste daher selber ran.
Erstaunlicherweise waren alle dabei und die Älteren hatten Tränen in den Augen. 
Tja, wer wünscht sich nicht solche Kinder... 
Wen der sparame theologische  Satz zuletzt nicht ausreicht: Die Kinder sind 2-5 Jahre. Da ging meiner Meinung nach nicht viel mehr. Komme ohnehin immer mehr dazu, in den Kitaandachten, neben den obligatorischen biblischen Geschichten, biblische Themen anders aufzubereiten. 
Große Hilfe dabei und guter, wenn auch schon älterer  Tip: 
Entdecke das Jahr. Den Kindergartenalltag christlich begleiten, Anja Maurer und Claudia Löwer-Lenau, 2007.
 


Das Geburtstagsgeschenk

Der kleine Hase Max ist auf dem Weg nach Hause.
Der Kindergarten ist aus und die  Höhle, in der Max und seine Familie wohnen, ist nicht weit entfernt.
Max hoppelt immer alleine nach Hause.

Heute ist ein wichtiger Tag: Die Mutter von Max hat Geburtstag.
Max hat schon tagelang hin und herüberlegt, wie er ihr eine Freude machen kann.
Seine Schwester hat einen tollen Knabberstock gefunden.
Oma wird wie immer einen Karottenkuchen backen:
Papa wird die Höhle putzen und Mama das Frühstück ans Bett bringen.
Und Tante Sophie wird einen Haufen Heu von ihrem Bauernhof mitbringen, zum Auspolstern von Mamas Bett.

Aber Max hat auch ein tolles Geschenk.
Das heißt, er wird ein tolles Geschenk haben.
Vor ein paar Tagen hat er eine Superstelle im Wald entdeckt, mit seltenen Kräutern, die wunderbar schmecken.
Darüber wird sich Mama freuen.
Er will sie jetzt nach dem Kindergarten pflücken, damit sie ganz frisch sind.
Er muss sich beeilen.
Der Umweg über den Wald dauert seine Zeit.
Also rennt Max, was seine Beine hergeben.
Doch plötzlich bremst er scharf.
Eine Amsel hinkt über den Weg. 
„Hey du“, jammert sie, „kannst du mir helfen?“
„Ich hab’s eilig“, sagt Max, „Mama hat Geburtstag!“
„Ich habe mir bei der Landung einen Flügel etwas verstaucht und kann nicht fliegen. Und der Fuchs ist in der Nähe.“
„Was soll ich denn tun? Ich bin kein Tierarzt.“, sagt Max ungeduldig.
„Nimm mich auf deinen Rücken und nimm mich mit.“, antwortet die Amsel.
„Na gut“, sagt Max.
Er kann die Amsel nicht vom Fuchs schnappen lassen.
Also nimmt er sie auf den Rücken und muss nun viel langsamer hoppeln als vorher.
Aber er findet die Kräuter und zupft einen ordentlichen Strauß ab.
Die Amsel hält den Strauß mit ihrem Schnabel fest
und Max macht sich auf den Rückweg.
Er kommt an einem Bach vorbei und hört aufgeregtes Schnattern.
Neugierig hält er an und schaut, was da los ist.
Zwei Entenküken zanken sich. Lauthals.
„Hey“, sagt Max, „was ist denn hier los?!“
„Mama ist weggeschwommen“, schnattert das eine Küken aufgeregt.
„Und ich glaube sie den Bach runtergeschwommen, da, nach rechts.“
„Quatsch“, sagt das andere Küken, „sie ist raufgeschwommen, da nach links.
Da ist doch auch unser Nest.“
Max stöhnt.
„Na, dann schwimmt doch erst in die eine und dann in die andere Richtung.
Weit wird sie ja nicht sein.“
„Aber Max“, sagt die Amsel, „der Fuchs!
Du kannst doch die Kleinen nicht alleine lassen.“
„Mama hat Geburtstag“, jammert Max,
„ich muss mich beeilen, sie macht sich sicher schon Sorgen.“
Aber die Amsel stupst ihn vorwurfsvoll mit dem Schnabel in den Hals.
Also gut.
Max lädt sich auch noch die Küken auf den Rücken
und läuft einmal hoch und einmal runter den Bach entlang,
bis er die Mutter der beiden entdeckt.
Die Mutter ist erleichtert, ihre beiden Süßen wieder zu haben
und dankt Max herzlich und ausführlich.
„Ich muss los“, wehrt Max ab und läuft mit der Amsel weiter.
Am Waldrand hört er ein Weinen.
„Was ist denn nun schon wieder los?!“, denkt er.
Da sieht er, wie ein Mäusekind auf einer Wurzel sitzt und heult.
„Warum heulst du denn?“, fragt Max.
„Keiner mag mich!“, schluchzt das Mäusekind.
„Blödsinn“, sagt Max, „deine Eltern mögen dich doch sicher.“
„Im Augenblick nicht so sehr. Ich habe den ganzen Käse aufgefuttert
und Mama hat mich aus der Höhle geworfen, weil sie so sauer auf mich ist.“
„Ach, die beruhigt sich auch wieder“, tröstet Max, „
Eltern sind nie lange sauer.“
Das Mäusekind wischt sich die Augen:
„Meine schon. Mein Bruder ist viel netter und artiger als ich, sagen sie.
Sie nennen mich die wilde Frieda“.
Frieda betrachtet die Kräuter, die die Amsel im Schnabel hält.
„Oh, sagt sie, „wo hast du denn die gefunden?
Mama liebt diese Kräuter, aber sie sind sehr selten.
Wenn ich mit so einem Strauß ankomme, verzeiht sie mir sicher.
Bitte, gib ihn mir.“
„Aber das ist mein Geburtstaggeschenk für meine Mama“, sagt Max.
„Und ich muss jetzt los.“
Da füllen sich Friedas Augen wieder mit Tränen.
Sie schaut flehentlich zu Max auf.
Wer kann einem solchen Mäuseblick widerstehen?
Max sicher nicht.
„Also hier, nimm.“ sagt er.
Und Frieda nimmt dankbar den Strauß in die Schnauze und huscht davon.
Max Laune sinkt.
Was wird Mama wohl sagen?
Er kommt viel zu spät, hat eine kranke Amsel auf dem Rücken und kein Geschenk.
Da ist die Höhle schon und alle sind da und warten.
Omas Torte steht auf dem Tisch, alle halten ihre Geschenke in der Hand
und Mama steht da und spät nach Max aus.
Sein Vater steht neben ihr.
„Gott sei Dank, dass du da bist“, ruft er,
„wir haben uns schon Sorgen gemacht.“
„Wo ist denn dein Geschenk,“ fragt seine Schwester Anja.
„Hast du etwa keins? Was soll denn die Amsel hier?“
„Am Geburtstag der Mutter kommt man nicht zu spät, mein Junge“,
sagt Tante Sophie streng.
„Ich kann soviel Aufregung nicht vertragen“,
jammert Oma, „mein Herz...“
Max senkt den Kopf. Er ist traurig.
Hat er Mama den Geburtstag verdorben?
Er hat es doch nur gut gemeint.
Sie sagt als einzige gar nichts und er wagt gar nicht, zu ihr hinzugucken.
Da räuspert sich die Amsel. Sie sitzt immer noch auf seinem Rücken.
„Verehrte Anwesende“, zwitschert sie würdevoll,
„dieser Junge hier kommt zu spät,
weil er mich, die ich verletzt bin,
auf seinem Rücken langsam getragen hat,
weil er zwei Entenküken geholfen hat, die ihre Mutter verloren haben.
Und er hat kein Geschenk, weil er die tollen Kräuter,
die er für Sie, verehrte Frau Hasenmama, gesammelt hat,
einem traurigen Mäusekind geschenkt hat.
Er ist ein guter Junge.“
Max schielt zu seiner Hasen-Mama.
Mama lächelt ihn an.
Sie kommt zu Max, setzt die Amsel vorsichtig auf den Boden
und nimmt Max ganz fest in die Arme.
„Damit hast du mir eine große Freude gemacht“, sagt sie.
„Das ist ein ganz tolles Geschenk, dass ich einen Jungen habe, der anderen hilft.“
Max schaut sie unsicher an.
Meint sie das ernst? Doch, es scheint so.
Da atmet er auf. „Also bist du nicht traurig,
dass ich kein richtiges Geschenk für dich habe?“,
fragt er nochmal um ganz sicher zu gehen.
„Wenn du anderen hilfst, ist das ein richtiges Geschenk,
ein wunderbares Geschenk.
Und nun lass uns die Amsel verbinden und dann den Kuchen anschneiden und feiern.“
Und das tun sie und feiern ein fröhliches Fest.


