Samstag, 3. August 2019

Joh 6, 30- 35 Predigt zum 7. Sonntag nach Trinitatis 2019

Joh 6, 30- 35 
I. Es geht so schnell.
Es geht so schnell wieder weg.
Freie Urlaubszeit.... Vorsätze, 
Nähe zwischen zweien, die sonst leicht untergeht im Alltag.
Die Welt wird weit in den Bergen, am Meer,
das Herz darf sich einige Träume zurückholen.
Aber: Es geht so schnell wieder weg.
Ich denke, das kennen wir alle.
In den Zeiten der Jugend zum Beispiel,
als die Welt unbedingt verändert werden musste,
manchmal ein Rausch der Hoffnung, der Vision und auch der Wut und der Kraft,
die uns auf die Straßen zog zu Tausenden und Hunderttausenden,
laufen für den Frieden, 
Häuser, die doch für Menschen gemacht wurden und nicht für Miethaie, 
ein Wald, der nicht sterben sollte,
Festivals, Konzerte, die alle mitrissen und vereinten, für Stunden jedenfalls, 
Don’t stop me now,
das We shall overcome von Joan Baez in der Deutschlandhalle hält sich allerdings ein Leben lang,
die Nächte, in denen wir uns die Köpfe heiß redeten,
und dazu die Liebe, die noch nicht alltagstauglich sein musste,
ein Duft im Leben wie warmes Brot, gerade aus dem Ofen gezogen,
Wärme von innen und außen,
Hunger nach Leben.
Und dann, 
langsam,
ausnüchtern im Alltag der Erwachsenen.
Die Welt zieht sich zusammen auf ein machbares Maß.
Du stößt dich hart an den Kanten von Grenzen, die sich nicht so einfach verrücken lassen.
Zufrieden sein wird ein Ziel, an dem die leuchtenden Farben allmählich verblassen.
Und was da war an Visionen, muss sich bewähren. 
Das war und ist nicht leicht.

II. Es geht so schnell.
Es geht so schnell wieder weg.
Die Menschen am See Genezareth wachen auf am Morgen.
Sie hatten dort gelagert über Nacht. 
Sie haben gegessen und sind satt geworden. 
Richtig satt.
Alle.
Für Stunden vereint,
Sklaven und Freie, Männer und Frauen und die Kinder dazu.
Eine unglaubliche Erfahrung: Wir sind viele. Tausende.
Und noch mehr war da.
Sie sind gekommen, wie Schafe, die keinen Hirten haben. (Mk 6)
Jesus jammert es bei ihrem Anblick.
Er sieht in ernste Augen, die sich abgefunden haben 
mit Armut und Unrecht, 
mit dem Hunger und dass ihre Kinder nicht alle groß werden,
mit den demütigenden Grenzen der Römern, ausgebeutet zu werden. 
Sie sind hungrig und durstig, 
aber auch ihre Seele verschmachtet. (Ps 107)
Jesus sieht, da ist noch etwas, das hat sich gehalten,
das hat sie herausgetrieben aus den Städten und Dörfern.
Ein Rest von Kraft und Phantasie,
genährt durch die Geschichten eines freien Volkes,
ein Volk, das Wüsten durchquerte um das Leben der Freien zu führen,
behütet von ihrem Gott,
zu dem sie
 riefen in ihrer Not,
dass er sättigt die durstige Seele
und die Hungrigen füllt mit Gutem. (Ps 107)
Und sie erhalten Himmelsbrot:
Worte, die in Herzen brennen,
den Himmel weit werden lassen und ihnen Würde geben.
One moment in life, herausgehoben, befreit,
Freedom, Peace, love and understanding,
leuchtend, in Farben, die sie noch nie gesehen haben:
Woodstock in Galiläa.
Brote und Worte von Hand zu Hand, von Mund zu Mund,
geteilt, und sich vermehrend, dass es für alle Mägen und Herzen reicht.
Ein Duft zieht durch ihre Seelen: warmes Brot und freier Wüstenwind.

