Sonntag, 9. Oktober 2016

2 Kor 3 Steckbriefe Gottes. Abschiedspredigt in der Friedensgemeinde


Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt.

Paulus schreibt Briefe.
Er setzt sich hin, er nimmt sich Zeit.
Und schreibt und schreibt.
Er soll sich ausweisen.
Sagen, welches Recht er hat als Bote Jesu Christi aufzutreten.
Paulus antwortet denen in Korinth.
Aber er hält sich nicht an das Thema.
Nicht ganz.
Er schreibt: 
Es ist offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen.
Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott.
Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

Gott schreibt Briefe.
Er setzt sich hin, er nimmt sich Zeit.
Und schreibt und schreibt.
Schreibt nicht auf Papier, schreibt in Herzen.
Schreibt nicht mit Tinte, schreibt mit seinem Geist.
Schreibt Empfehlungsbriefe.
Immer wieder und wieder.
Und hat sich auch uns ins Herz geschrieben.

Es ist offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen.


Gott schreibt Briefe.
Besonders mit einem hat er sich große Mühe gegeben.
Ein ganz besonderer Brief,
der wandelnde Steckbrief für die Liebe Gottes.
Jesus von Nazareth, der Christus.
Dieser Brief sollte das übersetzen, was da in Stein gehauen wurde, die Lebensregeln Gottes.
Für alle.
So wird das lebendig mit dir und deinem Nächsten,
so geht Versöhnung,
so gelingt Gerechtigkeit
und so leuchtet eine friedliche Welt.
Diesen Brief hat Gott nicht beendet.
Da steht kein „Herzliche Grüße, Gott“ drunter.
Auch kein P.S.: Ich mach jetzt mal eine Pause mit dem Schreiben. Schreibt ihr mal weiter.
Gott schreibt an diesem Brief bis heute.
Da können wir sicher sein.
Immer wieder fällt ihm etwas ein, was seinen Empfehlungsbrief verständlicher macht.
Auch heute. Auch jetzt.
Längst hat er diesen Brief vervielfältigt.
Schreibt ihn ab, schreibt ihn neu in andere Herzen.
Auch in unsere.
Hofft, dass seine Briefe gelesen und verstanden werden.
Gibt nicht auf. Niemals.
Solches Vertrauen, sagt Paulus, solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott.

Ich weiß nicht, wie es euch geht.
Aber als Kopie rumzulaufen, gefällt mir nicht wirklich.
Ok. Da wird vielleicht immer auch ein neuer Akzent gesetzt wird durch euch, mich, durch uns.
Aber das ist nur ein schwacher Trost.
So vieles tun wir doch,
organisieren wir,
denken wir uns aus,
Neues,
damit Gottes Brief, damit der Weg Jesu  auch für andere lesbar, begehbar wird.
Hier in der Friedensgemeinde beispielsweise in den letzten Jahren.
Halten den Konfer lebendig für viele Konfis.
Oder das Sommercafé.
Oder den Besuchsdienst.
Öffnen uns für Flüchtlingsprojekte
oder lassen Gottesdienste leuchten durch Musik, die zu Herzen geht.
Ich? Wir? Eine Kopie? Von fremder Feder geschrieben?

Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, sagt Paulus, nicht, dass wir uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienerinnen und Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

Menschen schreiben Briefe.
Schreiben ihres in die Seele des anderen und in die Linien der Erde.
Manches gelingt, bringt andere zum Leuchten, weil sie gesehen und geliebt werden.
Manches ist tödlich.
Wenn Hass die Feder führt und ein Land vergiftet.
Wenn der Neid auf das des anderen krumme Buchstaben schreibt.
Wenn Liebe sich mit Eigensucht mischt.
Das lässt sich nicht einfach wegradieren.
Das bleibt in den Herzen, oft ein Leben lang.
Als Schmerz. Als Trauer.
Menschen führen ihre eigene Feder, nach ihren eigenen Regeln und verschließen sich der Handschrift Gottes.
Sie nehmen Gott den Platz zum Schreiben weg.
Sie müllen einander die Herzen voll mit ihren Ansprüchen, die dem anderen seinen Raum nehmen.
Und viel zu oft schreiben sie Unrecht in das Herz der Erde,
Buchstaben des Grauens, Buchstaben des Todes.

Paulus bleibt klar:
Es ist Gott, von dem das lebendige Schreiben ausgeht.
Und es ist Gott, der uns das Weiterschreiben lehrt,
dass wir tun, was sein Geist uns aufträgt zu tun.

Wenn Gott schreibt, dann setzt das Menschen in Gang.
Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.
Gott legt uns nicht fest auf bestimmte Buchstaben.
Er will nicht, dass wir seines einfach abschreiben.
Gott verengt unsere Herzen nicht und erst recht nicht löscht er unseres aus.
Im Gegenteil:
Seine Art des Schreibens setzt vieles frei,
befreit uns dazu, unseres zu leben,
aber miteinander und füreinander. (Nicht sich selber in Szene setzen).
Das ist auch seine Absicht.
Denn wir sind mehr als sein Briefpapier oder eine schwache Kopie Jesu.
Wir sind Gottes geliebte Kinder.
Jeder und jede von uns ein Steckbrief seiner Liebe.
Öffentlich lesbar. So soll das sein.
Gott schreibt sich mit seiner Liebe in unser Herz.
Und steckt uns damit an.
Dass wir einander in unsere Herzen schreiben in seinem Geist.

Und so ist auch das, was heute wie ein Abschied aussieht,
wie ein Schlusspunkt unter unseren gemeinsamen Brief, nur ein Komma.
Unser gemeinsamer Brief wird nicht beendet,
wir wenden eine Seite um, ja, aber wir schreiben weiter.
Jeder von uns trägt das weiter im Herzen, was wir hier miteinander gelebt haben auf den Spuren Jesu.
Ich das, was ihr mir ins Herz geschrieben habt, was durch euch hier lebendig wurde
und ich hoffe, dann doch ein wenig eigensüchtig, auch ihr etwas von mir.
Das ist nicht wegzuradieren.
Das bleibt.
Und das geht weiter, an verschiedenen Orten,
verändert sich, klar, aber nach wie vor leben wir gemeinsam als Kinder Gottes,
setzen auf unsere Weise Gottes Empfehlungsschreiben fort,
Werben öffentlich für Vertrauen in Frieden und Gerechtigkeit.
Werben um Raum für die Handschrift Gottes,
die uns öffnet zum Leben.

Gott schreibt Briefe.
Schreibt sich jeden Tag in unser Herz.
Setzt uns gemeinsam auf die Spuren des Rabbis von Nazareth.
Der hat Gottes Handschrift und der ganzen Welt Raum in seinem Herzen gegeben,
damit wir öffentlich leben in seinem Namen:
So wird das lebendig mit dir und deinem Nächsten,
so geht Versöhnung,
so gelingt Gerechtigkeit
und so leuchtet eine friedliche Welt.

Dieses Vertrauen und auch dieses Selbstvertrauen wünsche ich euch allen.
Ihr seid die Steckbriefe der Liebe Gottes.
Schreibt weiter, schreibt neu.
Müllt euch nicht gegenseitig zu mit zuviel „Das müsste, sollte könnte doch noch sein“.
Lasst einander Raum für die Handschrift Gottes,
und denkt an das, was uns alle verbindet:

Es ist offenbar geworden, dass wir ein Brief Christi sind, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes.


Amen.



Mittwoch, 14. September 2016

Hier stehe ich - u.a. Luther in Worms Reformationstag 2013 Anspiel



Pfarrerin:             Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Ein berühmtes Wort, auch wenn Martin Luther, dem man es in den Mund gelegt hat, es nicht gesagt hat.
Aber das macht nichts, denn es gibt seine Haltung gut wieder.
Ich kann nicht anders, ich muss so reden und handeln. So redet jemand, der in die Ecke gedrängt wird und sich verteidigen muss und dabei keinen Schritt von seiner Haltung abrücken kann.
Wie das aussehen kann, dazu ein kleines Beispiel von heute.

Mutter:                (kommt mit einem großen Glas an) Lars, das große Glas mit dem Kleingeld ist leer.
Lars:                    Ja.
Mutter:                Was heißt hier „Ja?!“
Lars:                    Ja, es ist leer.
Mutter:                Und warum ist es leer?
Lars:                    Weil ich es geleert habe.
Mutter:                Auf den Gedanken bin ich auch schon gekommen. Und warum hast du es geleert?
Lars:                    Weil ich das Geld brauchte.
Mutter:                Und wofür? Verdammt noch mal, Lars, lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Das waren über 200 Euro. Die haben wir doch für den Urlaub gespart, für Eis und so weiter. Und ich will sofort wissen, was du damit gemacht hast.
Lars:                    Also, das war so. Es klingelte vorhin an der Tür und da war ein alter Mann und der fragte, ob er etwas zu essen haben könnte.
Mutter:                Du sollst doch Fremden nicht die Tür aufmachen.
Lars:                    Und der tat mir so leid und die Religionslehrerin hat gesagt, Jesus wollte, dass wir überschwänglich die Liebe Gottes weitergeben. Und da dachte ich, ein Brot, das ist doch nicht überschwänglich.
Mutter:                Erzähl mir nicht, du hast ihm das ganze Geld aus dem Glas gegeben?!
Lars:                    Doch. Ich konnte nicht anders. Ich wollte ihn unbedingt glücklich machen. Weil Gott doch alle liebt und ihm ist es egal, ob da ein alter Säufer steht. Der kriegt auch eine Chance.
Mutter:                Eine Chance sich bei Aldi mit dem Nötigsten zu versorgen. Bei dir piept’s wohl. Ein alter Säufer läuft nun rum mit meinen Euros.
Lars:                    Unseren Euros.
Mutter:                Sei still! Du kannst doch nicht jedem, der klingelt, einfach unser Geld geben.
Lars:                    Ich weiß. Nicht jedem. Nur ihm. Und nun ist das Glas ja auch leer. Aber der war so glücklich.
Mutter:                Kein Wunder.
Lars:                    Nicht nur wegen des Geldes.
Mutter                 Wie konntest du das nur tun?!
Lars:                    Tut mir leid, ich konnte nicht anders. Und ich stehe dazu. Es drängte mich Gutes zu tun.
Mutter:                Es drängte...? Ich weiß eine ganze Menge, was du tun könntest, ohne unser Geld einfach wegzugeben.  

Pfarrerin:             Die Diskussion ist noch nicht zu Ende, wie ihr euch denken könnt. Aber für unsere Zwecke reicht es. Hier stehe ich, ich kann nicht anders, als von der Liebe Gottes zu reden.
Schauen wir auf eine Szene in Martin Luthers Leben, eine wichtige, die die Weichen in seinem Leben endgültig gestellt hat und zu den schwersten Stunden seines Lebens gehört.
Wir befinden uns in Worms im Jahr 1521.
Der Kaiser hat Luther auf den Reichstag bestellt. Zum Verhör. Luther soll seine Schriften wiederrufen. Wird er das tun oder bei seiner Erkenntnis von Gott und bei seiner Kritik an der Kirche bleiben?
Hier haben wir den Kaiser Karl. (Karl kommt herein und nimmt Platz). Er will ein Universalkaiser werden und ist auf dem besten Wege dorthin. Gerade zwei Jahre zuvor ist er von den Fürsten als König bestätigt worden, was ihn viel Geld gekostet hat. Dass da so ein kleiner Mönch beginnt, an den Grundpfeilern der Kirche zu rütteln, passt ihm gar nicht. Karl ist ganz auf der Seite der katholischen und damals einzigen Kirche.
Karl:                    (ballt die Faust) Ich werde diese Reformation im Keim ersticken.
Pfarrerin:             Dann der Orator, eine Art Regierungssprecher. (Orator kommt, verneigt sich vor dem Kaiser.)
Orator:                 Haben eure Majestät Befehle?
Pfarrerin:             Dann gab es natürlich viel Publikum, das wir hier ein wenig  reduziert haben  (zwei kommen)
Zuschauer 1:        Wehe, Luther wird schwach. Ich habe einen Taler darauf gesetzt, dass er durchhält.
Zuschauer 2:        Das ist aber unfein. Ich drücke ihm auch so die Daumen, im Namen der Freiheit.
Pfarrerin:             Im Publikum sitzt auch der Vater von Luther. (Vater kommt)
Vater:                   Mein Sohn ist größenwahnsinnig. Ich hätte ihn einsperren sollen, als er ins Kloster wollte. 
Pfarrerin:             Und wir haben Luther selber. (Luther tritt vor den Kaiser).
Luther:                 (kommt rein, stellt sich vor den Kaiser und neigt etwas den Kopf.)
Zuschauer 1:        Schau dir den an. Der kniet ja nicht mal.
Zuschauer 2:        Der ist toll. Ich habe eine Predigt von ihm gehört. Gott straft nicht, Gott öffnet uns die Tür zum Leben. Er vergibt und liebt uns.
Zuschauer 1:        Seit wann?
Zuschauer 2:        Schon immer.
Zuschauer 1:        Das heißt, das ganze Geld, das ich für den Ablass gegeben habe, um nicht in die Hölle zu kommen, war verschwendet?
Zuschauer 2:        Jap.
Zuschauer 1:        Sauerei.
Zuschauer 2:        Du sagst es.