So wie die Mutter von Max, so freut sich auch Gott, wenn wir anderen eine Freude machen und helfen.
Da gibt es viele Möglichkeiten, Tag für Tag. Haltet die Augen offen. 

Lied: Wir haben Freude zu verschenken

Samstag, 28. April 2012

Predigt 2 Kor 4, 16-18 Jubilate 2012



2. Kor 4,16-18
Wir werden nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit.
 Uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.
Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.
(Pause)
Nochmal.
Wir werden nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.
Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit.
Uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.
Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.

Susanne:             Ein schwerer Text, finde ich.
Paulus, ich habe da ein paar Fragen an dich,
wenn du uns so einen Brocken vorsetzt.
Komm doch mal her.
(Paulus steht auf und geht ans Mikro)

Paulus:                Ja?
Susanne:             Wirst du nicht müde?
Wie machst du das?
Du hast doch allen Grund dazu.
Eine Krankheit, die dich fest im Griff hat,
viel Ärger mit den Behörden,
die in Gefangenschaft, Folter und ähnlichen Unannehmlichkeiten ausarten,
lange Reisen, sehr unbequem,
nicht immer Freude an den Gemeinden, die du gegründet hast,
sondern auch Streit und Angriffe und Infragestellung.

Paulus:                Ja, schon.
Aber, das habe ich ja auch den Korinthern geschrieben,
wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht.
Uns ist bange, aber wir verzagen nicht.
Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen.
Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um.
Wir halten nicht den Mund.
Wir werden nicht müde.

Susanne:             Toll, Paulus. Hut ab.
Wie macht ihr das?
Habt ihr ein spezielles Mittel?
Wenn ja, dann solltet ihr eine Gesundheitsberatung aufmachen.
Denn Müdigkeit, Paulus, das ist ein großes Thema bei uns.
Vielleicht habt ihr Besseres zu bieten gegen die Müdigkeit,
als die Ratschläge im Internet:
Fruchtmolke, Eisenpräparate,
2 mal täglich 1 Tasse Ingwerwurzel-Tee trinken,
Darmsanierung, Zink.
Die Müdigkeit, Paulus, hat uns häufig im Griff,.
Ich meine nicht die normale, 
die nun einmal zum Leben dazugehört,
sondern dieses Ausgelaugtsein,
die Antriebslosigkeit, die Schlappheit am Tag,
Müdigkeit, die schlimmstenfalls krankhaft wird, burn out genannt.
Müdigkeit, jeder kennt sie, immer wieder.
Jugendliche in der Pubertät scheinen manchmal gerade noch die Kraft zu haben,
ihre Zimmertür hinter sich zuschnappen zu lassen.
Aber auch, wenn wir Erwachsene fragen,
die sich gerade nicht mit einer hormonellen Umstrukturierung herumschlagen,
wenn wir die fragen „Wie geht’s denn so?“
bekommen wir häufig ein „Ganz gut“ mit einem tiefen Seufzer als Antwort.
Nicht sehr überzeugend.
Man selber neigt auch dazu.
Und du, Paulus, ganz ehrlich,
du siehst auch nicht gerade aus wie das blühende Leben.

Paulus:                Äußerlich mag es so wirken,
vielleicht sehe ich hin und wieder so aus, als sei ich am Ende.
Und letztlich läuft es darauf hinaus, dass es dazu kommen wird.
Ich tanze ständig auf dem Seil,
mit einem Fuß immer im Verderben.
Manchmal bin ich auch kurz vor dem Verzweifeln.
Aber ich betreibe kein Fitnesstraining,
falls du das denkst,
ich suche keine Ärzte auf, trotz meiner Krankheit,
ich tue nichts für meine äußere Erscheinung,
und ich lebe eigentlich ständig über meine Kräfte.
Was soll ich sagen:
Der äußere Mensch verfällt eben.

Susanne:             Richtig, Paulus,
und manche verfallen schneller und manche weniger schnell.
Du warst nie ein strahlendes Aushängeschild für die Gemeinden,
das wissen wir,
und das hat man dir auch immer wieder unter die Nase gerieben.
Aber du warst doch der Motor,
der nicht ausgeht und nicht müde wird,
immer weiter läuft und läuft und läuft.
Wie kann so jemand wie du nicht müde werden
und nicht irgendwann aufgeben?

Paulus:                Meine Liebe, weil ich in dem, was mir begegnet,
immer auch schon das sehe,
was daraus werden kann und wird,
die ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit,
Sie stellt alles zeitlich begrenzte Elend in Frage.
Sie drängt sich immer wieder in den Vordergrund
als Maß und Ziel der Welt.
Gott ist in mir am Werk.
Er erneuert meinen inneren Mensch von Tag zu Tag.
Und ich lebe nicht einfach auf eine schöne Zukunft hin.
Ich erlebe täglich, dass Gott da ist
und Leben und Freude ermöglicht,
wo meine Vorstellungskraft versagt.
Auch wenn das manchmal nicht offensichtlich ist,
so wird doch seine Kraft sichtbar,
gerade weil ich eigentlich nur sehr wenig eigene Kraft habe.
Ich habe Anteil am Leben und Sterben Jesu und an seiner Auferstehung.
Durch mich wird deutlich:
Gott sucht sich keine Kraftprotze,
keine strahlenden Sieger.
Er nimmt durchaus auch Menschen,
die erst einmal nicht auffallen,
Menschen wie du und ich.
Seine Kraft ist das Leben, ist die Liebe,
die sich auch in den schlimmsten Zeiten
immer wieder hervordrängt und gelebt werden kann.
Weil wir das alles glauben,
weil wir glauben,
deshalb laufen und reden wir auch.
Immer weiter und weiter.
Deshalb werden wir nicht müde.