III. Doch jetzt? 
Es ist Morgen und sie sind aus diesem Traum erwacht. 
Sie schauen um sich.
Jesus ist weg. 
Panik.
Alleine, das wissen sie genau, alleine können sie das nicht, 
nicht ihre große Gemeinschaft bewahren,
nicht die neue Hoffnung in ihrem Herzen.
Das geht so schnell wieder weg. 
Die Grenzen sind wieder da,
das Vertrauen schwindet.
Und als sie Jesus endlich finden, atmen sie auf.
Und fragen:

„Was tust du für ein Zeichen, auf dass wir sehen und dir glauben? Was wirkst du?
Unsre Väter haben Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): »Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.«
Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel.
Denn dies ist das Brot Gottes, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben.
Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot.
Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ (Joh 6, 30-35)

IV. 
Nie wieder Hunger. Nie wieder Durst.
Nie wieder leerer Magen, nie wieder brennende Kehle, 
und auch: nie wieder leere Seele, nie wieder verzagtes Herz. 
Brot vom Himmel, das der Welt das Leben gibt,
das nicht weggeht, das bleibt.

5 Brote und 2 Fische, für die Menschen damals ganz klar:
die 5 Bücher Mose und Propheten und die Weisheitsschriften.
Worte, die nähren, duften wie warmes Brot.
Jesus und seine Jünger, die dieses Brot verteilen und ihnen öffnen,
verbinden mit den Träumen und dem Hunger ihrer Seelen. 
Es wird auch gegessen worden sein, wie immer, wenn Jesus mit anderen zusammensaß. 
Satt wurden sie damals, in jeder Beziehung. 
Sie und noch viel mehr:
12 Körbe wurden noch gesammelt,
genug für die 12 Stämme Israels,
ab, genug für die ganze Welt.
Brot vom Himmel, das der Welt das Leben gibt, 
Körper und Seele ergreift
verändert, auf neue Wege zieht.
Gott, gib uns allzeit solches Brot. 

V. Es geht so schnell.
Es geht so schnell wieder weg.
Das Sattsein, das Zufriedensein. Das Freisein, das Behütetsein.
Da kommen Menschen an einem Bahnhof an,
erfüllt von Urlaubserlebnissen und erleben, wie ein Junge auf den Schienen stirbt, 
Trauer und Entsetzen. 
Und eine Mutter, die im Krankenhaus liegt, deren Welt in Scherben,
eine Welt, in der Gewalt jederzeit über uns hereinbrechen kann.
So schnell.
Und die Sonne dieses Sommers im Urlaub zum Genießen.
Und die Natur stöhnt über die Last, die wir ihr aufgeladen haben. 
Und die Menschen auf den Meeren, ein Kind, eine Frau, ein Mann, wie du, wie ich.
Und sie am Untergehen.
Brot vom Himmel, das der Welt Leben gibt, allezeit, 
ein brennender Wunsch von vielen,
Brot vom Himmel, für die, die hungrig sind. 
Nur wer Hunger hat, isst.
Nur wer Durst hat, trinkt.
Nur wer Leere und Schmerz im Herzen spürt, sehnt sich nach Fülle und Trost. 
Nur wer leidet an den Grenzen der Menschlichkeit, weiß es zu schätzen, weiß danach zu rufen.
Nach Lebensbrot.
Gott, gib uns allzeit solches Brot. 
Miteinander geteilt.
Genug für alle.
Lass mich fragen: Nicht nur: Wovon lebe ich, sondern auch: wofür lebe ich.
Hilf uns teilen und lieben.
Gott, gib uns allzeit solches Brot.
Mach uns Mut zu hungern und zu dürsten,
Lass uns auf die Wiese in Galiläa ziehen,
unter den Himmel deiner Güte,
uns nähren mit deinem Brot und Wort,
dass unser Herz warm werde und sich öffnet 
für alles Leid, für alles Glück, ausgebreitet auf unseren Wegen,
für alle Liebe, die darauf wartet geteilt zu werden,
um Körbe um Körbe zu füllen,
zwölf mal zwölf und noch viel mehr,
bis es für alle reicht.
Amen