Karl:                    (knurrend) So, so, Luther.
Luther:                 (hebt den Kopf) Jawohl, kaiserliche Majestät.
Karl:                    Luther, der die Unverschämtheit hatte, die Leute aufzuhetzen.
Luther:                 Zu belehren.
Karl:                    Schweig, du kleiner Mönch mit dem großen Maul!
Luther, das Wildschwein, das im Garten des Herrn wildert und Unfrieden sät. Du hattest sogar die Unverschämtheit, unserem Papst deine Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ zu widmen.
Luther:                 (Wird immer bescheidener) Ich wollte..
Karl:                    Schweig. Du hast viel Ärger gemacht.
Luther:                 (ängstlich) Ich weiß.
Karl:                    So, so, du weißt. (drohend) Dann weißt du ja auch, was passiert, wenn du deine Schriften nicht widerrufst?
Luther:                 Ja.
Kaiser:                 Orator?!
Orator:                 Mein Herr?
Kaiser:                 Die Bücher!!
Orator:                 Sehr wohl, mein Herr und Kaiser. (holt stapelweise Bücher und legt sie vor Luther hin.) Sind das deine Bücher?
Luther:                 Sieht so aus.
Orator:                 (wird lauter)  SIND DAS DEINE BÜCHER?!
Luther:                 Ja.
Orator:                 Wirst du die darin enthaltene Lehre widerrufen oder bestehst du darauf, dass du Recht hast.
Luther:                 (zögert, blickt sich um, richtet sich dann gerade auf und sagt fest)
 
Zwei Fragen sind mir von der kaiserlichen Majestät vorgelegt worden: ob ich alle Bücher, die meinen Namen tragen, als meine anerkennen wolle, und ob ich diese verteidigen oder widerrufen wolle.
Darauf will ich klar und deutlich antworten: Die jetzt genannten Bücher erkenne ich als meine Bücher an.
Zur zweiten Frage aber kann ich nicht in Kürze Antwort geben. Denn sie ist eine Frage des Glaubens und der Seelen Seligkeit. Deshalb wäre es gefährlich, wenn ich mich hier unbedacht äußern würde. Dies würde mir das Urteil Christi einbringen: "Wer mich verleugnet vor den Menschen, den will auch ich verleugnen vor meinem himmlischen Vater." Deshalb bitte ich von der kaiserlichen Majestät untertänig Bedenkzeit, damit ich ohne Gefahr für meine Seligkeit auf die Frage richtig antworte.
Kaiser:                 Was für ein Geschwätz. (berät sich flüsternd mit dem Orator)  Also gut. Morgen will ich deine Antwort. (Luther verneigt sich und geht.)
Zuschauer 1:        Oh, oh, das sieht nicht gut aus.
Zuschauer 2:        Hach, was für ein toller Mann, ein Bild von einem Mann, von Mut und Kraft.
Vater:                   Mut und Kraft? Dass ich nicht lache. Der Bengel da vorne ist mein Junge. Ich habe in den Kerl investiert. Schulbildung, Universität.
Ich habe versucht einen Mann aus ihm zu machen und einen ordentlichen Juristen.
Und was tut der Kerl? Macht sich bei einem Blitzeinschlag in die Hose und verspricht ins Kloster zu gehen. Dort macht er sich weiter in die Hose, weil er so einen Schiss vor Gott hat und vor den Höllenstrafen.
Als ob ein vernünftiger Mann sich groß darum kümmert.
Man geht seinen Geschäften nach und zahlt den Ablass und macht sich nicht mehr Gedanken als nötig.
Dann verschüttet er bei seiner Priesterweihe beim ersten Abendmahl vor lauter Angst den Wein. Weichei!
Und jetzt? Jetzt faselt er von der Liebe Gottes und der Freiheit der Menschen vor Gott. Und weil die Leute ihm scharenweise nachrennen, beschließt er es mit der ganzen Kirche und dem Kaiser aufzunehmen und sagt, er kann nicht anders.
Der Junge spinnt.
Zuschauer 1:        Aber nein. Er ist ein Held.
Vater:                   Ein Held? Lassen Sie mich bloß mit diesem Mist in Ruhe.
Pfarrerin:             Die Nacht verbringt Luther schlaflos. Noch kann er zurück in den Schoß der Kirche. Eine andere gibt es nicht. Darf er wirklich so vermessen sein und gegen den Kaiser und gegen den Papst auftreten? Und die Verbannung aus der Kirche riskieren und damit vogelfrei sein und sein Leben aufs Spiel setzen? Aber andererseits kann er wirklich wieder hinter das zurück, was er erkannt und verkündet hat?
Der nächste Morgen kommt und Luther tritt wieder vor den Kaiser.

Kaiser:                 So, so, Luther.
Luther:                 Ja, kaiserliche Majestät?
Kaiser:                 Ausgeschlafen?
Luther:                 Gar nicht geschlafen, kaiserliche Majestät.
Kaiser:                 Selbst schuld. Orator!
Orator:                 Sind das deine Bücher?
Luther:                 Ja.
Orator:                 Wirst du die darin enthaltene Lehre widerrufen oder bestehst du darauf, dass du Recht hast?
Luther:                 Wenn diese Bücher nicht listig geändert wurden und es wirklich die sind, die ich geschrieben, dann habe ich folgende Antwort:
Meine Bücher haben nicht alle den gleichen Inhalt.
In einigen habe ich vom christlichen Glauben und von guten Werken so christlich gelehrt, dass sogar der Papst bekannt hat, sie seien nützlich, ja würdig, von christlichen Herzen gelesen zu werden, obwohl er auch diese verurteilt.
Wenn ich diese Bücher widerrufen wollte, was würde ich dann tun? Ich würde als jemand dastehen, der die von Freund und Feind einmütig bestätigte Wahrheit plötzlich leugnen würde.
Kaiser:                 Zur Sache, Luther, aber ein bisschen plötzlich.
Luther:                 In einer zweiten Abteilung meiner Bücher werden das Papsttum und die päpstliche Lehre angegriffen. Denn von ihnen ist mit falscher Lehre, bösem Leben und ärgerlichen Erscheinungen die Christenheit an Leib und Seele verwüstet worden. (senkt den Kopf, als müsste er wieder Kraft holen.)
Zuschauer 2:        Der ist lebensmüde.
Zuschauer 1:        Keine Sorge. Sein Freund, der Kurfürst Friedrich, hat für ihn freies Geleit erwirkt. Selbst wenn der Kaiser den Bann über ihn verhängt und ihn für vogelfrei erklärt, dann kommt er hier lebend raus.
Zuschauer 2:        Bis an der nächsten Ecke die Soldaten warten.
Vater:                   Ruhe. Ich will zuhören.
Luther:                 Dies kann niemand bestreiten, und alle frommen Menschen klagen darüber, dass durch die päpstlichen Gesetze und Menschenlehren die Gewissen der Christgläubigen beschwert und gequält worden sind.
Wenn ich nun diese Angriffe widerriefe, dann würde ich die päpstliche Gewaltherrschaft unendlich stärken.
Kaiser:                 Die päpstliche Herrschaft ist eine segensreiche für die Welt. Sie gehört gestärkt.
Luther:                 Das sehe ich anders.
Kaiser:                 Das wagst du anders zu sehen?!
Luther:                 Ja. Wenn ich widerriefe, würde ich ihrem gottlosen Wesen nicht nur die Fenster, sondern auch Tor und Tür öffnen. Sie könnte dann noch viel freier wüten, denn sie könnte sich dann auf meinen Widerruf berufen.
Kaiser:                 Du bist lebensmüde. (wird immer wütender) Der Papst ist unfehlbar und ich werde die Einheit der katholischen Kirche wahren und verteidigen, solange noch ein Atemzug in mir ist. Kannst du dir die Welt ohne die Kirche vorstellen, die du im Begriff bist zu zerstören?
Luther:                 (schweigt)
Kaiser:                 (wartet, schüttelt dann den Kopf) Weiter.
Luther:                 Die dritte Gruppe meiner Bücher richtet sich gegen jene Personen, die die päpstliche Gewaltherrschaft verteidigt und meine Auslegung der gottseligen Lehre angegriffen haben.
Gegen diese bin ich - das bekenne ich - manchmal etwas scharfer und heftiger vorgegangen, als es unter Christen richtig gewesen wäre. Ich mache mich nicht zu einem Heiligen; es geht jedoch nicht um meine Eigenarten, sondern um die Lehre Christi.
Deshalb kann ich auch diese Bücher nicht zurücknehmen.
Würde ich sie widerrufen, so würde ich die päpstliche Gewaltherrschaft und ihre gottlosen Folgen unterstützen. Das Leiden des Volkes Gottes würde dadurch noch viel schlimmer als es jetzt schon zu beklagen ist.
Für alle meine Bücher gilt: Weil ich nur ein Mensch, nicht Gott bin, darum kann ich sie nicht anders verteidigen als mein Herr und Heiland Jesus Christus. Dieser hat in seinem Verhör vor dem Hohepriester Hannas, als dessen Knecht ihm eine Ohrfeige gab, geantwortet:
Habe ich übel geredet, so beweise, dass es böse war. (Job 18,22 f.) Wenn nun Jesus bereit war, sich widerlegen zu lassen, und sei es von einem unbedeutenden Knecht, dann muss ich erst recht begehren, mich eines Besseren belehren zulassen.
Kaiser:                 (schreit) Vergleichst du dich etwa mit Jesus Christus, unserem Herrn?!
Orator:                 Beruhigt euch, Eure Majestät. Lasst euch von diesem Lausbuben nicht aus der Fassung bringen.
Kaiser:                 (atmet tief durch)  Weiter.
Luther:                 Darum ersuche ich Eure kaiserliche Majestät, kurfürstliche und fürstliche Gnaden, und jedermann, er sei hohen oder niedrigen Standes, mir aus der Bibel nachzuweisen, dass ich mich geirrt habe.
Dann  werde ich alle Irrtümer widerrufen;
dann werde ich der Erste sein, der meine Bücher ins Feuer wirft.
Kaiser:                 Orator, das ist ja nicht zum Aushalten. Weise ihn zurecht.
Orator:                 Hör zu, du Kretin, wir wollen eine Antwort, eine klare Antwort auf eine klare Frage, eine Antwort ohne Hörner und Zähne, eine Antwort auf die Frage: Wirst du wiederrufen?!
Zuschauer 1:        Jetzt kommt’s.
Zuschauer 2:        Los Luther. Bleib standhaft. Wir hoffen auf dich.
Vater:                   Wenn der jetzt nicht sofort den Schwanz einzieht, ist er nicht mehr mein Sohn. Ich kann ohnehin mein Geschäft kaum aufrechterhalten, seitdem er so große Reden schwingt.
Zuschauer 1:        Aber Herr Luther. Ihr Sohn macht gerade Weltgeschichte und Sie reden vom Geschäft.
Zuschauer 2:        Still er redet weiter.
Luther:                 Weil Eure kaiserliche Majestät, kurfürstliche und fürstliche Gnaden eine einfache und richtige Antwort wünschen, so will ich sie auch ohne Hintergedanken geben:
Überzeugt mich mit den Zeugnissen der Heiligen Schrift,
oder mit öffentlichen, klaren und hellen Gründen, also mit den Bibelworten und Argumenten, die von mir beigebracht worden sind.
Denn die Autorität von Papst und Konzilien allein überzeugt mich nicht, da sie offenkundig oft geirrt und gegen Schrift und Vernunft gestanden haben. Nur wenn mein Gewissen in Gottes Wort gefangen ist, will ich widerrufen. Denn es ist nicht geraten, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir, Amen. (dreht sich um und geht so langsam, dass er das Urteil noch hört).
Kaiser:                 Halt!
Luther:                 Nein.
Kaiser:                 So eine Unverschämtheit! (berät sich flüsternd mit dem Orator. Der nickt und stellt sich dann wieder auf.)
Orator:                 Im Namen unseres geliebten  Kaisers Karl des V. verkünde ich folgendes Urteil über Martin Luther: Er ist fortan nicht mehr Mitglied der einzigen rechtmäßigen Kirche. Er steht unter dem Bann, er ist vogelfrei und jeder, der ihm hilft, ihn beherbergt und seine Schriften liest oder weitergibt, wird ebenso bestraft werden.
Luther:                 (hebt im Gehen die Hände, nach dem Motto: Kann ich nicht ändern.)
Zuschauer 1:        Das war’s dann wohl.
Zuschauer 2:        Wart es ab. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Reformation noch aufzuhalten ist. Gott sei Dank ist Luther nicht umgekippt.
Zuschauer 1:        Ja, meine Wette habe ich gewonnen.