Susanne:            Also, dass ich das richtig verstehe:
Du bist manchmal kräftemäßig am Ende,
hast auch Angst, verzweifelst,
aber Gott gibt dir immer wieder neue Kraft?
Und du kannst in allem einen Sinn erkennen;
auch in deinem Leiden
und deshalb gibst du nicht auf.
Du siehst, dass Gerechtigkeit und Friede sich immer wieder durchsetzen mit Gottes Hilfe.
Du hast die Kraft in Kleinasien eine Gemeinde nach der anderen zu gründen,
obwohl du öfters eigentlich ins Bett gehörst
oder in eine Reha.
Und du glaubst daran, dass Gott weiter handelt
auch durch dich,
und deshalb wirst du nicht müde.

Paulus:                Genau, ich glaube, darum rede ich,
darum werde ich nicht müde, bei dem, was ich tue.

Susanne:             Danke, Paulus!
Ich denke, jetzt komme ich alleine weiter.

Wir werden nicht müde;
sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt,
so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.

Müdigkeit scheint ein wichtiger Gradmesser zu sein.
Ein Gradmesser dafür, wie sehr ich einen Sinn in dem sehe,
was ich tue,
was mein Leben erfüllt.
Wenn mich etwas ganz und gar erfüllt,
überzeugt, inspiriert, Spaß macht, dann werde ich nicht müde.
Dann fällt es sogar schwer, Schlaf zu finden.
Dann ist der Schlaf zwar eine notwendige Erholungspause,
die der Körper nun einmal braucht,
aber keine Flucht ins Vergessen, in die Lethargie.

Lähmende Müdigkeit ist also ein wichtiger Hinweis,
wenn ich den Weg, den ich gerade gehe,
eigentlich auf Dauer nicht gehen möchte.
Müdigkeit ist ein Gradmesser auch für meinen Glauben.
Wenn Paulus recht hat,
dann scheint Gott nicht müde zu werden
uns immer wieder Kraft zu schicken.
Gott ist kein Aufputschmittel und
er kümmert sich auch manchmal reichlich wenig
um unsere körperliche Verfassung,
um unsere Lebensumstände.
Er kümmert sich eher um die Haltung,
um die Ausrichtung,
mit der wir Dinge angehen.
Oder wie es der 66. Psalm ausdrückt:
Gott ist der, der unsre Seelen am Leben erhält
und dadurch unsere Füße nicht gleiten lässt.

Zwei Beispiele für die Art, wie Gott unsere Seelen,
unseren inneren Menschen am Leben erhält,
zum Leben führt:

Franz von Assisi, ein junger Spunt,
Sohn eines reichen Tuchhändlers
zieht in den Krieg.
Aus voller Überzeugung.
Er gerät in Gefangenschaft,
er wird krank.
Immer wieder überfallen ihn merkwürdige Stimmungen,
in denen er sich fragt: Was macht das alles für einen Sinn?
Irgendetwas zieht ihn, aber nicht ins Abenteuer  und in die Ferne.
Wohin das weiß er selbst nicht genau.
Wieder zu Hause treibt er seine Eltern in den Wahnsinn.
Er liegt im Bett herum,
hat zu nichts Lust, schläft, schlunzt herum.
Dann und wann stürzt er sich in den Handel mit Tuch,
nur um sich bald darauf wieder in seinem Zimmer einzuschließen.
Er hat allen Lebensmut verloren.
Dann, in einem Traum, wird seine alte Leidenschaft
für Schönheit und Reichtum und Abenteuer geweckt.
Es reißt ihn hoch und er zieht wieder in den Krieg,
prächtig ausgestattet von seinem glücklichen Vater.
Gott hat eine merkwürdige Art,
den inneren Menschen auf Trab zu bringen.
Aber gleich zu Beginn begegnet Franz einem armen Ritter
und er schämt sich.
Der tapfere Mann sieht so schäbig aus und er ist so aufgeputzt.
Der Weg, den er eigentlich einschlagen soll, beginnt hier:
Er tauscht mit dem Ritter seine Kleider,
er wird wieder krank
und während die Schlacht tobt, liegt er im Bett.
Und wieder hört er eine Stimme im Traum:
Sie kommt aus einem großen Licht und fragt ihn:
Was ist besser, dem Herrn zu dienen oder dem Knecht?
Dem Herrn, sagt Franziskus.
Warum dienst du dann dem Knecht?
Franziskus spürt, wie das Licht ihn erfüllt und beglückt.
Die Stimme schickt ihn nach Hause.
Und Franziskus wird zu dem, als den wir ihn kennen,
Er wird arm und bleibt arm.
Er versöhnt Menschen,
steht mit Vögeln auf du und du.
Er bringt Menschen auf Trab und
auf den Weg des Friedens und der Gerechtigkeit
und das, obwohl er er wie Paulus immer wieder mit Krankheit und körperlichem Verfall leben muss.
Auch Franziskus ist kein Kraftprotz, im Gegenteil.
Aber er ist sich sicher, auf dem Weg zu sein, auf dem Gott ihn begleitet.
Langeweile und Lebensmüdigkeit hat Franziskus nie wieder verspürt.

Das andere Beispiel:
Freya von Moltke fährt auf dem Fahrrad nach Hause.
Wir schreiben das Jahr 1945.
Ihr Mann ist vor kurzem in Plötzensee ermordet worden.
In den fünf Monaten, die sie auf seine sichere Hinrichtung gewartet haben,
haben sie Briefe geschrieben.
Und Helmut James von Moltke hat in dieser Zeit
nur noch die Bibel und das Gesangbuch gelesen.
Mehr als gelesen.
Er ist in die Bibel eingedrungen
und hat dort Gott gefunden und einen Halt.
Das half ihm nicht zusammenzubrechen.
Trotz des drohenden äußerlichen Verfalls hat er so eine innere Stärke bekommen,
die ihn selber manchmal verwundert.
Aber diese innerliche Kraft hat ihm und seiner Frau geholfen,
sich nicht mit dem Ende abzufinden,
sondern sicher zu sein, dass Gott kein Ende zulässt;
Dass sie vereint bleiben auch über den Tod hinaus.
Das hört sich vielleicht ein wenig romantisch an und weltfremd.
Aber wenn Menschen im Angesicht des Galgens
zu einer solchen Haltung kommen,
Tag für Tag, wie Paulus schreibt, die Kraft Gottes von Neuem erfahren,
dann verlangt das Hochachtung.
Freya fährt den Berg hinunter.
Der Frühling beginnt.
Sie lässt die Räder laufen, spürt den Fahrtwind
und fühlt in sich ein überschwängliches Glück,
über das sie sich selber wundert.
Aber sie hat das Gefühl, ihr Mann ist ihr näher,
als in der Zelle in Tegel.
Ihre gemeinsame Lebenszeit war begrenzt.
Aber sie sind nicht getrennt, sie leben weiter in Gott vereint.
Die Verbindung bleibt und die Kraft, die sie daraus zieht.
Das verhindert, dass sie aufgibt, sich fallen lässt
und lebensmüde wird.
Das gibt ihr die Kraft, weiter zu leben
und einen Sinn darin zu sehen.

