Dienstag, 26. Juli 2011

Predigt Dtn 7, 6-12 6. Sonntag n. Trinitatis 2011


Predigt Dtn 7, 6-12

Gnade sei mit euch und Friede von dem der da  ist und der da war und der da kommt.

„Du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR, dein Gott, auserwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind.
Nicht hat euch Gott angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern – sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat.
Darum hat er euch hinausgeführt mit mächtiger Hand und hat euch erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten.
So sollst du nun wissen, dass der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen.
So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, dass du danach tust. Und wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut, so wird der HERR, dein Gott, auch halten den Bund und die Barmherzigkeit, wie er deinen Vätern geschworen hat.“

So sollst du nun wissen, dass der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen.
Geschichte wirkt nach. Familiengeschichte erst recht.
Ich weiß nicht, welche Geschichten Ihre Familien geprägt haben.
Aber unser Selbstverständnis kann sich nie ganz davon lösen.
Egal ob die Geschichten bedeutend oder ganz alltäglich waren, sie prägen unsere Gegenwart, unser Leben, unsere Persönlichkeit.
Dass eine Großmutter im Krieg tapfer blieb und ihre Kinder auch ohne den gefallenen Mann großzog,
dass ein Großvater mutig dem NS-Regime widerstand,
dass eine Mutter einen Sohn vorzog und ihm heimlich Geld zusteckte und so den Neid der anderen weckte,
dass eine Familie an einem bestimmten Ort, in einer Landschaft verortet ist oder war und dort ihre Wurzeln hat,
dass man uns als Kinder gezwungen hat, Spinat zu essen wegen des angeblichen Eisengehaltes,
all das gehört zu uns dazu, mit Guten wie im Bösen.
All das prägt unser Denken und Fühlen und manchmal auch unser Handeln, unsere Entscheidungen.
Wir wachsen mit diesen Geschichten auf.
Wir messen uns an diesen Ansprüchen, wir grenzen uns vielleicht auch ab. Wir entwickeln unsere eigene Linie, aber lösen, ganz lösen wird sich kaum einer.
So sollst du nun wissen, dass der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen.
„...es tut mir leid“, schreibt eine jüdische Mutter, die Schriftstellerin Lena Gorelli, ihrem Sohn Mischa, „es tut mir leid, dass ich Dir das nicht ersparen konnte: Du bist ein Jude.“
„Das Judentum ist eine geschlossene Veranstaltung“, fährt sie fort, „die niemals endet. Einmal drin immer drin. ... Du kannst nicht gehen, nicht fliehen, dem jüdischen Schicksal nicht entrinnen.“
Lass dich taufen, werde Atheist: „Ein Jude wirst du bleiben. Für die Juden sowieso; vielleicht  einer, der vom Weg abgekommen ist, aber trotzdem einer von uns. Für die Antisemiten bleibst du übrigens auch immer einer.“
Und, nachdem sie ihm alle merkwürdigen Dinge aufzählt, die Juden tun wie z.B. Wunschzettel in eine Steinmauer stecken, koscher essen, ständig miteinander zu streiten oder zu schreien „Warum gerade ich? Warum muss ich zum auserwählten Volk gehören? Auserwählt sein?“, schließt sie mit den Worten:
Eines noch: Lieber kleiner Mischa. Du bist ein Jude. Etwas Besseres hättest du nicht werden können.“