Erzähler:              Das Sympathische an Luther ist für mich, dass er standhaft bei seiner Überzeugung geblieben ist, aber sich dennoch, wie sein Vater so zartfühlend gesagt hat, vor Angst in die Hose machen konnte. Er war kein Held im üblichen Sinn. Er war Theologe und das mit Leib und Seele. Und er konnte hinter das, was er erkannt hat, nicht zurück...
 




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KiBiWo 2016 Du siehst mich (u.a. mit Texten des Kirchentages 2017). Detektiv Rüdiger auf Gottessuche


Detektiv Rüdiger auf Gottessuche


Tag 1:                 Wo ist Gott? Ist er immer da, wenn ich ihn brauche, auch am Ende der Welt?

Tag 2:                 Sieht Gott mich und hilft er auch, wenn andere mir Schwierigkeiten machen und ich in Not bin ?

Tag 3:                 Wir sehen soviel Streit. Sieht Gott das und wenn ja, warum tut er nichts?

Tag 4:                 Wir sehen Kriege und Gewalt und Unterdrückung, aber oft nur wenig von Gottes gerechter Welt. Warum?

Tag 5:                 Land in Sicht. Mit Gottes Brille die Welt sehen.


Tag 1:               Wo ist Gott?
Ist er immer da, wenn ich ihn brauche, auch am Ende der Welt?

Szene 1               Bei Paul und Oma
Paul:                   Oma?
Oma:                   (sitzt und strickt) Ja, Paul?
Paul:                   Oma, ist Gott überall?
Oma:                   (schaut weiter aufs Strickzeug) Na klar.
Paul:                   Sieht er mich immer?
Oma:                   Na klar.
Paul:                   Woher willst du das wissen? Und außerdem ist das doch doof, wenn der uns immer beobachtet.
Oma:                   Du meinst, dass er sieht, wie du wieder meine Lieblingspralinen stibitzt hast?
Paul:                   Öh, genau.
Oma:                   Gott beobachtet uns nicht wie ein Detektiv. Er passt nur auf dich auf und ist immer da, wenn wir ihn brauchen.
Paul:                   Das sagst du. Aber beweisen kannst du das nicht.
Oma:                   Naja. Es gibt Erfahrungswerte.
Paul:                   Erfahrungs... was?
Oma:                   Na, Menschen haben das gespürt, dass Gott bei ihnen ist, wenn sie ihn brauchten, egal wo sie waren.
Paul:                   Aber das glaube ich nicht.
Oma:                   Dann kann ich dir nicht helfen.
Paul:                   Du bist Oma. Du musst mir immer helfen. (kleine Pause) Oma?
Oma:                   (stöhnt) Was denn noch?
Paul:                   Ich kann heute sicher nicht einschlafen, wenn ich nicht sicher weiß, ob Gott mich überall findet und sieht, wenn ich ihn brauche.
Oma:                   Dann bleibst du eben wach.
Paul:                   Dann musst du mit mir die ganze Nacht Monopoly spielen.
Oma:                   Ich hasse Monopoly.
Paul:                   Ich weiß.
Oma:                   Also gut. Ich kenne einen Detektiv. Den werde ich mit der Frage beauftragen und ihn auf Reisen schicken, wenn ich hier fertig gestrickt habe. Bist du jetzt zufrieden?
Paul:                   Super! ..... Oma?
Oma:                   (genervt) Ja??!!
Paul:                   Es ist schon fast Mittag. Wenn der heute losreisen soll, musst du bald zu ihm gehen.
Oma:                   (wirft das Strickzeug hin) Ich gehe ja schon. (geht)


Szene 2: Im Detektivbüro
Rüdiger:             (sitzt im Büro, mit Sonnenbrille und einem Teller Kohlrabi. Es klopft) Heeerein!!
Ralf:                    (kommt schüchtern herein) Hallo?
Rüdiger:             (beißt in seinen Kohlrabi) Wer bist du, woher kommst du, was willst du?
Ralf:                    Ich bin der neue Lehrling, Herr Detektiv. Und ich komme von der Detektivschule und will bei Ihnen lernen.
Rüdiger:             Hm. Du klingst jung.
Ralf:                    Ich bin 18. Und ich brenne darauf, Morde aufzuklären, Bankräuber zu erwischen und...
Rüdiger:             Halt. Wir sind hier nicht bei der Polizei, mein Junge. Zu uns kommen meistens Menschen, die ein persönliches Problem haben.
Ralf:                    Zum Beispiel?
Rüdiger:             Zum Beispiel: „Wo habe ich meinen Schlüssel hingelegt?“ oder „Was tut meine Mutter immer ins Essen, dass ich so pupsen muss?“ oder „Wohin geht mein Mann nach der Arbeit?“
Ralf:                    Das ist ja ziemlich langweilig.
Rüdiger:             Gar nicht. Man lernt viel über Menschen. Ab und zu kommt auch mal ein Fall vorbei, mit dem die Polizei nicht weiterkommt. (pustet sich etwas eitel auf die Fingernägel) Dann kommen die zu mir.
Ralf:                    Dann sind Sie ja ein guter Detektiv, Herr Detektiv.
Rüdiger:             Na klar. Und nenn mich Rüdiger. Das ‚Herr Detektiv’ geht mir auf die Nerven. Und hol mir mal das Wasserglas da drüben.
Ralf:                    Gerne doch. (steht auf, geht hinüber zum Tisch mit dem Glas, stolpert auf dem Weg)
Rüdiger:             Hoppla. Du bist ein bisschen trampelig, oder? (streckt die Hand nach dem Glas aus)
Ralf:                    Leider. (gibt ihm das Glas) Hier. (schaut Rüdiger dabei nicht an, lässt das Glas los, das runterfällt) Huch?!
Rüdiger:             Das war wohl nichts. Musst es nochmal vollgießen.
Ralf:                    Aber warum haben Sie es nicht genommen.
Rüdiger:             Du.
Ralf:                    Ich?
Rüdiger:             Du sollst „du“ zu mir sagen. Na, dann haben wir gleich eine kleine Übungsaufgabe für dich. Warum habe ich das Glas nicht genommen?
Ralf:                    Ähh, um mich zu ärgern?
Rüdiger:             Aber nein.
Ralf:                    Weil Sie, äh weil du keinen Durst mehr hattest?
Rüdiger:             Nicht doch.
Ralf:                    Weil....
Rüdiger:             Kinder, helft ihm mal. Er hat mir das Glas gegeben und ich habe es gegriffen, aber nicht erwischt. Na, was kann der Grund sein?
Kinder:               Du bist blind (mit Hilfe darauf kommen lassen)
Ralf:                    Ein blinder Detektiv?!?!
Rüdiger:             Ja, ist bei einem Einsatz passiert. Kein Drama.
Ralf:                    Kein Drama?! Und was kann ich bei dir lernen??? Von einem blinden Detektiv?
Rüdiger:             Warte es ab. Du... (es klopft)  Heeerein!!
Oma:                   Guten Tag. Sind Sie der berühmte Detektiv Rüdiger, die blinde Spürnase, das Ohr für falsche Töne, der Held der ungelösten Fälle.
Rüdiger:             Sehr wohl.
Ralf:                    (steht daneben etwas abseits) Wer’s glaubt.
Rüdiger:             Womit kann ich dienen?
Oma:                   Ich habe einen Enkel. Paul.
Rüdiger:             Gratuliere.
Oma:                   Ja, er ist toll, ein pfiffiges Kerlchen. Wissen Sie, er ist mein Augenstern, mein Ein und Alles.
Rüdiger:             Aber?
Oma:                   Nun ja. Er stellt Fragen.
Rüdiger:             Das sollten Kinder auch tun dürfen.
Oma:                   Aber ich kann seine wichtigste Frage nicht beantworten.
Rüdiger:             Und die lautet?
Oma:                   Sieht Gott uns überall, egal wohin wir gehen und ist er bei uns und hilft uns?
Ralf:                    Was ist denn das für eine Frage für einen Detektiv?
Rüdiger:             Halt den Mund, du unreifer Bengel. Das ist eine sehr wichtige Frage und wir werden uns mit ihr befassen.
Ralf:                    Oh, Gott.
Oma:                   Das finde ich toll. Ich habe schon versucht, es ihm zu erklären. Aber er will, dass es jemand ausprobiert und sich in die entlegensten Ecken der Welt begibt.
Rüdiger:             Könnten Sie das genauer sagen?
Oma:                   Er will wissen, ob Gott am Ende der Welt ist und uns auch in der Finsternis sieht.
Rüdiger:             Er will es genau wissen. Gut. Er will den Dingen auf den Grund gehen. Super. Das Problem ist nur: So eine Reise kostet eine Kleinigkeit für mich und meinen Assistenten.
Ralf:                    Welcher Assistent.
Rüdiger:             Natürlich du.
Ralf:                    Aber..
Rüdiger:             Kein Aber. Ich brauche deine Augen. Ab und zu.
Ralf:                    Ab und zu? Ich werde alles machen müssen.
Rüdiger:             Du hast keine Ahnung von blinden Menschen, du Schnösel. Ich kann alles.
Ralf:                    Außer sehen.
Rüdiger:             Außer sehen. Aber wir wollen die Dame,... wie heißen Sie eigentlich?
Oma:                   Entschuldigen Sie, ganz vergessen: Ich heiße Oma Neumann. So nennen mich jedenfalls alle.
Ralf:                    Auch ihr Enkel?
Oma:                   Nein, der sagt einfach Oma zu mir.
Rüdiger:             Das Geld, liebe Frau, äh, Oma Neumann, das Geld?
Oma:                   Spielt keine Rolle. Ich habe neulich im Garten einen Schatz gefunden.
Ralf:                    Wer’s glaubt!
Oma:                   Ja, den hatte meine Großmutter im Krieg dort vergraben. Da waren lauter Goldstücke mit, umgerechnet im Wert von einer Million EUR.
Rüdiger:             Na, das ist ja großartig. Da brauchen wir schätzungsweise 70 000 EUR von, für Flüge, Ausgaben, Honorar. Ist das ok?
Oma:                   Natürlich.
Rüdiger:             Ihr Enkel,  hat der ein Handy?
Oma:                   Ja, seit gestern auch ein .. wie war das noch, ach ja, das neuste Smartephone (e mitsprechen).
Rüdiger:             Ein Smartphone. Großartig. Noch so eins für mich bitte und eine Flatrate. Wir bleiben in Kontakt. Wir schicken Bilder, Filme und dokumentieren so den Fortgang unserer Reise. Und er kann uns antworten und fragen, wenn er noch etwas Genaueres wissen will.
Oma:                   Großartig. Wann können Sie losfahren?
Rüdiger:             Heute Nachmittag.
Ralf:                    Heute Nachmittag?
Rüdiger:             Heute Nachmittag. Mein Assistent muss noch packen.
Ralf:                    Na klar, zwei Koffer.
Rüdiger:             Einen Rucksack. Für dich. Mit dem Nötigsten. Ich komme schon alleine zurecht.
Oma:                   Also dann? (streckt die Hand aus) Oh Verzeihung. Ich reiche Ihnen die Hand.
Rüdiger:             Und ich ergreife sie. (schüttelt die Hand) Auf Wiedersehn. (Oma geht)
Ralf:                    Und nun?
Rüdiger:             Nun suchst du uns einen Flug zu den Fidschiinseln raus, der in drei Stunden losgeht.
Ralf:                    In drei Stunden ?!? Und nach Fidschi?!?!?
Rüdiger:             Ja, sehr weit weg. Ans Ende der Welt.
Ralf:                    Aber...
Rüdiger:             Wollen wir mal eins gleich klar stellen: „Aber“ ist angebracht, wenn wir Lösungswege diskutieren. Aber nicht bei jedem Schritt, den wir tun. Da tust du auch einfach mal, was ich sage. Klar?
Ralf:                    Klar.
Rüdiger:             Also los. Geh nach Hause, packe. Nicht zuviel. Eine Hose, zwei Unterhosen, zwei Paar Socken und Regensachen nicht vergessen und eine warme Jacke. Ach ja, kaufe auf dem Rückweg 2 Kilo Kohlrabi für mich ein.
Ralf:                    (seufzt) Klar.