Unsere Müdigkeit manchmal,
die wir in unserem Leben,
aber auch die Müdigkeit, die wir in der Gemeinde verspüren,
die sollten wir ernst nehmen,
als Gottes Stimme, die uns ruft, Tag für Tag,
uns zu öffnen und auf Trab bringen zu lassen,
egal, ob andere unsere Wege verstehen,
egal, ob wir die Ausstrahlung haben,
die andere von einer Gemeinde fordern,
wach bleiben für das,
was uns wach macht, belebt
durch das, was wir hier tun,
vielleicht auch durch das, was wir nicht mehr tun.

Wir werden nicht müde, sagt Paulus.
Wir haben heute drei Konfirmanden getauft,
die ihren Weg noch suchen
und ich wünsche ihnen, dass sie wach bleiben,
wach für Gottes Stimme, die ihnen sagt:
Du bist, was du bist und du bist gut,
wie Douglas Taufspruch es sagt.
Wach für seine liebevolle Begleitung,
für die Engel, die uns behüten auf all unseren Wegen,
wie Fee es sich wünscht.
Und wach dafür, dass egal, welchen Eindruck andere von uns haben,
Gott  uns immer erkennt und anerkennt,
weil er unser Herz ansieht, wie Emilias Taufspruch es ausdrückt.
Und Gott entdeckt Kräfte in uns,
die uns manchmal selber überraschen
und fröhlich und zuversichtlich machen,
uns dazu bringen Gott wie Hans Dieter Hüsch zu loben:
Ich bin vergnügt
Erlöst
Befreit
Gott nahm in seine Hände
Meine Zeit
Mein Fühlen Denken
Hören Sagen
Mein Triumphieren
Und verzagen
Das Elend
Und die Zärtlichkeit

Was macht dass ich so fröhlich bin
In meinem kleinen Reich
Ich sing und tanze her und hin
Vom Kindbett bis zur Leich

Was macht, dass ich so furchtsam bin
An vielen dunklen Tagen
Es kommt ein Geist mir in den Sinn
Will mich durchs Leben tragen

Was macht dass ich so unbeschwert
Und mich kein Trübsinn hält
Weil mich mein Gott das Lachen lehrt
Wohl über alle Welt.

Amen





Das ist rausgeflogen: 

Wenn ich überlege, was mich ermüdet
und die Menschen um mich herum
dann denke ich, es gibt mehrere Fallen,
in die wir in der Kirche und auch in dieser Gemeinde immer wieder tappen,
Fallen, die uns müde machen,
weil sie viel Kraft kosten und wenig Sinn machen.
Fallen, die ich so beschreiben würde:
Zuviele Ideale und Vorstellungen und Ansprüche – zu wenig Realität
Zuviel Zweifel und Kritik – zu wenig Selbstbewusstsein und Verständnis
Zuviel Konflikte oder Aneinandervorbeileben – zu wenig Gemeinschaft
Zuviel Ernst – zu wenig Spaß oder besser Freude, die ansteckt
Zuviel Tempo – zu wenig Pausen
Zuviel in Sinnloses gesteckte, zu viel vertane Zeit – zu wenig kreativ genutzte Zeit
Zuviel Kraft für die Bestandswahrung – zu wenig Kraft für Visionen
Zuviel Einsatz nach innen – zu wenige Blicke über den Tellerrand zu den anderen.
Zuviel Reden über das knappe Geld – zu wenig Reden über Gerechtigkeit
Zu wenig Raum für die Stille
Zu wenig Raum fürs Gebet
Zu wenig Zeit zum Singen
Zu wenig Gelegenheit zum gemeinsamen Essen und Feiern
Zu wenig Einfluss auf die Welt um uns herum
Zu wenig Raum für Begegnungen mit Gott.


Das auch:
Wenn Sie Ihr Leben betrachten,
was, auf einer Skala von 1-10 gesehen,
würden Sie als Grad Ihrer Wachheit angeben?
Überlegen Sie einen Moment.
In dem Buch Schlafes Bruder von Robert Schneider
sagt Johannes Elias Alder:
Wer schläft, liebt nicht.
Er wählt den radikalen Weg,
um den Platz der geliebten Frau in seinem Leben zu verdeutlichen:
Er schläft überhaupt nicht mehr.
Denn, so seine Meinung: Wer schläft, liebt nicht.

Wach sein und wach bleiben
als Zeichen auch der Gegenwart Gottes?
Wer Gott liebt, schläft nicht oder zumindest wird nicht müde?
Einiges spricht dafür.



Samstag, 7. April 2012

Osternachtspredigt Mt 28



Ostergedanken
 Osternacht 2012 zu Mt 28

Die Erde bebte, als Jesus am Kreuz starb,
bebte, weil sie nicht an sich halten konnte.
Felsen zersprangen,
der Vorhang im Tempel riss entzwei.
Die Erde konnte nicht an sich halten,
weil Gott nicht an sich halten konnte.
Er machte den Schrei Jesu zu seinem.
Er ließ den Tod zu Wort kommen,
ließ die Dunkelheit sich ausbreiten über Jerusalem,
und zeigte uns, dass er das aushält,
mit uns in die Tiefe zu gehen,
sich den Folgen des Hasses und der Feindschaft der Menschen,
ihrem Schmerz auszusetzen.

Drei Tage später,
berichtet Matthäus,
bebt die Erde schon wieder.
Die Erde kann nicht an sich halten,
weil Gott nicht an sich halten kann.
Er lässt das Leben zu Wort kommen,
wälzt durch den Engel
vor den Augen der Wachen und der Frauen den Stein vom Grab
und zeigt ihnen... nichts.
Wunderbarer Weise.
Nichts.
Es gibt nichts zu sehen,
keine Leiche,
keine lähmenden Tatsachen, an denen man nicht vorbeikommt.
Das Grab ist leer.
Alles ist möglich,
wenn nichts zu sehen ist.
Es gibt nur Worte:
Die Feststellung: Er ist nicht hier.
Die Behauptung: Er ist auferstanden.
Die Aufforderung:  Geht und sagt es den anderen und dann trefft ihn in Galiläa.