Geschichte wirkt nach. Bis ins 1000e Glied.
Mit aller Kraft, allem Zwiespalt, im Guten wie im Bösen.
Das merken wir an diesen Worten aus dem 5. Buch Mose.
Das Buch fasst die letzten Reden Moses an sein Volk zusammen.
Allerdings ist das kein O-Ton.
Zu der Zeit, als unser Predigttext verfasst wurde, im 6. Jh. vor Christus, ist von der zeitweilig ruhmreichen Geschichte des Volkes Israel nicht viel übrig geblieben.
Keiner hätte damals vorherzusagen gewagt, dass 2600 Jahre später immer noch Juden am Freitag beten würden:
„Du hast uns erwählt und uns von allen Völkern geheiligt und uns deinen heiligen Sabbat in Liebe und Gnade zum Erbe gegeben.“
Die Juden sitzen im Exil. In Babylon.
Sie wurden nach der Zerschlagung des Staates Israel und Juda dorthin deportiert
Im Gepäck hatten sie die notwendigsten Dinge und ihre Geschichte.
Die Geschichte von der Erwählung.
Gott hat sie einst erwählt.
Nicht weil sie ruhmreich waren, philosophisch besonders begabt, religiös besonders versiert.
Nein, nichts von dem, was ihre Vorfahren damals zu Beginn ihrer Geschichte mit Gott getan haben, versprach einen großen Einfluss auf die Weltgeschichte zu nehmen oder ansonsten der Beachtung wert zu sein.
Sie waren eines der kleinsten Völker, wie es im Text heißt.
Weder Abraham, der Schafbesitzer mit dem Kinderwunsch, noch die Sklaven in Ägypten hatten sich besonders hervorgetan.
Letztere waren seit Generationen geprügelt und ausgebeutet worden.
Das sitzt fest. Das wird nie vergessen werden.
An diese Geschichte der Sklaverei in Ägypten erinnern die Theologen im Exil, die wir in Ermangelung von Namen zusammenfassend den Deuternomisten, den zweiten Gesetzgeber, nennen. 
Der Deuteronomist gehört in eine Zeit, als sich Israel fragte, wer sind wir eigentlich noch? Ohne Jerusalem, ohne Tempel, ohne König?
Ihr seid ein Volk von Sklaven, wird ihnen hier mit den Worten des Mose offen gesagt,
ein winziges, unbedeutendes Volk, das Gott aus keinem anderen Grund als aus Liebe erwählt hat. Daran sollt ihr euch halten.
Nicht die Reichen und Erfolgreichen wollte Gott also auf seine Seite ziehen, sondern die Kleinen und Schwachen.
Das scheint ihm wichtig zu sein.
Vielleicht weil ein Volk der Sklaven und Verfolgten skeptisch bleibt gegenüber der Kraft der Peitschen und Waffen.
Weil die Ausgebeuteten und Gequälten und Deportierten Geboten gegenüber offen sind, die dieses verbieten und weil sie solche Gebote weitertragen werden. Unverfälscht.
Weil sie nicht eigene Stärken und Leistungen zwischen sich und die Zuneigung Gottes schieben können und damit die volle Kraft dieser bedingungslosen Liebe erfahren können.
Diese Geschichte des jüdischen Volkes wirkt bis heute, ist aktuell, greifbar, hat sich festgesetzt in ihren Personen, macht sie unvergleichlich, manchmal auch merkwürdig für Außenstehende.
Aber sie wurden ausgewählt die Wahrheit zu lieben und zu leben.
Das sollen die Juden in Babylon, das sollen die Juden bis heute.
Und trotz ihrer politischen Bedeutungslosigkeit haben sie es geschafft, die Gebote ins Bewusstsein der Welt zu bringen.
Nicht, dass sich die Welt immer daran halten würde.
Das tun im Übrigen auch die Juden nicht.
Aber dass Rachemorde zu ächten sind,
dass Töten keine Konfliktlösung sein kann und es gilt die Spirale der Gewalt zu durchbrechen,
dass wir Sonntags frei haben, also dass Sie Sonntags frei haben –
das sind alles Einsichten und Errungenschaften, die sich dank der Treue des jüdischen Volkes zu seinem Gott und zu seinen Geboten in der Welt, auch in anderen Religionen herumgesprochen haben.
Auch wenn Wochentage sich verschoben haben, vom Sabbat auf den Sonntag oder Freitag.
Nun könnten wir beifällig nickend davor stehen bleiben und applaudieren. Denn wir wissen ja bis in die jüngste Geschichte, dass schon etwas dazugehört, Jude zu sein und zu bleiben.
Doch so leicht wird es uns nicht gemacht.
Denn wir gehören dazu.
Ob wir wollen oder nicht: Durch unseren Gott, durch Jesus Christus, durch unseren Glaube, durch unsere Kirche hängen wir da nun mal mit drin.
Wir sind ohne die Geschichte der Juden nicht denkbar, könnten unseren Glauben nicht verstehen und auch nicht leben.
Wir sind also Teil dieser Geschichte geworden.
Oder, um die Worte von Mischas Mutter abzuwandeln:
Es tut mir leid, dass ich Euch das nicht ersparen kann: Ihr seid Christen.
Ihr seid dabei, weil Gott um das Jahr 27 wieder einmal einen unscheinbaren Juden gerufen hat, jenen Jesus aus Nazareth.
Und wie Gott damals zu Abraham gesagt hat: Du wirst ein Segen für die Welt sein, so hat Gott durch Jesus auch euch gesagt: Ihr seid das Licht der Welt.
Ihr habt politisch wenig zu sagen, heute mal wieder weniger als seit vielen Jahrhunderten.
Ihr habt im Laufe der Zeit merkwürdige Sitten entwickelt und euer Verhalten lässt manchmal sehr zu wünschen übrig.
Einiges habt ihr in der Vergangenheit falsch verstanden und einen Eifer entwickelt, bei dem ich mir nur die Augen zuhalten kann.
Eigentlich tut ihr nichts, um das zu verdienen.
Aber ihr seid erwählt, dazugesteckt in den Ölbaum Israel, wie Paulus es ausdrückt.
Und damit hängt ihr in der ganzen Geschichte mit drin und könnt euch nicht lösen.