Szene 2:              Am Rand des Meeres
Rüdiger:             Hach ist das schön hier.
Ralf:                    Sie sehen doch gar nichts.
Rüdiger:             Der Wind, die Wärme der Sonne, ich rieche die Weite und das Meer. Und du siehst sicher irgendwo ein Boot.
Ralf:                    Nur ein Schlauchboot.
Rüdiger:             Perfekt.
Ralf                     Du willst mit einem Schlauchboot aufs Meer fahren? Auf das große Meer?
Rüdiger:             Wir sollen doch nachsehen, ob Gott überall ist.
Ralf:                    Und da bringst du mich und dich in Gefahr?
Rüdiger:             Papperlapapp. Das Meer ist ruhig. Wir fahren bis zum Horizont und sehen, ob Gott da ist.
Ralf:                    So ein Blödsinn. Der Horizont  rückt doch immer weiter weg.
Rüdiger:             Vertraue mir. Ist Gott immer bei uns, lautet die Frage. Und wir schauen, ob das stimmt.
Ralf:                    Ich komme nicht mit. Ich bin doch nicht verrückt!
Rüdiger:             Doch bist du. Jeder, der Detektiv werden will, muss ein wenig verrückt sein. Er muss doch Dinge sehen können, die keiner sieht. Und das kann man nur, wenn man ungewöhnliche Wege geht. Also los.
Ralf:                    (seufzt) In Ordnung. (setzen sich in das Schlauchboot)
Rüdiger:             Und jetzt rudern.
Ralf:                    Ich?
Rüdiger:             Du. Ich löse dich nachher ab.
Ralf:                    Wer’s glaubt. (rudert eine Weile, lässt dann ein Ruder fallen) Oh!
Rüdiger:             Idiot.
Ralf:                    Wieso?
Rüdiger:             Du hast  ein Ruder fallen lassen. Ich habe es platschen gehört.
Ralf:                    Das war eine kleine Welle.
Rüdiger:             Das war ein Ruder, das in eine kleine Welle gefallen ist.
Ralf:                    Na gut, ich gebe es zu. Und nun?  Ich kann das Ruder schon nicht mehr sehen.
Rüdiger:             Ausgezeichnet. Ich wusste doch, dass es gut war, einen ungeschickten Trampel mit auf die Reise zu nehmen.
Ralf:                    Wie bitte?
Rüdiger:             Na, jetzt können wir sehen, ob wir Hilfe bekommen. Täusche ich mich oder wird der Wind stärker.
Ralf:                    (schaut hoch) Oh weiah! Ein Sturm zieht auf.
Rüdiger:             Ausgezeichnet.
Ralf:                    Wie bitte? Ich kann nicht gut schwimmen.
Rüdiger:             Wozu hast du eigentlich deine Augen?! Sind da keine Schwimmwesten im Boot?
Ralf:                    Doch. Hier. Schnell anziehen. (beide ziehen die Westen an) Der Sturm kommt!! Der Sturm... (alles schaukelt, bis das Boot kippt)
Rüdiger:             Hoppla.
Ralf:                    Hoppla?!? Wir sind im Meer. Ich kann das Boot schon nicht mehr sehen.
Rüdiger:             Aber die Schwimmwesten halten uns gut über Wasser. Und der Wind lässt auch schon wieder nach.
Ralf:                    Na, toll, und jetzt?
Möwe:                Hallo!
Rüdiger:             Hallo, Möwe. Habe doch gedacht, dass da jemand ist. Leichter Fischgeruch in der Luft.
Möwe:                Verzeihung. Habe gerade einen Fisch verspeist und mir nicht den Schnabel geputzt.
Ralf:                    Wieso spricht die Möwe mit uns?
Rüdiger:             Wieso nicht?
Ralf:                    Äh.
Möwe:                Wer seid ihr und was macht ihr hier?
Rüdiger:             Ich bin der berühmte Detektiv Rüdiger, die blinde Spürnase, das Ohr für falsche Töne, der Held der ungelösten Fälle. Das ist mein Assistent, der tramplige Ralf.
Ralf:                    Hey!
Rüdiger:             Und wie heißt du?
Möwe:                Ich bin Minni, die Möwe, zu euren Diensten. Was macht ihr hier?
Rüdiger:             Wir sollen für einen kleinen Jungen nachforschen, ob Gott uns überall sieht, egal, wohin wir gehen, auch am Ende der Welt.
Möwe:                Aha. Und dass die Erde rund ist und kein Ende in Sicht, stört euch nicht?
Rüdiger:             Nein. Für uns ist es hier schon ziemlich am Ende der Welt.
Ralf:                    So ist es. Wir sind im Wasser. Kein Land in Sicht.
Möwe:                Tja, sieht übel aus für euch.
Ralf:                    Danke für die aufmunternden Worte.
Möwe:                (zu Rüdiger) Der hat aber schlechte Laune.
Rüdiger:             Ja, das muss ich ihm noch abgewöhnen.
Ralf:                    Ihr spinnt beide! Wie soll man keine schlechte Laune bekommen in so einer Situation?
Rüdiger:             Gott hilft uns schon.
Möwe:                Na klar.
Ralf:                    Ach, und wie?
Möwe:                Naja, leider bin ich zu schwach, um euch an Land zu ziehen. Aber ich glaube,  Gott hat mich geschickt, um euch aufzumuntern.
Ralf:                    Tolle Hilfe.
Rüdiger:             Ralf! Aufmunterung sollte man nie unterschätzen. Es hilft wirklich, den Kopf nicht zu verlieren. (zur Möwe) Vielleicht hast du noch einen Witz auf Lager?
Möwe:                Fällt mir gerade keiner ein. Aber ich sehe da hinten einen großen Wal kommen. Vielleicht nimmt der euch ein Stück mit.
Ralf:                    Ein Wal? Oh, Gott, ein Wal. Oh, das ist das Ende. Mama, ich werde dich nie wiedersehn.
Möwe:                Entspann dich. Im Walbauch ist viel Platz. Ich lotse ihn mal in eure Richtung und sehe euch dann nachher.
Rüdiger:             Verbindlichsten Dank, Minni.
Möwe:                Keine Ursache.
Rüdiger:             Hach, Gott ist toll. Ich preise dich, Gott: Nähme ich Flügel der Morgenröte und flöge zum äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich halten.
Ralf:                    Keine Zeit für Gedichte, Rüdiger!
Rüdiger:             Aber immer Zeit für ein Gebet.
Ralf:                    Oh, nein, oh nein, der Wal kommt und sperrt sein Maul auf und.... Ahhhhhh.
Rüdiger:             Festhalten! Eine großartige Schussfahrt in den Magen des Wales.  (fahren)  So, da wären wir.
Ralf:                    Es ist so dunkel hier.
Rüdiger:             Das macht nichts.
Ralf:                    Dir macht es nichts. Aber ich bin das nicht gewöhnt.
Rüdiger:             Ziemlich fischiger Geruch hier. Stört meine empfindliche Nase. Sonst ist es ganz gemütlich.
Ralf:                    Gemütlich?!? Im kalten Wasser?!?!?!?
Rüdiger:             Lass uns singen.
Ralf:                    Auch das noch!  
Rüdiger:             Ja, es muntert die Seele auf, macht das Herz leichter. Wozu hat uns Gott unsere Stimmen gegeben?
Ralf:                    Um zu schimpfen? Wir hängen hier in Schwimmwesten im Bauch eines Wales! Verdammter Mist, verfluchte Kacke!
Rüdiger:             Nein, nein. Ich sitze oder stehe.. Los, ein Lied zwei drei.

Lied:                   Ich sitze oder stehe

Ralf:                    Du singst ganz schön falsch.
Rüdiger              Egal. Aber ich singe gerne.
Ralf:                    Und jetzt?
Rüdiger:             Erstmal ein kleines Gebet.
Ralf:                    Nicht schon wieder. Tu was!
Rüdiger:             Eile mit Weile, nur keine hektische Hast. Ein Gebet hilft mir Ruhe zu bewahren und einen klaren Kopf.
Ralf:                    Bist du dabei in Panik zu geraten?
Rüdiger:             Nicht wirklich. Aber du musst zugeben, unsere Lage ist reichlich schwierig. Wie kommt man nur aus einem Walbauch wieder raus?
Ralf:                    Keine Ahnung.
Rüdiger:             Ich auch nicht. Bisher. Also: Gebet! Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein. So wäre auch Finsternis nicht finster bei dir und die Nacht leuchtete wie der Tag,. Finsternis ist wie das Licht.
Ralf:                    Immer noch dunkel.
Rüdiger:             Aber ich habe einen Geistesblitz bekommen.
Ralf:                    Wer’s glaubt.
Rüdiger:             Der Wal pustet doch oben Wasser raus. Da müssen wir nur die Stelle finden, ihn kitzeln, dass er es macht und schon sind wird draußen. Ich glaube, jetzt kommt mein super Tastsinn zum Einsatz.
Ralf:                    Und damit machst du... was?
Rüdiger:             Ich muss nur die Stelle im Walbauch finden. Und du bist unbrauchbar, wenn du deine Augen nicht einsetzen kannst.
Ralf:                    Herzlichen Dank!
Fisch:                 Hallo, Leute. Wollt ihr raus?
Rüdiger:             Ja, gerne.
Fisch:                 Ich auch. Aber ich komme nicht an die Stelle ran, wo man den Pustmechanismus in Gang setzen kann und weiß nicht, ob ich mich dann an der Stelle halten kann und nicht weggespült werde von dem Druck.
Ralf:                    Na super. Jetzt reden schon die Fische mit uns. Du bist doch ein Fisch, du Wesen in der Finsternis, das ich nicht sehen kann?
Fisch:                 Heinz, der Dorsch ist mein Name, du blindes Huhn.
Ralf:                    Ich bin nicht blind! Ich bin nur am falschen Ort zur falschen Zeit! Und warum?!?!
Rüdiger:             Still, Ralf! Kein Zeitpunkt zum Jammern. Also, Heinz, wenn du uns zeigst, wo das ist, drücken wir und halten dich fest, bis wir draußen sind.
Fisch:                 Ihr müsst mich dann aber sofort wieder ins Wasser lassen und nicht etwa essen.
Ralf:                    Keine Sorge, das übernimmt schon die Möwe, die oben auf uns wartet.
Fisch:                 Möwe?!? Nein danke. Macht’s gut. (taucht weg)
Rüdiger.             Du bist wirklich ein seltener Trottel! Da schickt uns Gott Hilfe und du versaust es.
Ralf:                    Na, wenn Gott immer hilft, dann wird er sich eben was Neues ausdenken.
Rüdiger:             Nein, nicht unbedingt. Gott ist kein Automat, in den man Geld reinsteckt und dann spuckt er immer etwas aus. Er will, dass wir auf ihn hören, aber handeln müssen wir schon auch selber. Er zeigt uns einen Weg, aber gehen müssen wir ihn immer noch selber.
Ralf:                    Ich will keine Predigt hören, ich will hier raus!!! Maaammma! Hiiiilfe!!!
Rüdiger:             Mama kann dir jetzt nicht helfen.
Fisch:                 (taucht wieder auf) Was schreit der so?
Rüdiger:             Er hat Angst.
Fisch:                 Dann versteht er mich ja wohl in meiner Angst vor der Möwe?
Ralf:                    Ja, tue ich und es tut mir leid und ich werde persönlich dafür sorgen, dass dich die Möwe nicht frisst. Aber bitte, bitte, hilf uns.
Fisch:                 Na, das klingt ja schon ganz anders. Also gut. Hier entlang. (die zwei paddeln hinter ihm her, zu Rüdiger)  Nimm mich jetzt in den Arm. Jetzt hier drücken, schnell. Ich muss gleich wieder ins Wasser.
Rüdiger:             Moment, ich muss noch etwas fühlen. Ahh, hier! Auf geht’s! (drückt)
Ralf:                    Aaaaahhhh! (hält die Hände nach oben) Wir fliiiiiiegen. Und faalllen.
Rüdiger:             „Platsch“, sagt man da wohl.
Möwe:                Ach, da seid ihr ja. Oh, und ihr habt mir einen Fisch mitgebracht? Wie aufmerksam.
Ralf:                    Der Fisch ist nicht für dich. Der hat uns gerettet.
Möwe:                Papperlapapp! Ich habe euch gerettet.
Rüdiger:             Gott hat uns gerettet und der Fisch kommt ins Wasser. Hier (lässt den Fisch los, der schwimmt weg, Rüdiger ruft ihm nach)  Danke auch!
Fisch:                 (ruft zurück) Keine Ursache.
Möwe:                Hm. Ich bin zwar etwas irritiert, um nicht zu sagen, enttäuscht, aber ich will mal nicht so sein und euch noch einen Tipp geben, wie ihr an Land kommt.
Rüdiger:             Das ist zu aufmerksam von dir, wirklich, wir wissen es zu schätzen.
Ralf:                    Und der Tipp?
Möwe:                Tut gar nichts. Entspannt.
Ralf:                    Na toll.
Möwe:                Lasst euch einfach von der Strömung treiben. Spürt ihr sie? Die führt euch direkt an den Strand.
Rüdiger:             Danke vielmals!
Ralf:                    Ja, äh, danke.
Möwe:                Na, dann will ich mal. Muss noch Futter ranschaffen. Wäre einfacher gewesen, wenn ihr mir den Fisch überlassen hättet, aber ich finde schon noch einen.
Ralf:                    Willst du uns nicht begleiten?
Möwe:                Ihr schafft das schon. Ciao, man sieht sich.
Rüdiger:             Ciao und vielen Dank!
Möwe:                Keine Ursache.
Ralf:                    Und jetzt?
Rüdiger:             Jetzt lassen wir uns treiben und singen ein Lied.
Ralf:                    Nicht schon wieder!
Rüdiger:             Aber sicher doch: ich lobe meinen Gott der aus der Tiefe mich holt. Passend, oder?
Ralf:                    Meinetwegen.