Knapp 2000 Jahre später
am 7. April 2012
bebt die Erde nicht.
Es ist Nacht, Osternacht.
Überall auf der Welt sitzen in diesen Stunden Menschen in Kirchen
und halten  Gottesdienst,
weil diese Worte von damals weitergesagt wurden.
Überall stellen die Menschen fest:
Jesus ist nicht hier,
er sitzt nicht leibhaftig unter uns in den Reihen.
Überall hören sie die Behauptung:
Er ist auferstanden, er lebt, wahr und wahrhaftig.
Und überall wird ihnen zugemutet:
Geht trotz der Feststellung und mit dieser Behauptung in die Welt
und sagt es weiter:
Sagt: Das Grab ist leer
und aus dieser Leere heraus nimmt das Leben immer wieder einen neuen Anlauf.
Sagt: Gott konnte und kann nicht an sich halten angesichts des Todes.
Immer noch nicht und wird es nie können und wollen.
Sagt: Geht weiter in den Spuren seines Lebens, dort werdet ihr ihm begegnen.

Durch Gott nimmt das Leben einen neuen Anlauf,
immer wieder, aus dem Nichts.
Es holt Menschen in seine Bewegung hinein,
es lädt ein, in den Spuren Jesu weiterzugehen
und dort Gott zu begegnen,
wenn wir Liebe üben, wo man sich hasst,
Wenn wir verzeihen, wo man sich beleidigt,
wenn wir trösten und helfen, wo Trost und Hilfe nötig sind.




Heute haben wir fünf Menschen getauft.
Gott kann nicht an sich halten und mutet es auch uns zu,
mutet es euch zu,
ganz aus euch herauszugehen, auf das Leben zu:
Sucht mich, von ganzem Herzen
und ihr werdet mich finden.
Ich werde bei euch sein, euch behüten auf all euren Wegen. 
Fürchte dich nicht, ich helfe dir.


Worauf hören wir und was sehen wir?
Sehen wir in dem Nichts, der Leere des Grabes vor allem die Enge?
Sehen wir vor allem die schweren Steine vor den Gräbern, die uns sagen:
Hier bewegt sich gar nichts mehr.
Spüren wir vor allem die Verzweiflung hinter der Behauptung:
Gerechtigkeit und Friede werden immer eine Chance haben und der Tod hat nicht das letzte Wort?

Oder sehen wir das Nichts, die Leere als  Raum des Lebens,
den Gott mit unserer Hilfe füllen möchte und füllen wird,
wenn wir mitgehen.
Spüren wir in unseren Herzen die Verheißung in der Behauptung:
Gerechtigkeit und Friede werden immer eine Chance haben
und der Tod hat nicht das letzte Wort.

Glauben wir, auch wenn wir nichts sehen
und es vielleicht auch nur selten spüren,
glauben wir, dass Gott an unserer Seite ist,
dass Jesu Weg uns immer noch offen steht
und sein Geist uns als Kraft begleitet und trägt?

Vermutlich müssen wir uns das immer wieder sagen und sagen lassen:
Der Herr ist auferstanden.
Auch wenn unser Verstand und unsere Vernunft
den Steinen immer wieder recht geben wollen.
Vermutlich müssen wir immer wieder von Gott lernen,
uns nicht so sehr zurückzuhalten,
uns gehen zu lassen, wenn das Leben uns ruft.
Vermutlich sind diese Worte gar nichts wert,
wenn wir sitzen bleiben.
Wir müssen sie sagen, ja,
und dann gehen wir aufeinander zu, damit sie wahr werden.
Wir haben das Versprechen:
Gott kann nicht an sich halten. Er wird mit uns sein.
Er bleibt an unserer Seite und sagt uns durch seinen Engel:
Der Herr ist auferstanden.
Und wir antworten gemeinsam:
Gemeinde: Er ist wahrhaftig auferstanden.
„Wir leben aus Gott - auf die Menschen zu.
Darum gebt einander ein Zeichen des Friedens,
der aus Gott stammt und sprecht:
Friede sei mit Dir.“
Amen.










Donnerstag, 5. April 2012

Karfreitagsmeditation über Mt 27, 45-54 zu einem musikalischen Gottesdienst


Angeregt wurde diese Predigt durch eine Predigt von Hansfrieder Zumkehr, Gottesdienstpraxis "Passion", 2009 und seine Gedanken zum Thema "Abgrund". Im Gegensatz zu ihm bin ich da allerdings nicht so leicht wieder herausgekommen... Aber Ostern kommt ja noch. 


Abgründe tun sich auf.
Gott macht sie sichtbar durch seinen Weg mit Jesus.
Ein Abgrund tut sich auf,
als Menschen schrien: Kreuzige ihn!
Ein Abgrund der Gottesferne.
Diese Menschen sind nicht zu bewegen, aus ihrem Hass aufzubrechen.
Sie stecken fest in der Tiefe der Abgrenzung.
Sie nehmen sich das Recht über Leben und Tod zu bestimmen.
Sie sind sich sicher:
Über den sprechen wir das Todesurteil.
Der verdient es nicht zu leben.
Menschen übertreten ihre Grenzen.
Sie richten sich ein in der Schlucht der Härte,
aus der in dem Moment keine Treppe mehr führt,
kein guter Wille ist mehr möglich,
kein Mitleid, kein Sinn für Gerechtigkeit.
In diesem Abgrund versinkt Jesus.
Stirbt schreiend.
Stirbt schreiend vor körperlichem Schmerz.
Stirbt schreiend vor Verzweiflung.
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ist dieser Abgrund dein letztes Wort?
Vielleicht nicht sein letztes Wort,
aber Gott spricht an diesem Tag nur davon,
spricht von den unausweichlichen Folgen
menschlicher Sünde.
Gott zeigt, welche Abgründe sich auftun,
wenn Menschen sich abwenden von der Stimme des Lebens,
und sich dadurch der Kälte des Todes ausliefern,
andere erschießen,
quälen,
foltern,
verhungern
oder am Kreuz verrecken lassen
ohne Mitleid,
ohne Anteilnahme.
Gott redet durch Jesus von den Abgründen dieser Welt,
und weil Gott es ist, der davon redet,
werden sie sichtbar für alle Welt.
kann niemand ausweichen.
Wo Abgründe sich auftun,
geraten die Dinge durcheinander,
kommt alles in Bewegung.
Das, was die Menschen nicht zeigen,
Anteilnahme, Erschütterung,
das zeigen die Natur und die Dinge,
die sich nach Gottes Willen richten.
Immer, auch hier, sind sie seine Stimme.
Die Sonne verbirgt sich,
weigert sich, mit ihrer Wärme die Kälte dieses Augenblicks zu vertuschen.
Der Vorhang im Tempel kann nicht an sich halten,
es zerreißt ihn, von oben nach unten.
Nichts Heiliges, Verborgenes kann es geben in dem Moment,
in dem Menschen das Heiligste, das Leben, mit Füßen treten.
Das Heilige hängt am Kreuz,
und wer es sehen will muss nach Golgatha blicken.
Die Natur schüttelt sich.
Selbst die härtesten Felsen reißt es auseinander.
Die Heiligen hält es nicht in ihren Gräbern.
Sie wandern über den Hügel von Golgatha und
zeigen ihre Erschütterung:
Jesus ist tot, Gottes Stimme wurde erwürgt,
das darf doch nicht wahr sein.