Einmal Jude, immer Jude. Einmal getauft, immer getauft. So könnte man es auch ausdrücken.
Nun kann man sich solche Reden anhören, und mit den Schultern zucken und sagen, was geht mich meine Familie an, was geht mich meine Geschichte an.
Und getauft wurde ich ohnehin nur, weil Oma Else es so wollte.
Ich lebe anders, ich denke anders, ich will mit dem ganzen Verein nichts zu tun haben. Weder mit dem jüdischen, noch mit dem christlichen. Vom den muslimischen, den noch weiter entfernten Verwandten ganz zu schweigen.
Kann man tun, tun auch viele.
Und so kommen wir mit der einfachen Behauptung „Geschichte wirkt nach bis ins 1000e Glied und lässt uns nicht los“ nicht unbedingt zum Ziel.
Jedenfalls nicht, wenn sie etwas Positives für unser Leben austragen soll.
Lieber kleiner Mischa. Du bist ein Jude. Etwas Besseres hättest du nicht werden können.“
Liebe Gemeinde, ihr seid Christen, etwas Besseres hätte euch nie passieren können. Warum?
Unsere Liebe entzündet sich an dem, was sie sieht und erlebt.
Gottes Liebe, sagt Martin Luther, Gottes Liebe findet nicht vor, was für sie liebenswert ist, sondern sie erschafft es.
Und das, füge ich hinzu, das nicht einmal in sieben Tagen am Beginn der Zeit, nicht einmal vor 5000 Jahren in Ägypten, sondern immer wieder, jeden Tag neu.
An jedem Tag bekommen wir Gottes Zuspruch zu hören.
An jedem Tag unseres Lebens werden wir angesehen, wie uns niemand ansieht, voller Liebe und Zutrauen.
An jedem Tag öffnet uns Gott die Tür unseres Lebens und fordert uns auf, unseren Weg mit freiem Herzen zu gehen.
Erwählung ist nicht zu verwechseln mit Vorherbestimmung.
Erwählung als Ausdruck der Liebe ist ein schöpferischer Akt. 
Gott wendet sich uns zu, jedem einzelnen und spricht ihn oder sie an. „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein, mein geliebtes Kind.
Erwählung ist etwas Aktives. Eine Anrede auf Gottes Seite und ein Hören, ein Sehen und ein Gestalten auf unserer.
Gott redet uns an. Du bist erlöst. Du bist getauft auf meinen Namen.
Und unsere Sache ist es zu antworten, im Bekenntnis unseres Glaubens, im Halten der Gebote, nüchtern gesagt.
Erwählt zu werden ist eine der großen Sehnsüchte unserer Zeit.
Aus einer Fülle von Bewerbungen ausgewählt zu werden, Gewinner eines großen Preises zu sein, herausgehoben, besonders zu sein.
Das ist nicht unbedingt das Ziel Gottes, das er mit unserer Erwählung verbindet.
Gott beginnt immer mit den Kleinen, Unbedeutenden.
Er achtet strikt darauf, dass die Vorstellungen von Macht und Herrlichkeit und Ruhm, die in der Welt kursieren, nicht mit seiner Liebe vermischt werden.
Er wählt das kleinste Volk, und auch die Christen rangieren lange auf den hintersten Plätzen der Gesellschaft.
Und er erscheint Mose nicht in der großen Eiche zu Mamre, sondern im Dornbusch, dem kleinsten und verachtetsten der Bäume dort.