Lied:                   Ich lobe meinen Gott

Ralf:                    Strand, ich sehe Strand.
Rüdiger:             Na also. (setzt sich an den Strand, holt sein Handy aus einer Tüte raus) Gott sei Dank habe ich an eine wasserfeste Verpackung gedacht.
Ralf:                    Was machst du da?
Rüdiger:             Ich schreibe erstmal eine SMS an Paul.
Ralf:                    Ich habe Hunger.
Rüdiger:             Dann such etwas zu essen. Ich rieche Obst. Und tatsächlich auch einen leichten Hauch von Kohlrabi. Meinen habe ich leider verloren.
Ralf:                    Ich gehe schon. (Rüdiger tippt)

Szene 3:              Bei Oma und Paul
Paul:                   Oh, eine SMS.
Oma:                   Wirklich? Ich dachte schon, wir hören gar nichts. Was schreibt er?
Paul:                   (liest) Oh! Au Mann, du liebe Zeit! Au Backe! Toll! Hier lies selber.
Oma:                   (liest) Oh!  Au Mann, du liebe Zeit! Au Backe! Toll!
Paul:                   Ich glaube nun schon, dass Gott irgendwie da ist und uns hilft, Auswege zu finden und zu gehen. Aber eine Frage bleibt noch: Ist Gott auch da, wenn wir tot sind?
Oma:                   Gönn den beiden doch mal eine Pause.
Paul:                   Aber ich kann so nicht schlafen, ich muss das wissen. Wer weiß, ob ich aufwache, wer weiß...
Oma:                   Schluss jetzt.
Paul:                   Nein. Das kriegen die noch hin. Sonst...
Oma:                   Sonst?
Paul:                   Ich sage nur: Monopoly.
Oma:                   Also gut. Schreibe ihnen. (Paul tippt)

Szene 4:              Am Strand
Ralf:                    (kommt wieder mit Kohlrabi und Bananen) Hier, alles gefunden.  Du hast einen guten Riecher.
Rüdiger:             Danke. (nimmt den Kohlrabi) Großartig!! (essen) Oh! (schaut auf sein Handy) Paul schreibt: Klingt gut. Danke für tolle Nachricht. Aber was ist mit den Toten? Ist Gott auch da, wenn ich tot bin? Muss es heute noch wissen. Küsschen, Paul.
Ralf:                    Küsschen? Ein herzloser Balg ist das. Jetzt ist Feierabend. Und ich sterbe nicht, damit so ein verwöhnter Bengel weiß, ob Gott da ist. Kann ich ihm dann ja auch gar nicht mehr sagen.
Rüdiger:             Ralf, ein guter Detektiv muss auch manchmal  einfach nur seinen Kopf anstrengen.
Ralf:                    Aha?
Rüdiger:             Und nachdenken.
Ralf:                    So, so
Rüdiger:             Wir haben folgendes Problem. Er will wissen, ob Gott im Tod da ist. Wir sind aber nicht tot und haben auch nicht die Absicht es zu werden, nur um den Auftrag zu erfüllen, korrekt?
Ralf:                    Sehr korrekt.
Rüdiger:             Was tun wir also... hmmm.
Inselfrau:           (kommt)  Da fragt man Menschen, die was davon verstehen.
Rüdiger:             Oh, was für eine schöne Frau.
Ralf:                    Wie willst du das sehen?
Rüdiger:             Ihre Stimme, ihr Gang, ihre Bewegungen, die ich höre.
Ralf:                    Hm.
Mathilde:           Ich bin die Inselfrau Mathilde. Und ich glaube, ich kann euch bei eurem Problem helfen.
Rüdiger:             Das ist wunderbar. Wir sollen für einen Jungen untersuchen, ob Gott immer da ist, auch am Ende der Welt. Das haben wir gecheckt und die Antwort ist „Ja“. Aber im Tod? Kannst du uns da weiter helfen?
Mathilde:           Ja, ich bin immer dabei, wenn Menschen sterben und wenn sie geboren werden.
Ralf:                    Ihhh.
Mathilde:           Ihh? Nein, großartig. Ein Baby wird geboren und ich helfe ihm auf den Weg und begrüße einen neuen Edelstein, einzigartig, einmalig wie jeder Mensch.
Ralf:                    Wieso bist du dabei?
Rüdiger:             Meine Güte, bis du Detektiv wirst, wird es noch dauern. Sie sind Hebamme, richtig?
Mathilde:           Richtig. Und wenn Menschen sterben, holt mich die Familie.
Ralf:                    Als Klageweib?
Rüdiger:             Ralf! Denk logisch.
Mathilde:           Als Leichenwäscherin.
Ralf:                    Iiiiiiihhhhh!
Mathilde:           Iih? Nein, großartig. Ein Mensch geht aus dem Leben, da bin ich meistens noch dabei und es ist ein solcher Friede in dem Moment, dass ich weiß, ganz genau, dass Gott da ist und bei dem Menschen bleibt.
Ralf:                    Na, ob das Paul zufriedenstellen wird.
Rüdiger:             Nicht, wenn wir es ihm sagen, aber wenn es die wunderbare Mathilde macht... Hm. Dürften wir dich filmen und Paul dann den Film schicken?
Mathilde:           Natürlich, ich fühle mich geehrt. Ich singe und tanze ihm mein Lebenslied und den Rest schreibt ihr ihm.
Rüdiger:             Wunderbar. Moment. Ich tippe die Fakten... Hebamme..... Leichenwäscherin... Inselfrau.... Frieden.... So. Es kann losgehen.
Mathilde:           Ich bin bereit.

Tanz zu Psalm 139
Psalm 139 (gekürzt) mit Musik (Frau Bartling tanzt)
Leser:                  Gott, du erforschest mich und kennest mich.
Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.
Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.
Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.
Das ist mir zu wunderlich und zu hoch: Ich kann es nicht fassen.
Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.
Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer,
so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.
Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein –, so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.
Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe.
Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.
Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz;
Verstehe mich und begreife, was ich denke!
Schau doch, ob ich auf einem falschen Weg bin!
Und führe mich auf den Weg, der Zukunft hat!

Ralf:                    Oh, das war aber schön.
Inselfrau:           Danke sehr.
Ralf:                    Ich fühle mich so sicher und habe gar keine Angst mehr. Gott wird schon da sein und auch wenn ich nicht weiß, wie der Tod ist, weiß ich in meinem Herzen, Gott ist immer da und lässt mich nicht alleine. (schaut zu Rüdiger) Sag mal, filmst du mich?
Rüdiger:             Na klar. Das fehlte noch nach dem tollen Vertrauenslied. Die Aussage eines unsensiblen, ungeschickten, immer kritischen Menschen. Das wird Paul überzeugen. (klickt) So, abgeschickt.
Ralf:                    Aber ich will nicht, dass das veröffentlicht wird. Das wäre mir peinlich.
Rüdiger:             Keine Sorge, oh. Noch eine Nachricht. Ah, von Oma. Sie schreibt: Sind tief gerührt von eurer Geschichte und der Inselfrau Mathilda. Und Paul ist bereit, ins Bett zu gehen. Endlich! Ich danke euch sehr. Paul hat noch eine Frage, aber die bekommt ihr erst morgen. Herzlichen Dank für alles, Oma Neumann.
Ralf:                    Ich bin sowas von fertig.
Inselfrau:           Ihr könnt zu mir kommen, wenn ihr wollt.
Ralf:                    Ich lege mich aber nicht in einen Sarg schlafen.
Inselfrau:           Nein, ich habe ein paar Hängematten und einen Eintopf auf dem Herd.
Rüdiger:             Verbindlichsten Dank. Wenn Sie mir den Weg zeigen, komme ich gerne mit. Ralf kann ja am Strand bleiben.
Ralf:                    Nein, nein. Ich komme mit. Danke. (zu den Kindern) Bis morgen!


Tag 2:               Sieht Gott mich und hilft er auch, wenn andere mir Schwierigkeiten machen und ich in Not bin ?

Szene 1               Aufbruch von der Insel
Rüdiger:             Guten Morgen, guten Morgen. (stolpert über Ralf, der in eine Decke eingerollt am Boden liegt)  Hoppla.
Ralf:                    Manno! Kannst du nicht aufpassen?
Rüdiger:             Falls du es vergessen haben solltest: Ich bin blind und du liegst im Weg rum.
Ralf:                    (richtet sich auf, schaut ihn an) Weißt du, manchmal vergesse ich es tatsächlich. Du benimmst dich so normal und...
Rüdiger:             Und du siehst ein, dass ich recht hatte, als ich sagte, ich kann alles, außer sehen.
Ralf:                    Ja, ja.
Mathilde:           (bringt  Tassen)  Kaffee?
Rüdiger:             Sehr gerne! (setzen sich trinken)
Mathilde:           Was Neues von Paul?
Rüdiger:             (holt sein Handy raus, fühlt über die Tasten) Oh ja, der kleine Racker hat schon ausgeschlafen. Hm, aha, interessant, nun ja.
Ralf:                    Darf man erfahren, was er schreibt?
Rüdiger:             Aber sicher. Also: „Liebe Detektive, ich habe toll geschlafen und bin glücklich, dass Gott immer ein Auge auf mich hat und mir hilft. So habe ich heute morgen ganz verzweifelt in der Küche  gestanden, weil Oma sich ein neues Versteck für ihre Pralinen ausgesucht hat und ich konnte und konnte es nicht finden. Aber als ich einen Moment ruhig dastand, hat Gott meinen Blick auf eine Schranktür gelenkt. Und da waren sie.“
(schaut auf) Arme Oma. Weiter:
„Also danke für euren Einsatz.
Jetzt habe ich noch eine Frage: Ihr habt geschrieben, dass Gott uns Wege anbietet und wir müssen sie gehen. Aber was ist, wenn andere Menschen verhindern, dass ich meinen Weg gehe. Also, wenn nicht ein Sturm oder irgendwas in der Natur mir ein Problem macht, sondern weil ein anderer fies zu mir ist und mich z.B. in die Wüste schickt.“
Ralf:                    Will der etwa, dass wir jetzt in die Wüste gehen?
Rüdiger              Sieht so aus. Er schreibt: „Ich weiß, die Frage ist so ähnlich wie gestern, aber ich muss es noch etwas sicherer wissen, dass Gott ein Auge auf mich hat und auch vor der Bosheit von anderen in Schutz nimmt. Also versucht es doch mal mit der Wüste. Ich warte auf Nachricht. Oma auch, weil sie sonst mit mir die ganze Nacht Monopoly spielen muss. Küsschen, Paul.“
Ralf:                    Der Junge nervt.
Mathilde:           Ich finde es toll, wenn ein Kind solche Fragen stellt.
Rüdiger:             Ich auch. Ach, noch eine SMS. Von Oma dieses Mal. Sie schreibt: Ich weiß, es ist eine Zumutung. Aber bitte erfüllt seinen Wunsch mit der Wüste und vergesst ja nicht, genügend Wasser mitzunehmen. Gruß, Oma.
Mathilde:           Die arme Frau scheint ganz schön gestresst zu sein.
Ralf:                    Ähem, wie kommen wir jetzt eigentlich von hier weg.
Mathilde:           Kein Problem. Wir haben Boote. Und (zeigt in die Ferne) Da hinten ist Festland und soviel Wüste, wie ihr euch nur wünschen könnt.
Rüdiger:             Großartig.
Mathilde:           Ich fahre euch rüber.
Ralf:                    Ich kann rudern.
Mathilde:           Danke, Schätzchen. Aber spare deine Kräfte. Ich bin das gewöhnt.
Rüdiger:             Danke, Mathilde, danke für alles.
Mathilde:           Hab ich gern gemacht. Nun los. (Boot, alle fahren rüber)
Rüdiger:             Zeit für ein Lied.
Ralf:                    Blamier uns nicht, Rüdiger.
Mathilde:           Ich habe gerne Musik beim Rudern.
Rüdiger:             Also. Was geht. Das passt.

Lied:                   Was geht.

Mathilde:           (am anderen Ufer) Das war aber schön. So, wir sind da. Hier, noch eine Wasserflasche.
Ralf:                    Danke. Du denkst auch an alles.
Mathilde:           Machen wir’s kurz. Ich mag keine Abschiede. Passt auf euch auf.
Rüdiger:             Du auch auf dich.
Mathilde:           Ciao. (rudert weg.)
Ralf/Rüd.:          Ciao!