Das einzig mögliche Evangelium für den Karfreitag:
Das darf doch nicht wahr sein.
Ein heilsbringender Satz, der dem Skandal des Todes nicht ausweicht,
sondern den Tod bitter ernst nimmt.
der Satz, den Gott der Natur, den Dingen in den Mund legt.
Das darf doch nicht wahr sein.
Dieser Satz, der wird erwartet.
Das zerstörte Leben zu sehen und nicht vorbeisehen zu können
und dennoch zu sagen: Das darf doch nicht wahr sein.
Das will Gott von uns hören.
Das spricht er selber in die Abgründe unseres Lebens hinein.
Gott schaut in diese Abgründe, steigt mit hinunter.
Das versteht sogar ein abgebrühter Hauptmann,
der täglich die Schreie der Sterbenden am Kreuz im Ohr hat,
der also nicht so leicht zu erschüttern ist.
Aber an der Erschütterung, die Gott angesichts des Todes Jesu zeigt,
kommt er nicht vorbei.
Er kommt nicht vorbei an der Erkenntnis,
dass tatsächlich Gott durch diesen Jesus geredet hat
und findet keine besseren Worte für diese Verbindung, als zu sagen:
Das war ja dann wohl doch Gottes Sohn.
Und seine Erschütterung ist zu merken.

Das darf doch nicht wahr sein.
Wer diesen Satz sagt,
der weiß zumindest,
dass das Leben anders aussehen muss,
dass ein Mensch nicht ans Kreuz gehört,
sondern zu seinem Feigenbaum und Weinstock,
dass Armut und Reichtum keine Naturgesetze sind,
sondern den tödlichen Abgrund zeigen,
in dem wir es uns oft so behaglich eingerichtet haben.

Es gehört Mut dazu, sich an diesen Satz zu wagen,
denn er setzt nicht nur Berge und tote Heilige;
sondern auch den in Bewegung, der ihn ausspricht:
Das darf doch nicht wahr sein.
Wenn ich mich an diesen Satz wage,
es wage, selbst angesichts der Ungeheuerlichkeiten,
die Menschen bis heute ihren Geschwistern zumuten,
wage mein Herz zu öffnen,
dann tue ich das in der Hoffnung,
Gottes Stimme zu hören,
der mir recht gibt, wenn ich nur noch fassungslos den Kopf schütteln kann.
Dann spüre ich vielleicht auch in dieser Tiefe Gottes Hand,
dann merke ich vielleicht auch,
dass diese Hand mich zieht, ohne noch zu sehen wohin.
Das darf doch nicht wahr sein.
Ob uns dieser Satz hilft aufzustehen,
ob es dieser Satz schafft
den Felsen von den Gräbern der Welt zu rollen,
das wissen wir in dem Moment nicht,
wenn wir ihn aussprechen.
Aber wir verlieren unsere Fassung,
in dem Moment,
in dem wir uns der Ungeheuerlichkeit des
Todes, den Menschen anderen zumuten, aussetzen.
Wir bleiben nicht unbeweglich und unbewegt angesichts des Leides.
Fassungslose Menschen kann Gott bewegen und mitnehmen auf seinen Weg.
Das darf doch nicht wahr sein.
Versuchen wir darauf zu vertrauen,
dass Gott diesen Satz mitspricht und
nicht aufhören wird vom Leben zu reden.
Amen




Dienstag, 3. April 2012

Mk 11, 14-18 Passionsadacht zur Temepelaustreibung


Zu einem Bild aus dem Jugendkreuzweg 2012Mit Dank an Kristina Kühnbaum-Schmidt für den wunderbaren Satz 
" Über Geld spricht man nicht“ – aber zuweilen kann man auch nicht darüber schweigen." 
Und für die Einleitung. (Kursiv)
 Mk 11
Und sie kamen nach Jerusalem. Und Jesus ging in den Tempel und fing an auszutreiben die Verkäufer und Käufer im Tempel; und die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler stieß er um
16 und ließ nicht zu, dass jemand etwas durch den Tempel trage.
17 Und er lehrte und sprach zu ihnen: Steht nicht geschrieben (Jesaja 56,7): »Mein Haus soll ein Bethaus heißen für alle Völker«? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.
18 Und es kam vor die Hohepriester und Schriftgelehrten, und sie trachteten danach, wie sie ihn umbrächten. Sie fürchteten sich nämlich vor ihm; denn alles Volk verwunderte sich über seine Lehre.


Über Geld spricht man nicht“ – so lautet die alte Benimmregel.
Man spricht nicht über das eigene Einkommen und fragt andere nicht nach ihrem.
An der Wohnung, Kleidung, Essen, dem Auto kann man zwar einigermaßen erkennen, wie es denn so steht mit dem Geld, über das man nicht spricht. Aber man spricht es nicht aus.
Über Geld spricht man nicht“ – aber zuweilen kann man auch nicht darüber schweigen.
Geld erregt die Gemüter.
Geld treibt Menschen zu Taten, die sie sonst ablehnen würden.
Geld treibt auch Jesus hier dazu, alle Regeln seines sonst relativ guten Benehmens zur Seite zu fegen.
Mit der Peitsche in der Hand argumentiert er selten.
Auch schreien ist sonst nicht seine Art.
Aber auch die anderen Menschen auf dem Bild, vor allem die Honoratioren, die würdigen Männer, die Händler, die Priester und Schriftgelehrten gehen ein wenig mehr aus sich heraus als sonst.
Die Menschen zeigen ein Gesicht, das man sonst nicht von ihnen kennt.
Ganz gegen ihre sonstige Art.
So reagieren Menschen, denen man zu nahe tritt, die sich wehren, die auf den Putz hauen, wenn sie sagen wollen:
Bis hierher und keinen Schritt weiter.
Über Geld spricht man nicht.
Vor allem nicht hier in der Kirche.
Nicht bei einer Passionsandacht, wo Sie jetzt erwarten, sich zu öffnen und sich dem Leiden Jesu auszusetzen.
In ruhiger, besinnlicher Atmosphäre.
So kann man sich täuschen.
Selbst hier geht es um das liebe Geld, über das man nicht spricht.
Und bevor wir uns mit Erstaunen und Kopfschütteln dem Bild und der Geschichte dort nähern,
nähere ich mich Ihnen und trete Ihnen zu nahe.
Unter anderem mit der Hilfe von Max Frisch stelle ich Ihnen ein paar Fragen, die Sie nicht laut beantworten müssen,
aber über die Sie einen Moment nachdenken können.
Die Fragen sollen Sie nicht aufs Glatteis führen,
sondern nur Gelegenheit geben, sich über ihr derzeitiges eigenes Verhältnis zum Geld klarzuwerden.