Seine Gebote verkündet er nicht am Himalaya, sondern am Sinai, dem kleinsten der dortigen Berge. 
Unser Gott nimmt immer den Weg von den Kleinen, Wenigen zu den Großen und Vielen. Das ist der Weg seiner Liebe.
In dieser Weise sollen die Juden, sollen auch wir zum Segen für die Völker, zum Licht der Welt werden.
Seine Liebe, sein Ruf geht uns immer voran.
Nichts, was wir tun oder unterlassen, kann diesen Ruf hervorrufen oder aufhalten.
Maimonides, ein berühmter jüdischer Philosoph aus dem Mittelalter sagt: „Wer aus Liebe Gott dient, folgt der Wahrheit, weil es die Wahrheit ist, und der Segen kommt am Ende von selbst.“
Geschichte wirkt nach. Bis ins 1000e Glied.
Was unsere Väter und Mütter geglaubt und gelebt haben,
die Zeichen, die sie gesetzt haben aus Glauben, als Antwort auf die Liebe Gottes, gehen nicht verloren.
Sie sind in der Welt, nehmen Einfluss auf unser Leben, wirken nach und stecken an. Im Guten wie im Bösen.
Menschliche Antworten sind nie unfehlbar.
Es kann sein, dass einer wie der Attentäter in Norwegen aus diesem Text nur einen Satz hört: Gott vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen.
Und er vergisst dabei, dass Gott ein eifernder Gott ist
, weil Liebe nie ohne Eifer, ohne Anteilnahme ist und Gott Machtwillen und Blutdurst nie gutheißen wird.
Und vergisst, dass die Überschrift über Gottes Anteilnahme und Eifer die Barmherzigkeit ist, an die er sich laut unserem Text geschworen hat zu halten.
Und vergisst, dass Gott Barmherzigkeit als Überschrift über das Leben der Welt sehen will. Über das Leben aller Völker, wie es seine Propheten gesagt haben.
Und vergisst, dass Gott alle Macht und Gewalt nicht bestätigt, sondern unterläuft, am deutlichsten mit dem Wort Jesu vom Hinhalten der anderen Wange.
Geschichte wirkt nach. Bis ins 1000e Glied. Und wirkt weiter. Gottes Geschichte ist nie abgeschlossen.
Die Vergangenheit ist ein Schatz der Reden Gottes an die Menschen und ihrer Antworten.
Und in der Gegenwart, im Jetzt hören wir in jedem Moment immer wieder neu Gottes Rede an uns: Du bist erlöst. Du bist getauft. Du kannst leben, als Licht der Welt.
Gottes Geschichte ist immer offen nach vorne.
Und daher ist unsere Zukunft trotz allem Ballast,
trotz aller schrecklichen Verfehlungen und Irrwege,
trotz verwüsteter, ausgetrockneter Länder mit hungernden Menschen,
trotz allem voller Hoffnung und Möglichkeiten,
voller Wege, genauso schwer vorstellbar, wie der Weg aus der Sklaverei, vielleicht genauso langatmig wie der Weg durch die Wüste,
vielleicht genauso schmerzhaft wie der Weg Jesu.
Aber weil Gott ruft, weil Gott mitgeht, weil Gott seiner Liebe und Barmherzigkeit alles zutraut und in uns das Licht der Liebe immer wieder entzündet, deshalb können wir diese Wege gehen, in der Wahrheit leben, die Wahrheit suchen und niemals aufgeben.
Du bist getauft. Etwas Besseres hätte dir nicht passieren können.
Mach das Beste daraus.
Heute.
Amen.