Szene 2               Schwierige Familienverhältnisse
Ralf:                    Und jetzt?
Rüdiger:             Der Wind trägt mir Stimmen zu. Und meine Nase riecht ein Holzfeuer. Das kommt aus der Richtung (zeigt).
Ralf:                    Ich sehe nur Wüste. Und höre und rieche gar nichts.
Rüdiger:             Schade, dass bei euch Nicht-Blinden die Nase und das Ohr so verkümmern.
Ralf:                    Bei mir ist gar nichts verkümmert!!
Rüdiger:             Schon gut! Gib mir deinen Arm. Wir laufen jetzt mal in die Richtung los.
Ralf:                    Mitten in die Wüste rein?
Rüdiger:             Komm. Gott geht mit.
Ralf:                    Auf deine Verantwortung. (gehen los)  Ahh, da sind Zelte.
Rüdiger:             Siehst du. Wir gehen mal näher ran. (stellen sich neben eine Trennwand. Drinnen stehen Sara und Hagar mit Ismael)
Hagar:                Du bist eine eifersüchtige Hexe, Sara.
Sara:                   Jetzt reicht es mir, Hagar. Du bist die Nebenfrau meines Mannes Abraham. In Ordnung. Du hast für ihn ein Kind bekommen, als ich dachte, ich kann kein eigenes kriegen. Ok. Aber jetzt habe ich eines, meinen Isaak, und mir passt es nicht, dass du hier bist und dich als Frau Abrahams aufspielst.
Ralf:                    (leise zu Rüdiger) Darf der hier zwei Frauen haben?
Rüdiger:             Andere Länder, andere Sitten. Sei still. Ich will zuhören. Das Beben in der Stimme Saras verheißt nichts Gutes.
Hagar:                Was willst du tun? Mich in die Wüste schicken wie schon einmal? Mit meinem Kind? Du kannst nicht so herzlos sein.
Sara:                   Ich kann alles sein, was ich will. Hier bin ich die Herrin! Und du gehst!! Mir egal wohin, aber du gehst und deinen Balg nimmst du mit.
Ismael:               Komm. Mama, wir gehen. Etwas Besseres als das Leben hier finden wir überall.
Hagar:                Mein Sohn, mein Söhnchen. Hier ist überall Wüste. Wir werden verdursten und verhungern.
Sara:                   Glaube ich nicht. So jemand wie du fällt immer wieder auf die Füße.
Hagar:                Ich werde Abraham alles sagen.
Sara:                   Mach nur. Aber ich habe alles mit Abraham besprochen und er will in Frieden leben. Er will auch, dass du gehst. Und ist glücklich über Isaak. Isaak wird ein neues Volk gründen. Und ich bin die Stammmutter, nicht du.
Hagar:                Eine schöne Stammmutter. Eine fiese, alte, verbiesterte Schlange bist du.
Sara:                   Das reicht. (schreit) Raus, auf der Stelle, raus hier!!!!  Nimm das Bündel hier!  Da ist das Nötigste drin und raus!!  Du bist meine Magd und ich kann mit dir machen, was ich will, also: Verpiss dich!!!!
Ralf:                    Ausdrücke haben die hier.
Rüdiger:             Still, Hagar kommt.
Hagar:                (kommt mit Ismael an der Hand raus und geht, schluchzend) Komm, mein Junge.
Ismael:               Nicht weinen, Mama. Es wird alles gut. Die kann so böse sein, wie sie will, es wird alles gut.
Hagar:                Ich weiß nicht wie, aber jetzt gehen wir erst einmal. Bleibt uns nichts Weiteres übrig.
Rüdiger:             Wir gehen hinterher. Los. (gehen eine Weile hinter den beiden her.)
Ralf:                    Jetzt sind wir schon einen Tag unterwegs, Rüdiger. Ich kann nicht mehr. Es ist so heiß. Haben wir noch Wasser?
Rüdiger:             (reicht ihm die Wasserflasche) Hier.
Ralf:                    Nur noch ganz wenig drin. Für dich und für mich ein Schluck.
Rüdiger:             Dann sollten wir bald Wasser finden. Was machen die beiden?
Ralf:                    Hagar setzt sich mit Ismael. Da ist ein Strauch mit etwas Schatten.
Rüdiger:             Lass uns in Hörweite herangehen. (tun es)
Ismael:               Mama, ich habe solchen Durst. Meine Zunge klebt im Mund. Ich bin ganz schwach.
Ralf:                    Ich weiß genau, wie er sich fühlt.
Rüdiger:             Still.
Hagar:                Ich kann es nicht mitansehen, ich kann es nicht mitansehen.
Ismael. Du legst dich hier hin. Ich schaue mal, ob ich etwas finde. (geht)
Ismael:               Mama! Mamaaaa! Lass mich nicht alleine.
Hagar:                (geht weiter weg, wirft sich auf die Erde)
Oh, Gott, lass meinen Sohn schnell und ohne Qual sterben. Und mich auch. Ich kann es nicht mitansehen. Was habe ich noch vom Leben, was soll ich hier noch?!? Wir haben keine Zukunft hier in der Wüste.
Ralf:                    Ich kann sie gut verstehen. Am besten wir legen uns gleich daneben.
Rüdiger:             Moment. SMS von Paul: „Na, wie geht es voran?“
Ralf:                    Gib her! (nimmt das Handy und tippt) Wegen deiner dämlichen Fragen sind wir schon wieder in Gefahr. Wir sind mitten in der Wüste und kurz vorm Verdursten. Wenn du also nichts mehr von uns hörst, such unsere Gebeine in der Wüste. Ralf.“
Rüdiger:             Hast du das etwa geschickt?
Ralf:                    Ja.
Rüdiger:             Man soll Kindern kein schlechtes Gewissen machen.
Ralf:                    Der hat ein dickes Fell, glaub mir.
Da! Er schreibt: „Ausgezeichnet. Ich bin gespannt, wie Gott euch da rausholt. Küsschen, Paul.
Rüdiger:             Süß.
Ralf:                    Wie ich das nenne, kann ich gar nicht sagen.
Rüdiger:             Was macht Hagar jetzt?
Ralf:                    Weinen. Weißt du, Rüdiger, sie ist sehr schön. Weiches Haar, wunderschönes Gesicht.
Rüdiger:             Verliebt?
Ralf:                    Na hör mal, natürlich nicht, wieso auch. Käme mir nicht in den Sinn.
Rüdiger:             Du bist verliebt, ich höre das am Beben in deiner Stimme. Na sowas, der kleine Praktikant Ralf, verliebt in eine wilde Wüstentochter.
Ralf:                    Hör auf, du Idiot. Falls es dir entgangen sein sollte: Wir stehen kurz vor dem Tod.
Brillenschlange: Hallo die Herren, ein Problem? Gibt es ein Problem?
Rüdiger:             Habe ich doch gedacht, dass wir nicht alleine sind.
Du bist eine Schlange?
Ralf:                    Wie konntest du das hören?
Rüdiger:             An der Reibung auf dem Sand. Wie heißt du?
Trudi:                 Trudi, die Brillenschlange, weitsichtig, klug und ein bisschen gefährlich.
Rüdiger:             Trudi. Ein schöner Name. Aber ungewöhnlich für diese Gegend.  
Trudi:                 Trudi heiße ich, weil Mama Trudella hieß.
Ralf:                    Aha.
Trudi:                 Und wer seid ihr?
Rüdiger:             Ralf, der trampelige Assistent und ich, der berühmte Detektiv Rüdiger,
Trudi:                 Aha.  Was sucht ihr hier?
Ralf:                    Anworten.
Trudi:                 Sehr gesprächig. Naja, geht mich ja auch nichts an. Also: Wie kann ich euch helfen?
Rüdiger:             Wir haben hier alle ein Wasserproblem.
Trudi:                 Habt ihr keine Nasen?
Ralf:                    Natürlich.
Trudi:                 Dann müsst ihr es doch riechen, wie ich.
Rüdiger:             Ich dachte schon die ganze Zeit, ich rieche Wasser, aber ich dachte es wäre Einbildung, ein Riechmorgana.
Ralf:                    Ich rieche nichts.
Trudi:                 Tja, Blinde sind eben vielseitig begabt.
Ralf:                    Woher weißt du, dass er blind ist?
Trudi:                 Das erkennt doch jeder Idiot auf den ersten Blick.
Ralf:                    Du bist nur eine Schlange auf dem Boden. Du kannst doch gar nicht richtig sehen.
Trudi:                 Willst du mich beleidigen?
Ralf:                    Nein.
Trudi:                 Hältst du mich für blind?
Ralf:                    Nicht doch.
Trudi:                 Ich kann beißen, weißt du?
Ralf:                    Nicht nötig.
Rüdiger:             Trudi, keiner will dich beleidigen. Und du kannst die Wassersuche sicher beschleunigen, wenn du uns den Weg zeigst.
Trudi:                 Mache ich gerne.
Ralf:                    Und Hagar? Wir können sie doch nicht hier einfach liegen lassen. Und ihr Sohn verdurstet auch.
Rüdiger:             Er ist verliebt.
Ralf:                    Bin ich nicht!
Rüdiger:             Ich habe erstmal Durst und muss trinken, dann kümmern wir uns um Hagar und bringen ihr Wasser.
Trudi:                 Folgt mir. (gehen, kommen zu Wasser)
Ralf:                    Oh, wunderbar. (trinkt) Oh ich lebe, und werde weiterleben.
Trudi:                 Na und? Nichts Besonderes.
Rüdiger:             Wunderbares Nass. Oh Herr, mein Gott, du bist der Lebendige, der uns sieht und hilft.
Trudi:                 Zu wem redet der?
Ralf:                    Zu Gott.
Trudi:                 Gott? Nie gehört. Ein Luftwesen?
Ralf:                    Naja...
Trudi:                 Egal. Also, ich will euch ja nicht zur Eile drängen, aber ich habe schon weißen Schaum vor Hagars Mund gesehen. Bei allem, was ich von Menschen weiß, der Anfang vom Ende.
Ralf:                    Rüdiger, Rüdiger, wir müssen uns beeilen!
Trudi:                 Ja, solltet ihr. Meine Feinde, die Wüstengeier, haben schon einen Frischfleischaufruf gestartet. Bald sind sie hier.
Rüdiger:             Das klingt unangenehm. Los. Gehen wir zu Hagar.
Trudi:                 Ich komme mit.
Ralf:                    Nicht nötig. Schaffen wir alleine.
Trudi:                 Willst du mich beleidigen?
Ralf:                    Nein.
Trudi:                 Hältst du mich für nutzlos?
Ralf:                    Nicht doch.
Trudi:                 Ich kann beißen, weißt du?
Ralf:                    Weiß ich.
Rüdiger:             Hört auf zu zanken. Los jetzt. Ralf, Arm! (gehen zu Hagar)
Gnädigste?
Hagar:                (schreckt hoch) Wer seid ihr, was wollt ihr? Ich habe nichts. Lasst mich in Frieden sterben.
Ralf:                    (zu Trudi) Sie hat keinen Schaum vor dem Mund.
Trudi:                 Aber fast.
Rüdiger:             Ruhe ihr beiden. Hier, Hagar, Wasser.
Hagar:                Ein Engel, du bist ein Engel. Gott hat dich zu mir geschickt. Ich weiß es.
Ralf:                    Nicht doch. Wir sind ganz normale Menschen. Männer, meine ich, ich meine, meine ich, ähhh.
Trudi:                 Er ist verliebt.
Rüdiger:             Sag ich doch.
Hagar:                Ich verstehe gar nichts.
Rüdiger:             Ich bin der berühmte Detektiv Rüdiger, die blinde Spürnase, das Ohr für falsche Töne, der Held der ungelösten Fälle.
Hagar:                Und der? (zeigt auf Ralf)
Rüdiger:             Nicht weiter wichtig.
Ralf:                    Hey!!
Rüdiger:             (winkt ab) Sollen wir dir den Brunnen zeigen? Dann kannst du auch deinem Sohn zu trinken geben.
Hagar:                Brunnen?!? Wasser?!?! Ismael! Schnell, mein Kind ist vielleicht schon tot.
Trudi:                 Nein, aber vielleicht habe ich schon weißen Schaum vor seinem Mund gesehen.
Hagar:                Oh, Gott, dann wäre es zu spät, oh Gott nein, mein Kind.
Rüdiger:             Trudi! Hör auf, die Menschen in Panik zu versetzen. Los jetzt. (gehen alle zum Brunnen, Rüdiger holt Handy raus und filmt)
Hagar:                (trinkt) Oh, mein Gott, lebendiger Schöpfer, du hast mich gerettet und mir deinen Engel geschickt. Auch in großer Not siehst du mich kleine unwürdige Frau, Sklavin, Magd, verfolgt von Sara, ihrer Herrin. Du bist bei denen, die Bosheit erfahren und Gewalt und hilfst ihnen hoch. Ich nenne den Brunnen hier Beer-Lahai-Roï.
Ralf:                    Wie bitte?
Hagar:                „Brunnen des lebendigen Gottes, der mich sieht“.
Trudi:                 Diese Beterei geht mir auf die Nerven.
Rüdiger:             Beten ist wichtig, Trudi. Nur so behält man einen klaren Kopf und bekommt Kraft zum Weitergehen, auch in der Dunkelheit.
Ralf:                    Rüdiger, es reicht.
Trudi:                 Finde ich auch. (stupst Hagar an) Hey, du hast einen Sohn, kurz vom Verdursten. Kannst du das Beten später fortsetzen?
Hagar:                Ismael!! ( Hagar rennt vor, die anderen folgen. Hagar beugt sich nieder, gibt Ismael zu trinken) Mein Kind, mein Junge, lebst du noch?
Ismael:               Klar, Mama. (trinkt) Oh, tut das gut. (richtet sich auf) Wer sind denn die da?
Hagar:                Engel.
Ralf:                    Nein, zwei Männer aus Europa.
Trudi:                 Und...?!?
Ralf:                    Und eine Schlange. Nicht so wichtig.
Trudi:                 Willst du mich beleidigen?
Ralf:                    Nein.
Trudi:                 Hältst du mich für unwichtig, mich, die ich euch den Weg zum Wasser wies?
Ralf:                    Nicht doch.
Trudi:                 Ich kann beißen, weißt du?
Ralf:                    Nicht nötig.
Rüdiger:             Ralf! Trudi!
Trudi:                 Er provoziert mich ständig.
Hagar:                Ich bin euch allen dreien sehr dankbar. Und Gott bin ich dankbar.
Rüdiger:             Ja, er ist toll, hilft uns. Hinterlässt seine lebendigen Spuren überall. Ein Grund zum Singen.
Hagar:                Du hast recht.