1.    Mögen Sie Geld?
2.    Warum nicht?
3.    Haben Sie schon ohne Bargeld (ich ergänze: auf dem Konto) leben müssen?
4.    Wieviel Geld möchten Sie besitzen?
5.     Haben Sie schon gestohlen:
a. Bargeld?
b. Gegenstände (ein Taschenbuch am Kiosk, Blumen aus einem fremden Garten, eine Erstausgabe, Schokolade auf einem Camping-Platz, Kugelschreiber, die umherliegen, ein Andenken an einen Toten, Handtücher im Hotel usw.)?
c. eine Idee?
6.    Gesetzt den Fall, Sie stammen aus einfachen Verhältnissen und verfügen unversehens über ein großes Einkommen, sodass das Geld für Sie sozusagen keine Rolle mehr spielt: fühlen Sie sich als Person unverändert? Und wenn ja: glauben Sie, dass Ihre bisherigen Freunde meinen werden, dass das Geld sie als Person deformieren oder zumindest verändern wird?
7.    Was kostet zurzeit ein Pfund Butter?
8.    Fürchten Sie sich vor den Armen?
9.    Warum nicht?
10.Was tun Sie für Geld nicht?
11.Was von dem, was Ihnen im Leben wichtig ist, würde bleiben, wenn Ihnen das Geld ausginge?

Über Geld spricht man nicht, aber manchmal kann man nicht darüber schweigen.
Wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, zum Beispiel.
Dann sind die Banken dran oder gute Freunde.
Wenn überlegt wird, wie groß oder klein die Frühjahrsgarderobe ausfallen darf und welcher Spielraum für  den nächsten Urlaub bleibt.
Über Geld spricht man nicht.
Das gilt aber vor allem für uns im privaten Bereich.
Ansonsten, so hat es manchmal den Anschein, wird nur noch über Geld gesprochen.
Geld regiert die Welt, heißt es.
Und das tut es.
Der  Finanzausgleich im Bund ist das große Thema der Berliner Zeitung vom Samstag.
In Europa sowieso.
Die Zentralbank hat unser Leben mehr im Griff, als wir es uns vorstellen können,
die Weltbank hat mehr mit den Grenzen des politischen Handelns zu tun, als uns lieb sein mag.
Der gute Wille der Menschen hat das Nachsehen.
Über Geld spricht man nicht?
Jesus ist da anderer Meinung.
Er hat über Geld gesprochen und meistens in der Richtung:
Nehmt es nicht so ernst. Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, ansonsten entspannt euch.
Haben die Lilien Dinare? Nein.
Und die Vögel?
Schon mal eine Amsel am Bankautomaten gesehen? Nein? Na also.
Vertraut auf Gott. Er gibt euch, was ihr braucht.
Ein netter Mensch, der Jesus.
Normalerweise. Doch hier nicht. Was ist passiert?

Alle Evangelisten erzählen diese Geschichte, die wir vorhin in der Lesung gehört haben.
Jesus kommt nach Jerusalem.
Er ist bereit, seinen Leidensweg auf sich zu nehmen.
Ganz und gar der Sohn Gottes, der die Folgen auf sich nimmt,
wenn in einer gewalttätigen Zeit von Frieden und Gerechtigkeit und Besitzlosigkeit geschwärmt wird, wie er es immer getan hat.
Und das erste, was er tut nach seinem Einzug nach Jerusalem:
er geht in den Tempel.
Das ist an sich nichts Besonderes.
In den Tempel geht man, wenn man zum Passahfest nach Jerusalem kommt.
Da freut man sich drauf.
Der Tempel ist das Wahrzeichen des Bundes zwischen Israel und Gott.
So oft zerstört von fremden Mächten und nun wieder aufgebaut.
Zum dritten Mal. Offen für alle.
Selbst die Heiden dürfen dort beten, wenn auch nur im äußeren Tempelbezirk, im Vorhof.
Menschen kommen um dort Ruhe und Gott zu finden.
Jesus vermutlich auch.
Er will sich stärken für seinen Weg.
Er will mit Menschen zusammen sein, die seinen Glauben teilen.
Er will die Nähe Gottes spüren.
Und so tritt er in den Vorhof und erlebt, wie die Welt, der Alltag, den er verändern will, sich dort breit gemacht hat.
Schauen Sie auf das Bild und stellen Sie sich die Geräusche und Gerüche vor, die es erfüllen.
Es stinkt nach Tierkot, es blökt, es gurrt.
Menschen drängen sich um Händler und Tische.
Laut werden die Opfertiere zum Kauf angeboten: Ochsen, Schafe und Tauben.
Makellose Opfertiere, brüllt es da.
Die braucht man für ein ordentliches Opfer.
Da gibt es strenge Auflagen.
Die Menschen kommen von weither, aber auch aus der näheren Umgebung.
Die meisten kommen ohne Tiere, denn sie wissen:
Die Priester lehnen häufig mitgebrachtes Feder- oder anderes Vieh als nicht thoragemäß ab.
Sie unterstützen die Händler, die ihre Tiere zu meist überteuerten Preisen verkaufen.
Auch die Geldwechsler haben so ihre Eigenarten.
Jeder Gottesdienstbesucher – Frauen, Sklaven und Minderjährige ausgenommen – muss die jährliche Tempelabgabe von einem halben Schekel bezahlen.
Ausländische Währung wird abgelehnt, das Geld muss also gewechselt werden.
Die Geldwechsler verlangten für jede Transaktion eine bestimmte Gebühr.
Auch hierbei gab es reichlich Gelegenheit für Täuschung und Missbrauch, von der anscheinend auch ausgiebig Gebrauch gemacht wurde.
Thema der Evangelisten ist allerdings nicht diese Praktik an sich, sondern der Ort, an dem sie stattfindet.
Und auch Jesus wettert in diese Richtung:
Gott spricht: »Mein Haus soll ein Bethaus heißen für alle Völker«? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.“
Statt Gebet und Ruhe und Kontemplation herrscht hier eine Stimmung wie an der New Yorker Börse.
Da kann man schon einmal aus der Haut fahren.
Jesus kippt das Arrangement, das hier zum Alltag gehört,
die Vereinbarung, dass Gott etwas kostet,
dass das Gebet etwas kostet,
dass die Zugehörigkeit zum erwählten Volk, die man am besten im Tempel lebt, etwas kostet.
Er kippt die Tische um, er schreit die Menschen an.
Ob er tatsächlich eine Peitsche in die Hand genommen hat, wie der Evangelist Johannes schreibt, wage ich zu bezweifeln.
Aber auch ohne Peitsche reicht es schon.
Jesus schreit, wütet, im Namen Gottes.
Denn diesmal ist es Gott, dem die Menschen durch ihren Umgang mit Geld zu nahe treten.
Sie treten das erste Gebot mit Füßen:
Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
Ist das nicht ein bisschen überzogen?
Sehen die Menschen dort aus, als würden sie das goldene Kalb anbeten?
Wir sehen neben den stehenden, wütenden Männern, die ihre Felle davon schwimmen sehen, auch müde, ruhige Gestalten in eher ärmlichen Gewändern.
Sie sitzen fast unbeteiligt da.
Weder Wut, noch Begeisterung, noch Offenheit ist aus ihren Mienen zu lesen.
Was soll’s, denkt vielleicht eine der jungen Frauen im Vordergrund,
jetzt regen sie sich auf,
jetzt spricht dieser Jesus von dem Unrecht, das geschieht,
aber ändern wird sich nichts.
Die Römer werden die Pacht weiter eintreiben und uns im Griff behalten.
Wenn wir nach Hause kommen, ist alles beim Alten.
Und mein Mann gibt hier unser letztes Geld aus.
Wozu eigentlich? Wir sind arm.
Unser Leben ist und bleibt eng und dadurch freudlos.
Die Menschen, um die es Jesus geht, die zahlen müssen, die erpresst werden, bleiben alle sitzen.
Da kommt einer, der sich das nicht gefallen lassen will, der Gottes Recht einfordert.
Doch sie kann man damit nicht hinter dem Ofen hervorlocken.
Die Macht des Geldes hat ihre Phantasie, ihre Bereitschaft etwas zu verändern, gelähmt.
Die einzigen, die stehen und Jesus zuhören, sich ihm nähern anscheinend ohne Angst, sind die Kinder,
Kinder mit einem noch nicht verdorbenen Gerechtigkeitssinn,
die Antennen haben für Recht und Unrecht,
die es sich auch so einfach machen wie Jesus oder vielleicht besser:
Die die Einfachheit der Dinge noch erkennen, des Gebots:
Was du nicht willst, das dir die Leute tun, das tue ihnen auch nicht.