Samstag, 2. Juli 2011

Kamel mit Kopftuch. ZUm Dialog zwischen den Religionen

Enstanden vor längerer Zeit, als muslimische Gemeinden immer wieder aufgefordert wurden sich von Terroranschlägen zu distanzieren. Auch von der ev. Kirche...

Kamel mit Kopftuch
Ort: Nirgends.
Zeit: Nie.

(Die Brüder Isaak und Ismael sitzen vor dem Zelt und trinken Tee.)
Isaak:        Ismael?
Ismael:      Was ist Isaak?
Isaak:        Da waren wieder so einige Kamelbanditen, die haben in den Bergen Händler überfallen und einige auch massakriert.
Ismael:      Was kümmert’s dich?
Isaak:        Die Händler hatten meinen Käse dabei, sorgsam meinen Ziegen abgezapft.
Ismael:      Sorgsam abgezapft, das ich nicht lache. Das macht doch alles Rebekka. Du rührst ja keinen Finger dabei.
Isaak:        Trotzdem bin ich wütend.
Ismael:      Warum? Du hast ihnen den Käse doch verkauft. Die Händler haben den Verlust.
Isaak:        Ich stelle mit Entsetzen eine gewisse Gefühlskälte bei dir fest. Menschenleben sind verlöscht, Lebendiges wurde brutal vernichtet..... Und außerdem hatten die meine Käse in Kommission genommen.
Ismael:      Ach, daher weht der Wind.
Isaak:        Du reitest auch ein Kamel.
Ismael:      Ja, dafür warst du ja immer zu blöd... Worauf willst du hinaus?! Glaubst du etwa, ich hätte...?!
Isaak:        Nein, nein, nur.. ich finde, du könntest ein bisschen mehr Bedauern äußern. Und vielleicht könntest du dich distanzieren.
Ismael:      Distanzieren?
Isaak:        Ja, schließlich gehörst du ja zu ihnen.
Ismael:      Zu Räubern und Banditen?!
Isaak:        Nein, nein, nicht unbedingt ... ich meine, zum wilden Wüstenvolk eben.
Ismael:      Ja, und ich bin stolz darauf.  Habe es ja schließlich gegründet, Stammvater..
Isaak:        ...von Rumtreibern. Das Rauben ist da doch im Keim mit angelegt, wenn man’s genau nimmt..
Ismael:      Du hast ja keine Ahnung, du Beetekriecher, du Schafschnüffler!
Isaak:        Hey, das nimmst du zurück.
Rebekka:   (kommt mit der Teekanne zum Nachschenken) Meine Herren, ich muss doch bitten!
Isaak:        (sieht sie an) Irgendwas stimmt mit ihr nicht.
Ismael:      Sie hat kein Kopftuch auf.
Isaak:        Richtig. Sofort bindest du dir das Kopftuch um! Hast du keinen Stolz? Zeigst dich meinem Bruder ohne Kopftuch! Eine verheiratete Frau! Man könnte dich für eine billige...
Reb.:          (gefährliche Stimme) Ja?
Isaak:        Schon gut.
Reb.:          Es ist heiß heute. Ich schwitze. Warum zum Henker, soll  ich ein Kopftuch tragen?!
Paulus:      Schalom, Jungs.
Isaak:        Paulus! Wie kommst du denn hierher?! (einladende Handbewegung, Paulus setzt sich, Rebekka schenkt ihm Tee ein.)
Paulus:      So ’ne Art Seelenverwandtschaft hat mich zu euch getrieben. (stutzt) Warum hat sie kein Kopftuch auf?
Reb.:          Schon gut, schon gut. (bindet es um)
Ismael:      Brüder, soviel uns auch trennt, Propheten, Lebensstil, Tierhaltung usw. Ich bin doch froh zu wissen, dass wir uns in den wesentlichen Dingen des Lebens einig sind.
Huber:       Gott zum Gruße!
Isaak:        Wer is’n das?
Huber:       Bischof Huber, Ev. Kirche in Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz.
Isaak:        Hä? Was is das? Ein Emirat?
Ismael:      Mensch, der hat ja noch nicht mal ein Kamel. Das ist doch kein Scheich...
Paulus:      Vielleicht doch. Hat so nen stolzen und würdigen Schwung im Kinn. Wie kommen Sie eigentlich hierher?
Huber:       Schaffe gerade Ordnung. Stelle Dinge klar. Sag allen, wo’s lang geht. Lass mich durch nichts aufhalten. (stutzt, guckt Rebekka an) Warum hat sie ein Kopftuch um?!
Ismael:      Meinen Sie die Frage ernst?
Huber:       Aber natürlich. Sie ist doch unterdrückt. Das sieht man doch auf den ersten Blick.