Lied:                   Wir haben Gottes Spuren festgestellt.

Hagar:                Das hat gut getan. Aber was tun wir jetzt? Wir haben Wasser, aber kein Essen und keine Perspektive.
Trudi:                 Keine was?
Hagar:                Na, wie soll unser Leben weitergehen ohne den Schutz von Abrahams Haus.
Rüdiger:             (schnuppert) Leichter Kamelgeruch in der Luft. Stimmen, ich höre Stimmen.
Hagar:                Oh je, das wilde Wüstenvolk. Da, da kommen sie. (In der Ferne kommt ein Trupp Reiter an. Wüstenmänner mit Kopftuch, nähern sich)
Ralf:                    Das sieht nicht gut aus, das sieht nicht gut aus.
Trudi:                 Hast du Angst?   
Ralf:                    Nein, nein.
Trudi:                 Sieht aber ganz so aus.
Ralf:                    Willst du mich beleidigen?
Trudi:                 Mal sehn.
Ralf:                    Ich kann treten, weißt du?
Rüdiger:             Ruhe!!
Hagar:                Ich habe Angst. Bei denen weiß man nie. Sehr leicht zu ärgern. Manchmal gewalttätig. Komm zu mir, Ismael. (Ismael stellt sich dicht an sie, sie legt den Arm um ihn)
Mann 1:              Salaam. (wartet auf Reaktion, lauter): Salaam! Könnt ihr nicht höflich antworten?
Hagar:                Die Männer hier kommen von ferne. Sie kennen unsere Gebräuche nicht und wissen nicht, dass Frauen nicht als erste reden dürfen.
Mann 2:              Was sind das denn für Schwächlinge?
Ralf:                    Keine Schwächlinge, mein Herr! Und wer seid ihr?
Mann 3:              Das Wüstenvolk, das noch seinen Auftrag und Herrn sucht. Allah, Gott, hat uns in die Wüste geschickt. Es heißt, hier finden wir ihn, unseren Anführer.
Ismael:               (löst sich von Hagar und tritt vor)  Die Suche könnt ihr abblasen. Ziel erreicht.
Mann 1:              Du?
Ismael:               Ich!
Hagar:                Ismael, du lästerst Gott durch übertriebenes Selbstbewusstsein.
Ismael:               Nein, Mama.
Meine Herren, ich bin der Sohn von Abraham, dem Hirten.
Von Gott versprochen worden, dann von Sara auf die Straße gesetzt mit Mutter Hagar.
Dazu bestimmt in der Wüste zu leben nach Gottes Willen.
Ralf:                    (zu Rüdiger) Was redet der da?
Rüdiger:             Halt die Klappe. Du erlebst hier gerade einen wichtigen Moment in der Menschheitsgeschichte.
Ismael:               Ich hoffe, dass wir in Frieden mit den Völkern der Schafzüchter und Bauern leben werden. Aber unser Ort ist die Wüste und die Freiheit.
Mann 2:              Er ist es. Er ist es!! Oh, Ismael, unser Herr. Los, Männer. (alle knien)
Mann 3:              Lebe mit uns und deiner verehrten und mutigen Mutter Hagar.
Ralf:                    (leise) Nein.
Trudi:                 Komm schon, Ralf, daraus wäre nichts geworden. Sie ist eine Tochter der Wüste.
Ralf:                    (weinerlich) Hagar.
Rüdiger:             Hagar, ich beglückwünsche dich und Ismael, Gott sei mit dir.
Ismael:               Danke, edler Herr. Sei mein Gast für heute Nacht. Ich denke, wir können unsere Retter bewirten?
Mann 1:              Natürlich. Die Gastfreundschaft ist uns heilig. Und euren Rettern ist sie sicher. Kommt.
Trudi:                 Und ich?
Hagar:                Du natürlich auch. Ich würde mich freuen, wenn du bei mir bleibst.
Trudi:                 Ohhhh, wirklich?
Ralf:                    Ich wusste es, du bist in sie verliebt.
Trudi:                 Gar nicht wahr. Ich schätze sie.
Ralf:                    Wer’s glaubt.
Trudi:                 Willst du mich beleidigen?
Ralf:                    Nein.
Trudi:                 Hältst du mich für unfähig, Freundschaft zu leben?
Ralf:                    Nicht doch.
Trudi:                 Ich kann beißen, weißt du?
Ralf:                    Nicht nötig.
Rüdiger:             Ralf! Trudi! Los jetzt. (alle gehen, ein Feuer wird gemacht, alle setzen sich, bekommen Brot.)
                            Entschuldigen Sie, haben Sie zufällig Kohlrabi?
Mann 1:              Kohlrabi? Nie gehört.
Ismael:               Gebt unserem Gast von den Früchten des Landes!
Mann 2:              Sehr wohl, Herr. Hier Datteln.
Rüdiger:             (probiert) Köstlich!
Ralf:                    Matschig.
Trudi:                 Banause!
Ralf:                    Allesfresserin.
Trudi:                 Willst du damit sagen....
Rüdiger:             Es reicht, Trudi, es reicht. Hier, nimm noch eine Dattel. Und ich schicke eine SMS an Paul. Gott sei gedankt für den großartigen Internetempfang in jeder Lebenslage.           


Szene 3:              Bei Paul und Oma

Paul:                   Oma, eine SMS!! Sie haben die Wüste überlebt. Und erlebt, wie Gott eine Frau vor der Bosheit einer anderen gerettet hat.
Oma:                   Na Gott sei Dank. Ich hatte schon ein ganz schlechtes Gewissen, dass ich ihnen diesen Auftrag gegeben habe.
Paul:                   Schau mal. Ein Film. (beide beugen sich über das Handy)  Oh, ist das eine schöne Frau, wunderbar.
Oma:                   Verliebt?
Paul:                   Nicht doch.
Oma:                   Siehst du, nun weißt du, dass Gott auch bei Bosheit da ist.
 Übrigens: Sara hat sich da nicht so toll benommen, klar, aber aus der Bibel weiß ich, dass sie wirklich die Mutter eines Volkes wurde, durch ihren Sohn Isaak und eigentlich eine tolle und mutige Frau war.
Paul:                   Aha?
Oma:                   Ja, sie ist, als sie schon alt war mit Abraham aufgebrochen, weil Gott ihnen Land und ein Kind und ein großes Volk verheißen hat und musste dann noch mal 10-20 Jahre auf die Erfüllung dieser Verheißung warten. Da kann man schon mal grantig werden.
Paul:                   Wie kommt es, dass die Detektive eine Geschichte aus der Bibel erleben, die schon lange her ist?
Oma:                   Vielleicht will Gott, dass sie nicht in Vergessenheit geraten und sie eignen sich ja auch gut für deine  Fragen.
Paul:                   Hm. Oma?
Oma:                   Ja?
Paul:                   Viele Menschen streiten sich doch immer wieder, oder?
Oma:                   Ja.
Paul:                   Kann da Gott nichts machen, dass sie sich vertragen? Ist Gott bei schlimmen Streitigkeiten dabei? Sieht er Wege, wie die Menschen wieder lieb miteinander sind und zeigt sie ihnen?
Oma:                   Sag nicht, dass das deine nächste Frage ist?! Wir können die beiden doch nicht endlos durch die Welt scheuchen.
Paul:                   Nicht endlos. Bitte, noch diese eine Frage.
Oma:                   Also gut. Schick die SMS los. Aber erst morgen früh. Lass ihnen Zeit zum Feiern beim Wüstenvolk.
Paul:                   Na gut.
Oma:                   Und geh jetzt schlafen.
Paul:                   Kein...?
Oma:                   Kein Monopoly, du kleine Nervensäge. (gibt ihm einen Kuss und schickt ihn ins Bett. Paul geht) Wo das nur enden wird, mein Gott?

Tag 3:                                 Wir sehen soviel Streit. Sieht Gott das und wenn ja, tut er nichts?