Über Geld spricht man nicht, aber manchmal kann man nicht darüber schweigen.
Wenn es sich breit macht.
Wenn seine Wirkung anderes verdrängt.
Wenn es seine eigentliche Funktion, das Leben, den Austausch von Leistung und Ertrag zu stützen und zu regeln, vergisst
und Menschen ihm mehr Macht zugestehen, als es haben darf.
Wenn es plötzlich eigene Regeln aufstellt und verlangt,
dass sich alle danach richten.
Wenn es suggeriert, dass nur Dinge wirklich etwas gelten,
die man mit Geld bezahlen kann.
Moment, das klingt ja so, als habe das Geld einen eigenen Willen, als sei es eine Person.
Das, um es einmal ganz deutlich zu sagen, ist nicht der Fall.
Auch wenn uns das manchmal so erscheint.
Auch wenn wir bei der Frage: Was bleibt von unserem Leben, wenn uns das Geld ausginge, vielleicht doch ein wenig erschrecken.
Auch wenn wir merken, dass wir Menschen,
die kein Geld haben oder nicht mehr, von vorneherein als Behinderte ansehen,
als Menschen, die vom Leben ausgeschlossen sind
und durch unsere Einstellung tatsächlich nur noch am Rand stehen bleiben können,
keinen Zutritt mehr haben zu Kinos, Theatern, Geschäften,
und auch in Gemeinden selten vorkommen.
Die Sprüche: Es gibt Dinge, die kann man nicht kaufen, die sind nicht mit Gold zu bezahlen, klingen schön,
haben aber viel zu wenig Einfluss auf unser Leben.
Dennoch sind sie nicht falsch.
Wenn wir zu wenig kaufen, kriegen wir in den Zeitungen Panikmeldungen über das sinkende Bruttosozialprodukt zu hören.
Es gibt auch Meldungen über mangelndes Sozialbewusstsein und sinkende Lebenszufriedenheit,
aber der Wirtschaftsstandort Deutschland, der geht vor.
Denn alle wissen, was da kippt, wenn die Wirtschaft kippt.
Jesus kippt die Tische um im Namen Gottes.
Er kippt damit nicht die ganze damalige Gesellschaftsordnung.
Es ist nicht seine Art und ist und bleibt ein einzigartiger Moment.
Aber er möchte um jeden Preis noch einmal durchdringen und den Menschen klarmachen:
Gott ist nicht mit Gold zu bezahlen.
Bei Gott ist alles umsonst und dennoch etwas wert.
Jesus  erkennt die Macht des Geldes und spiegelt mit seinem Verhalten die ganze Brutalität, die der Umgang mit Geld bewirkt.
Und vielleicht ist das auch für uns immer wieder wichtig, uns klarzumachen:
Gottesdienste kosten nichts und gehören zu den Dingen,
die unserem Leben eine wichtige Orientierung sein können,
nicht nur durch Predigten,
sondern vor allem durch die Gemeinschaft der Menschen,
die sich dort zusammen finden,
durch die Ruhe zum Gebet,
durch das Getragen werden durch die Liturgie.
Alles umsonst und bitte schieben Sie jetzt einmal den Gedanken an die Kirchensteuer beiseite.
In die Kollekte tut nur der etwas, der möchte und kann.
Wir reden auch bei uns zunehmend über Geld und lassen uns in den Grenzen nieder, die es vorgibt.
Und lassen unsere Phantasie davon lenken, unsere Bereitschaft uns einzubringen.
Eine Gemeinde, ganz egal wieviele Häuser sie hat oder in welchem Stadtteil sie angesiedelt ist,
lebt aber vor allem immer von Menschen, die wert schätzen,
was sie hier umsonst bekommen
und die zum Leben beitragen, indem sie umsonst geben,
ihre Kraft geben,
ihre Begeisterung für den Weg Jesu in sichtbaren Schritten ausdrücken,
ihr Vertrauen in Gott mit anderen teilen.
Auch wir müssen über Geld sprechen
und zwar vor allem, um es auf seinen Platz zu verweisen,
um ihm nicht mehr Bühne zu geben, als unbedingt notwendig.
Weil bei uns andere Dinge mehr zählen, mehr wert sind.
Und wir haben dabei eine Vision vor Augen, die zeigt,
wie Gott über Geld denkt
und über eine Stadt, die ganz aus der Kraft seiner Liebe lebt:
Die Vision des Johannes
Und er zeigte mir einen Strom lebendigen Wassers,
klar wie Kristall, der ausgeht von dem Thron Gottes und des Lammes;
2mitten auf dem Platz und auf beiden Seiten des Stromes Bäume des Lebens, die tragen zwölfmal Früchte, jeden Monat bringen sie ihre Frucht, und die Blätter der Bäume dienen zur Heilung der Völker
Und der Geist und die Braut sprechen: Komm!
Und wer es hört, der spreche: Komm!
Und
wen dürstet, der komme;
und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens
umsonst.
Amen