Isaak:        Unterdrückt? Sie ist eine Frau. Wir huldigen ihr als Mutter, als Gefährtin, als Köchin, als Wäscherin, als Näherin, als Pflückerin, als Haushälterin, als Säherin, als Ernterin. Unterdrückt? Wie kommen Sie nur darauf?
Huber:       Sie schwitzt doch, da, Schweißperlen laufen an ihrem Gesicht herunter.
Isaak:        Habe ich Ihnen erlaubt, meine Frau so genau zu betrachten?
Huber:       Aber, aber.. Ich achte Ihre Kultur, das tue ich wirklich. Und auch wir huldigen unseren Frauen als Mütter, als Gefährtinnen, als Köchinnen, als Einkäuferinnen, als Wäscherinnen, als Putzerinnen, als Näherinnen, zudem noch als Geldverdienerinnen. Aber Kopftücher?! Die tragen doch die Frauen von diesen, diesen..
Ismael:      Kameltreibern?
Huber:       Ja, genau, die in den Bergen Menschen überfallen und ausrauben und massakrieren...
Isaak:        (zu Ismael) Siehste.
Paulus:      Aber Bruder Christ. Das sind Sie doch, oder? (Huber nickt.) Wie kommen Sie denn auf die Idee? Wir in Korinth z.B., wir wollen doch nur, dass unsere Frauen in der Öffentlichkeit reden können. Da müssen die doch ihr Haar bedecken. Sonst geht das doch nicht. (Die anderen nicken heftig.) Wir unterdrücken sie doch nicht. (Die anderen schütteln heftig den Kopf.) Und wir rauben doch auch keine Menschen aus in den christlichen Gemeinden in Kleinasien.
Isaak:        Und ich auch nicht. Ich bin ein ehrbarer Bauer und kein Kamel..
Ismael:      Pass auf, was du sagst, du..
Huber:       Aber, Brüder,  es mag viel Trennendes zwischen uns geben, aber in den wesentlichen Dingen sollten wir uns doch einig sein, findet ihr nicht?
Paulus:      Klar doch. Ich bin froh, dass Sie das einsehen.
Isaak:        Ich auch.
Ismael:      Ich auch.
Huber:       Nun denn, dann binden Sie sich doch das Kopftuch ab, verehrte Dame!
Isaak:        Äh... (Rebekka unterbricht ihn.)
Reb.:          Wissen Sie, noch vor fünf Minuten hätte ich das mit Freuden getan. Denn es ist heiß heute und ich schwitze. Aber jetzt ... sträubt sich etwas in mir.
Huber:       Aber gute Frau, Sie machen sich doch unglücklich. Sie wollen doch nicht in einen Topf geworfen werden mit ... mit ... (sieht etwas ratlos in die drohenden Gesichte der drei Männer)
Reb:           Nein, das will ich wirklich nicht. Weder mit.. noch mit ... Und was tue ich jetzt? Hm. Vielleicht, weil ich ein dezentes Gefühl der Wut nicht leugnen kann, ja ein außerordentlich großes Gefühl der Wut, muss ich gestehen, da ich doch den unabweisbaren Eindruck habe, als sei hier eben doch entschieden über meinen Kopf hinweggeredet und Wesentliches von  meinem Wesen außer Acht gelassen worden, vielleicht mische ich daher einfach, was vorher getrennt war und nehme einen Sack Bodenfrüchte und dazu einfach dieses Kamel hier, das so unleugbare Ähnlichkeiten mit den anwesenden Herren aufweist und treibe es in die Berge mitsamt meiner Wenigkeit auf dem Rücken und gründe dort eine Bande, eine richtige Bande, eine mörderische Bande, leicht zu erkennen an ihren Kamelen, die Kopftücher tragen, mit Knochen und Pfeilen und Bögen verziert und ich werde, so ihr meinen Weg kreuzt, euch so zusetzen, dass ihr gar nicht mehr über Kopftuch und Kamele nachdenkt, sondern nur noch darüber, wie ihr wohl ohne Kleidung und ohne Kamel und ohne... andere Dinge den Weg in die mickrige Behausung schafft, die ich hier mit diesem Kretin teilen musste! Unterdrückt?! Ich?! Die Königin der Wüste?! Ha! (steigt aufs Kamel und reitet davon)
Isaak:        (starrt ihr nach, zieht dann ein Kopftuch raus und bindet es sich um und läuft ihr nach.) Liebste, nicht doch, das war doch so nicht gemeint, ich bin wirklich ein Kamel, ich wollte dich doch nicht kränken, mein Zuckerlämmchen, mein Wüstenwindchen, mein Dornbüschelein ...
(Die anderen drei sagen nacheinander „Tja“ und gehen kopfschüttelnd ab.)

