Sonntag, 9. Oktober 2016

2 Kor 3 Steckbriefe Gottes. Abschiedspredigt in der Friedensgemeinde


Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt.

Paulus schreibt Briefe.
Er setzt sich hin, er nimmt sich Zeit.
Und schreibt und schreibt.
Er soll sich ausweisen.
Sagen, welches Recht er hat als Bote Jesu Christi aufzutreten.
Paulus antwortet denen in Korinth.
Aber er hält sich nicht an das Thema.
Nicht ganz.
Er schreibt: 
Es ist offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen.
Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott.
Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

Gott schreibt Briefe.
Er setzt sich hin, er nimmt sich Zeit.
Und schreibt und schreibt.
Schreibt nicht auf Papier, schreibt in Herzen.
Schreibt nicht mit Tinte, schreibt mit seinem Geist.
Schreibt Empfehlungsbriefe.
Immer wieder und wieder.
Und hat sich auch uns ins Herz geschrieben.

Es ist offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen.


Gott schreibt Briefe.
Besonders mit einem hat er sich große Mühe gegeben.
Ein ganz besonderer Brief,
der wandelnde Steckbrief für die Liebe Gottes.
Jesus von Nazareth, der Christus.
Dieser Brief sollte das übersetzen, was da in Stein gehauen wurde, die Lebensregeln Gottes.
Für alle.
So wird das lebendig mit dir und deinem Nächsten,
so geht Versöhnung,
so gelingt Gerechtigkeit
und so leuchtet eine friedliche Welt.
Diesen Brief hat Gott nicht beendet.
Da steht kein „Herzliche Grüße, Gott“ drunter.
Auch kein P.S.: Ich mach jetzt mal eine Pause mit dem Schreiben. Schreibt ihr mal weiter.
Gott schreibt an diesem Brief bis heute.
Da können wir sicher sein.
Immer wieder fällt ihm etwas ein, was seinen Empfehlungsbrief verständlicher macht.
Auch heute. Auch jetzt.
Längst hat er diesen Brief vervielfältigt.
Schreibt ihn ab, schreibt ihn neu in andere Herzen.
Auch in unsere.
Hofft, dass seine Briefe gelesen und verstanden werden.
Gibt nicht auf. Niemals.
Solches Vertrauen, sagt Paulus, solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott.

Ich weiß nicht, wie es euch geht.
Aber als Kopie rumzulaufen, gefällt mir nicht wirklich.
Ok. Da wird vielleicht immer auch ein neuer Akzent gesetzt wird durch euch, mich, durch uns.
Aber das ist nur ein schwacher Trost.
So vieles tun wir doch,
organisieren wir,
denken wir uns aus,
Neues,
damit Gottes Brief, damit der Weg Jesu  auch für andere lesbar, begehbar wird.
Hier in der Friedensgemeinde beispielsweise in den letzten Jahren.
Halten den Konfer lebendig für viele Konfis.
Oder das Sommercafé.
Oder den Besuchsdienst.
Öffnen uns für Flüchtlingsprojekte
oder lassen Gottesdienste leuchten durch Musik, die zu Herzen geht.
Ich? Wir? Eine Kopie? Von fremder Feder geschrieben?

Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, sagt Paulus, nicht, dass wir uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienerinnen und Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

Menschen schreiben Briefe.
Schreiben ihres in die Seele des anderen und in die Linien der Erde.
Manches gelingt, bringt andere zum Leuchten, weil sie gesehen und geliebt werden.
Manches ist tödlich.
Wenn Hass die Feder führt und ein Land vergiftet.
Wenn der Neid auf das des anderen krumme Buchstaben schreibt.
Wenn Liebe sich mit Eigensucht mischt.
Das lässt sich nicht einfach wegradieren.
Das bleibt in den Herzen, oft ein Leben lang.
Als Schmerz. Als Trauer.
Menschen führen ihre eigene Feder, nach ihren eigenen Regeln und verschließen sich der Handschrift Gottes.
Sie nehmen Gott den Platz zum Schreiben weg.
Sie müllen einander die Herzen voll mit ihren Ansprüchen, die dem anderen seinen Raum nehmen.
Und viel zu oft schreiben sie Unrecht in das Herz der Erde,
Buchstaben des Grauens, Buchstaben des Todes.

Paulus bleibt klar:
Es ist Gott, von dem das lebendige Schreiben ausgeht.
Und es ist Gott, der uns das Weiterschreiben lehrt,
dass wir tun, was sein Geist uns aufträgt zu tun.

Wenn Gott schreibt, dann setzt das Menschen in Gang.
Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.
Gott legt uns nicht fest auf bestimmte Buchstaben.
Er will nicht, dass wir seines einfach abschreiben.
Gott verengt unsere Herzen nicht und erst recht nicht löscht er unseres aus.
Im Gegenteil:
Seine Art des Schreibens setzt vieles frei,
befreit uns dazu, unseres zu leben,
aber miteinander und füreinander. (Nicht sich selber in Szene setzen).
Das ist auch seine Absicht.
Denn wir sind mehr als sein Briefpapier oder eine schwache Kopie Jesu.
Wir sind Gottes geliebte Kinder.
Jeder und jede von uns ein Steckbrief seiner Liebe.
Öffentlich lesbar. So soll das sein.
Gott schreibt sich mit seiner Liebe in unser Herz.
Und steckt uns damit an.
Dass wir einander in unsere Herzen schreiben in seinem Geist.

Und so ist auch das, was heute wie ein Abschied aussieht,
wie ein Schlusspunkt unter unseren gemeinsamen Brief, nur ein Komma.
Unser gemeinsamer Brief wird nicht beendet,
wir wenden eine Seite um, ja, aber wir schreiben weiter.
Jeder von uns trägt das weiter im Herzen, was wir hier miteinander gelebt haben auf den Spuren Jesu.
Ich das, was ihr mir ins Herz geschrieben habt, was durch euch hier lebendig wurde
und ich hoffe, dann doch ein wenig eigensüchtig, auch ihr etwas von mir.
Das ist nicht wegzuradieren.
Das bleibt.
Und das geht weiter, an verschiedenen Orten,
verändert sich, klar, aber nach wie vor leben wir gemeinsam als Kinder Gottes,
setzen auf unsere Weise Gottes Empfehlungsschreiben fort,
Werben öffentlich für Vertrauen in Frieden und Gerechtigkeit.
Werben um Raum für die Handschrift Gottes,
die uns öffnet zum Leben.

Gott schreibt Briefe.
Schreibt sich jeden Tag in unser Herz.
Setzt uns gemeinsam auf die Spuren des Rabbis von Nazareth.
Der hat Gottes Handschrift und der ganzen Welt Raum in seinem Herzen gegeben,
damit wir öffentlich leben in seinem Namen:
So wird das lebendig mit dir und deinem Nächsten,
so geht Versöhnung,
so gelingt Gerechtigkeit
und so leuchtet eine friedliche Welt.

Dieses Vertrauen und auch dieses Selbstvertrauen wünsche ich euch allen.
Ihr seid die Steckbriefe der Liebe Gottes.
Schreibt weiter, schreibt neu.
Müllt euch nicht gegenseitig zu mit zuviel „Das müsste, sollte könnte doch noch sein“.
Lasst einander Raum für die Handschrift Gottes,
und denkt an das, was uns alle verbindet:

Es ist offenbar geworden, dass wir ein Brief Christi sind, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes.


Amen.