Jesus der Freund Gottes diesmal komplett

Jesus, der Freund Gottes.

Petrus:Du Jesus?
Jesus: Was ist Petrus?
Petrus: Ist Gott dein Freund?
Jesus: Mein Freund?
Petrus: Ja, dein Freund!
Jesus: Nun ja, ich denke schon.
Petrus: Aber Jesus, du kannst doch Gott nicht deinen Freund nennen!
Jesus: Wieso nicht?
Petrus: Na, Gott, der Allmächtige, Schöpfer des Himmels und der Erden, König der Welt. So jemanden kann man doch nicht zum Freund haben!
Jesus: Na toll, Petrus, war das dann eine Fangfrage?
Petrus: Nein, nein, nur...
Jesus: Was?
Petrus: Nun ja, ich finde du bist manchmal reichlich selbstbewusst.
Jesus: Und?
Petrus: Naja, fast überheblich.
Jesus: Wie meinst du das?
Petrus: Ich bin das Brot der Welt. Oder: Wer mir nachfolgt, der wird das Licht des Lebens haben. Sagt man so was?
Jesus: Warum nicht, wenn es stimmt.
Petrus: Da! Er hat es wieder getan.
Jesus: Meine Güte, Petrus, entspann dich mal. Ich habe nun mal einen engen Draht zu Gott, das dürfte sich ja nun langsam rumgesprochen haben. Wir haben ein, nun ja, kollegiales Verhältnis, ... irgendwie.
Petrus: Seit wann?
Jesus: Seit der Taufe im Jordan. Seit Johannes mich untergetaucht hat und ich dann den Himmel offen sah und da war mir Gott plötzlich ganz nah und ...
Petrus: Schon, gut, ich kenne die Geschichte. Ich habe auch einen engen Draht zu Gott, aber ich würde ihn nie meinen Freund nennen und Kollegen schon gar nicht.
Jesus: Redest du nie mit Gott?
Petrus: Reden? Nein. Ich bete, wie jeder ordentliche Mensch. Und ich halte mich an die korrekte Anrede.
Jesus: Und die wäre?
Petrus: Na, wie ich schon sagte, Gott, du Schöpfer oder Gott, König der Welt. Klingt angemessen, finde ich.
Jesus: Klingt irgendwie gestelzt und weit weg, finde ich.
Petrus: Na, du sagst vermutlich: Hi, Kumpel, was liegt an?
Jesus: Nein, ich sage, ... also ...
Petrus: Na jetzt bin ich aber mal gespannt.
Jesus: Sei ruhig, Mann. Manchmal sage ich gar nichts.
Petrus: Na toll.
Jesus: Ich weite mich und warte.
Petrus: Weiten und warten. Wahrscheinlich im Schneidersitz. Ommmm.
Jesus: Petrus, du bist manchmal so blöde, so unter Niveau.
Petrus: Danke.
Jesus: Nur weil dir was fremd ist, denkst du, du kannst dumme Sprüche machen.
Petrus: Entschuldige.
Jesus: Also, Gott kommt mir am ehesten nahe, wenn ich nicht so viele Worte mache. Dann habe ich das Gefühl von echter warmer Freundschaft.
Petrus: Ein warmer Freund. Hm. Und sonst?
Jesus: Sonst sage ich..., ach da lachst du ja wieder.
Petrus: Komm schon, Jesus, ich sage es auch nicht weiter.
Jesus: Hm, also gut, ich sage ... Papa.
Petrus: (prustet) Was??? Papa??? Das ist ja so was von uncool! Wenn ich das Jakobus erzähle...
Jesus: Ich wusste, es war ein Fehler.
Petrus: Also wirklich Jesus, sag wenigstens Vater.
Jesus: Ich denke gar nicht daran.
Petrus: Papa! Also wirklich!
Jesus: Gott ist eben mein Freund, der mich kennt bis ins Innerste, mich versteht, mir immer verzeiht, mir den Weg weist, mir alles zutraut, mir Kraft gibt, die Welt zu verbessern, mir beisteht, wenn ich Angst habe, meinen Sinn für Humor teilt, eine Mischung von Kumpel und Beschützer, Papa eben.
Petrus: Gott hat keinen Humor.
Jesus: Gott hat keinen Humor? Und wie war das mit der Schweineherde, die plötzlich auftauchte, als ich die Dämonen von diesem Verrückten da in Gerasa austrieb.
Petrus: Ja, das war ein toller Anblick. Alle Schweine rasten quiekend in den Abgrund mit den Dämonen im Leib. Blöde Viecher. Hab mich halbtot gelacht.
Jesus: Und wer hat die Schweine vorbeigeschickt?
Petrus: O.k., o.k. Gott hat Humor. Aber wenn du so eine enge, kollegiale Freundschaft zum Allmächtigen hast, kannst du deinen Freund nicht dazu bringen, die Welt mal vom Hunger zu befreien?
Jesus: Nein.
Petrus: Nein?
Jesus: Nein, das kann er nicht.
Petrus: Kann er nicht?
Jesus: Nein.
Petrus: Kannst du das mal erklären?
Jesus: Ja, aber ich will jetzt nicht. Trübes Thema. Gott hat eben auch seine dunklen Seiten. Und er braucht uns mehr, als wir denken.
Petrus: Na toll. War wohl nichts mit der Allmacht.
Jesus: Petrus, ich mag dich, weißt du ja.
Petrus: Im Prinzip schon, aber ich könnte es ruhig öfter hören.
Jesus: Aber du hast keinen Sinn für die Widersprüche des Lebens. Schwarz oder weiß, so ist das bei dir.
Petrus: Moment mal.
Jesus: Aber jedes Ding hat seine zwei Seiten. Auch ein Freund. Auch Gott. Der lässt einen auch mal ins Leere fallen. Denkt man jedenfalls ab und zu.
Petrus: Also weißt du was, Jesus, ich halte mich an die Freundschaft zu dir und du pflegst die Freundschaft zu Gott, dann bin ich über dich irgendwie auch der Freund Gottes und habe den ganzen Stress nicht.
Jesus: Nee, nee, Petrus, so läuft das nicht. Meinetwegen lerne von mir, werde lockerer im Umgang mit dem Allmächtigen, wie du ihn nennst, lerne Vertrauen zu haben, aber die Freundschaft mit ihm, die musst du schon selber hinkriegen. Das muss jeder auf seine eigene Art tun.
Petrus: Hm. Schade. Ich weiß aber nicht, wie ich mit ihm reden soll, ehrlich gesagt. Immer wenn ich Gott, du Allmächtiger, sage, dann kommt mir das wie peantus vor, was ich auf dem Herzen habe. Kannst du uns nicht mal eine Vorlage erarbeiten? So was Vertrauliches, aber mit Horizont.
Jesus: Kann es versuchen. Wie wäre es mit Papa unser im Himmel?
Petrus: Jesus, sei einmal ernst.
Jesus: Ich bin immer ernst. Papa unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Petrus: Ich weiß nicht. Ich habe immer noch das Gefühl, es müsste ein Blitz vom Himmel kommen, wenn du solche Sprüche machst.
Jesus: Ich denke mal nach. Ciao.
Petrus: Bis später dann. (schüttelt den Kopf) Papa unser, also wirklich.