Rüdiger:             (weckt Ralf) Komm, wir gehen, lass die anderen schlafen.
Ralf:                    Aber ich muss mich noch von Hagar verabschieden.
Rüdiger:             Nein, es ist besser einfach zu verschwinden. Wir gehören nicht in diese Geschichte. Reiß dich los, komm. Wir gehen zurück in Richtung Meer und sehen weiter. Keine Sorge, ich habe mir die Richtung gemerkt.
Ralf:                    Na gut. (gehen los) Keine Nachricht von Paul? Ich hoffe, wir dürfen langsam zurückkommen. Es reicht.
Rüdiger:             Mensch, habe ganz vergessen nachzuschauen. Ah, ja, da ist was gekommen.
Ralf:                    Eine neue Frage?
Rüdiger:             Eine neue Frage. Er schreibt: Lieber Rüdiger, lieber Ralf.
Ralf:                    Er wird höflich. Wurde auch Zeit.
Rüdiger:             Entspann dich. Also, weiter: „Viele Menschen streiten sich doch immer wieder. Kann da Gott nichts machen, dass sie sich vertragen? Ist Gott bei schlimmen Streitigkeiten dabei? Sieht er Wege, wie die Menschen wieder lieb miteinander sind und zeigt sie ihnen?
Ralf:                    Meine Güte, wie sollen wir das denn herauskriegen?
Rüdiger:             Mal sehn, was er sich denkt. Also: „Ihr seid doch in einer Gegend, wo Menschen sich öfter streiten.“
Ralf:                    Gibt es eine Gegend in der Welt, wo Menschen das nicht tun?
Rüdiger:             Vermutlich nicht. Weiter: „Könnt ihr nicht sehen, ob ihr da etwas findet und mir Bescheid geben? Es muss aber ein richtiger, handfester, jahrelanger Streit sein mit viel Wut und Enttäuschung.
Ralf:                    Sonst noch was?
Rüdiger:             Nein. Nur noch: Ich vertraue euch. Ihr seid meine Helden. Küsschen Paul.
Ralf:                    Na, super. Helden von einem vorlauten Bürschchen.
Rüdiger:             Immerhin ein Held. Hier noch ein P.S. von Oma: „Ich weiß, wir muten Ihnen viel zu. Ich bitte inständig, Mitleid zu haben mit einer Oma, die sonst Monopoly spielen muss, weil Paul nicht schlafen kann, wenn seine Fragen nicht beantwortet werden. Gruß, Oma Neumann
Ralf:                    Die arme Frau.
Rüdiger:             Na, dann wollen wir mal. Ich rieche Wasser, Meer.
Ralf:                    Ja, wir sind wieder da. Aber die Zelte sind verschwunden. Und ich sehe von beiden Seiten eine Gruppe von Menschen aufeinander zu gehen.
Rüdiger:             Ich rieche Schafe und Ziegen.
Ralf:                    Das ist die eine Seite.
Rüdiger:             Und Kamele.
Ralf:                    Das ist die andere.
Rüdiger:             Und höre ein Klirren.
Ralf:                    Das sind Waffen auf der Seite der Männer mit Kamelen.
Rüdiger:             Sieht so aus, als würden wir in einen handfesten Streit geraten.
Ralf:                    Sieht so aus. Und ich finde, wir sollten uns bedeckt halten.
Rüdiger:             Ach, was. Wie sollten wir denn sonst Pauls Frage beantworten. Was tun sie jetzt?
Ralf:                    Sie bleiben stehen.
Rüdiger:             Komm, wir nähern uns mal der einen Gruppe. Der mit den Schafen für den Anfang.
Möwe:                Hallo allerseits.
Rüdiger:             Minni! Habe doch gedacht, dass da jemand ist. Leichter Fischgeruch in der Luft.
Möwe:                Verzeihung. Habe gerade einen Fisch verspeist und mir nicht den Schnabel geputzt.
Ralf:                    Machst du ja nie.
Möwe:                Was ist denn mit dem los? Liebeskummer?
Rüdiger:             Erraten.
Ralf:                    Gar nicht wahr. Nur dieser Bengel Paul jagt uns von einer schlimmen Lage in die andere.
Möwe:                Worum geht es dieses Mal?
Rüdiger:             Um den Streit bei den Menschen und ob Gott Wege zeigt, wie sie sich wieder vertragen können.
Möwe:                Na, ich habe schon ein bisschen gelauscht. Ich glaube, ihr habt die Richtigen gefunden.
Rüdiger:             Kläre uns mal auf.
Möwe:                Also: Es geht um zwei Brüder, Zwillinge, Jakob und Esau. Jakob  ist der mit den Schafen. Er hat vor Jahren seinen Bruder betrogen.
Ralf:                    Beim Spielen? Da muss man nicht so ein Theater machen.
Möwe:                Nein, du Kleingeist. Er hat sich das Erbe erschlichen. Esau ist der Ältere und eigentlich stand ihm das Erbe zu, Land, Schafe, Geld. Der Vater Isaak...
Ralf:                    Isaak, das ist doch der Sohn von Sara und Abraham!
Möwe:                Genau. Kluges Kerlchen. Also: Isaak ist im Alter  blind geworden.
Rüdiger:             Sehr sympathisch.
Möwe:                Naja, Jakob hat sich als Esau verkleidet, als Esau auf der Jagd war und von seinem Vater den Segen bekommen. Der dachte, er habe ihn Esau, dem Älteren gegeben, wie es üblich war.
Ralf:                    Na und?
Möwe:                Kleingeist. Das bedeutete, dass nun Jakob, der Jüngere der Erbe von Geld und Schafen und Land war. Und der Segen kann nur einmal gegeben werden.
Rüdiger:             Das ist ganz schön gemein.
Möwe:                Ja, seine Mutter Rebekka hatte ihn angestiftet.
Rüdiger:             Und dann?
Möwe:                Dann ist Esau so wütend geworden, dass er seinen Bruder umbringen wollte und Jakob ist zu seinem Onkel Laban geflohen.
Rüdiger:             Wie lange ist das her?
Möwe:                Vierzehn Jahre. Jakob hat dort bei Onkel Laban gedient und zwei seiner Cousinen geheiratet, Lea, die Ältere, die er nicht so liebt und Rahel, die Jüngere, die er sehr liebt.
Ralf:                    Schon wieder zwei Frauen. Das sind ja Zustände.
Möwe:                Andere Länder, andere Sitten. Außerdem sind es vier.
Ralf:                    Vier?!?!
Möwe:                Ja, mit den Mägden seiner Frauen, Silpa und Bilha hat er auch noch Kinder.
Ralf:                    Wie viele denn?
Möwe:                Habe gezählt. Es dürfte 12 Söhne und eine Tochter sein.
Rüdiger:             Gute Güte. Aber 14 Jahre. Da muss sich die Wut doch bei Esau gelegt haben. Na, wir schauen uns das mal an.
Ralf:                    Wenn es sein muss. Hier ist mein Arm. (führt Rüdiger zu der Gruppe von Jakob).
Jakob:                 Also meine Frauen und Kinder. Jetzt wird es brenzlig.
Rahel:                 Das kann man wohl sagen.
Lea:                     Du hast uns nie gesagt, dass du das getan hast und Esau so wütend auf dich ist. Ich dachte, wir machen einen netten Verwandtenbesuch.
Silpa:                  Und du jagst uns in so eine Situation!! Du willst ein verantwortlicher Familienvater sein?!?
Bilha:                  Er wird uns alle umbringen, das wird er, da bin ich sicher.
Jakob:                 Entspannt euch mal, ja? Schließlich ist er auf mich wütend und nicht auf euch. Also, wir machen jetzt Folgendes. Ich gehe voran.
Lea:                     Das will ich dir auch geraten haben. Da vorne stehen 400 bewaffnete Männer.
Ralf:                    Da liegt aber eine Menge Wut in der Luft, was?
Rüdiger:             Du sagst es.
Jakob:                 Hinter mir kommen Magd Silpa mit ihren zwei Kindern und dann Magd Bilha mit ihren zwei Kindern.
Silpa:                  Wieso ich zuerst?
Jakob:                 Eine muss ja als erste kommen.
Silpa:                  Von wegen. Ich bin die Magd von Lea und alle  wissen, dass du Lea nur geheiratet hast, weil Laban sie dir verhüllt ins Bett...
Jakob:                 Ruhe! Die Lage ist ernst und alte Geschichten werden wir jetzt nicht wieder aufwärmen! Wo war ich? Also nach Bilha kommen Lea und ihre sieben Kinder.
Lea:                     Typisch. Silpa hat ganz recht.
Jakob:                 Schweig, Frau! Und dann Rahel, meine Liebe, mit dem süßen Josef.  Und dahinter und an den Seiten von Rahel die Knechte mit den Schafen.
Bilha:                  Könnten noch einige Knechte an meine Seite kommen?
Jakob:                 Von mir aus.
Silpa:                  Und bei mir?
Jakob:                 Nein, dann reicht es nicht als Schutz für Rahel und Bilha.
Möwe:                Der legt es drauf an, dass alle sauer auf Rahel und Bilha werden, oder?
Rüdiger:             Ich glaube, der hat gerade ein anderes Problem.
Jakob:                 Alle auf ihre Plätze. (alles sortiert sich)
Rüdiger:             Kommt, das dauert hier noch. Schauen wir mal auf die andere Seite. (gehen zu Esau)
Esau:                   Alle bereit?
Mann 1:              Was willst du mit deinem betrügerischen Bruder machen?
Esau:                   Ich weiß noch nicht genau.
Mann 2:              Bist du noch wütend?
Esau:                   Ich glaube, ja. Und wenn Jakob unverschämt wird und so tut, als ob nichts war, dann weiß ich nicht, was ich tue.
Mann 1:              Also ich wüsste, was mit ihm täte.
Mann 2:              Ich auch. Der will doch nur dein Erbe klauen. Wetten?
Esau:                   Da hat er sich aber getäuscht, wenn er denkt, ich gebe das alles wieder her. Schließlich habe ich die 14 Jahre auf dem Land meines Vaters geschuftet. Und meine 400 Männer zeigen wohl, dass ich das nicht wieder hergebe.
Möwe:                Oh, weiah, oh weiah. Das sieht aber nicht gut aus. Ob es wohl ein Gemetzel gibt?
Ralf:                    Hör auf.
Möwe:                Die könnten die einfach alle umbringen. Und meine Kollegen Wüstengeier hätten einen Festschmaus.
Ralf:                    Möwe! Mir wird schlecht.
Rüdiger:             Wir wollen ja nicht, dass es dazu kommt. Ich höre aber auch ein Beben in Esaus Stimme. Ich glaube, da ist noch ein Gefühl für Jakob da. Vielleicht können wir das wecken?
Möwe:                Gute Idee. Ein Hoch auf die Blinden, die mehr hören, als die, die sehen.
Ralf:                    Immer diese Lobhudelei.
Möwe:                Eifersüchtig?
Ralf:                    Gar nicht.
Möwe:                Und? Hast du eine Idee?
Ralf:                    Im Augenblick nicht. Aber du, wie ich aus dem überheblichen Tonfall heraushöre.
Möwe:                Natürlich. Ich habe den Überblick, der euch Zweibeinern manchmal fehlt.
Ralf:                    Du....
Rüdiger:             Ruhe jetzt Ralf. Du bist Lehrling. Also höre einfach zu und lerne.
Möwe:                Danke. Also: Ich würde Jakob informieren, dass er möglichst untertänig und versöhnlich daher kommt, mit Geschenken und so weiter.  Und damit Esaus Herz öffnet, dass er ihn wieder mit anderen Augen als denen des Hasses ansieht.
Ralf:                    Schwafelei.
Rüdiger:             Gute Idee. Kommt wir gehen zu Jakob. (tun es. Jakob steht noch immer da.)
Lea:                     Wie lange willst du noch warten, du Feigling.
Rüdiger:             Moment, edle Dame.
Lea:                     Wer sind denn Sie?
Jakob:                 Wer wagt es, meine Frauen einfach anzusprechen.
Möwe:                Na, hallo, hallo. Mal schön langsam mit den jungen Pferden.
Jakob:                 Eine Möwe?
Möwe:                Vielleicht eine Gesandte Gottes?
Jakob:                 Wer’s glaubt.
Ralf:                    Ich finde, wir sollten einfach weggehen. Das geht nicht gut aus.
Rüdiger:             Und dann muss Oma die ganze Nacht Monopoly mit Paul spielen. Nein.
Jakob:                 Wer seid ihr? Wovon redet ihr? Kommt endlich zur Sache.
Rüdiger:             Also, Jakob, du redest mit dem berühmte Detektiv Rüdiger, der blinden Spürnase, dem Ohr für falsche Töne, dem Helden der ungelösten Fälle.
Jakob:                 Komm zur Sache.
Rüdiger:             Und bevor ich dir eine kleine Nachricht über Esau gebe, rate ich dir dringend, deine Umgangsformen etwas aufzupolieren, klar?
Jakob:                 Sorry. Bin etwas gestresst gerade. Du hast mit ihm gesprochen?
Rüdiger:             Nein, aber wir haben ihn belauscht. Du hast Mist gebaut, richtig?
Jakob:                 (senkt den Kopf) Ja.
Rüdiger:             Du verstehst, dass Esau wütend ist, auch jetzt noch?
Jakob:                 Ja. Und ich habe große Angst vor seiner Wut. Meine Knechte haben schon ihre Stöcke parat um meine Frauen zu verteidigen.
Lea:                     Einige Frauen.
Rüdiger:             Gegen 400 bewaffnete Männer?
Jakob:                 Ich weiß, aber was soll ich tun?
Rüdiger:             Es gibt noch eine andere Art, Menschen zu entwaffnen.
Jakob:                 Ja?
Möwe:                Mein freundschaftlicher Rat an dich lautet: Fall vor ihm auf die Knie. Verbeuge dich. Bringe Geschenke.
Jakob:                 Dazu bin ich zu stolz.
Ralf:                    Worauf kannst du denn stolz sein?
Rüdiger:             Ralf!
Jakob:                 Er hat Recht. Ich habe Esau Unrecht getan. Ich bin ein Schwein, ein Nichts, ein Niemand.
Rahel:                 Hör auf Jakob, das meinst du doch gar nicht so.
Jakob:                 Stimmt. Aber ich muss doch üben für Esau.
Möwe:                So wird das nichts. Schuldbewusstsein fühlst du doch aber, oder?
Jakob:                 Schon ein wenig.
Möwe:                Gut. Denke daran: Gott will, dass du den Weg gehst, der in die Zukunft führt, nicht den bösen Weg.
Rüdiger:             Gut gesagt, Minni. Na dann, Jakob,  los jetzt. Esau wird nicht mehr lange warten.
Jakob:                 Na gut, versuchen wir’s. Aufstellung. Wir nähern uns. Vorsichtig. Langsam.
Ralf:                    Und wir ziehen uns etwas zurück.
Möwe:                Feigling. Wir bleiben und passen auf, dass es keine Katastrophe gibt. Zur Not kacke ich beiden auf den Kopf,  das lenkt sie ab und dann ärgern sie sich über mich und sind sich einig.
Rüdiger:             Ich bitte dich sehr, das sein zu lassen. Los jetzt, Jakob.
Jakob:                 Wir gehen. (gehen langsam los)
Esau:                   Er kommt.
Mann 1:              Waffen in die Hände.
Mann 2:              Bereit!
Esau:                   Ihr macht nichts, bevor ich es nicht sage. Kommt. Wir gehen.
Jakob:                 Untertänig sein, versöhnlich sein, schuldbewusst. Am besten ich werfe mich nieder, immer wieder und wieder. (tut es)
Rüdiger:             Was passiert?
Ralf:                    Jakob wirft sich immer wieder zu Boden.
Rüdiger:             Großartig.
Möwe:                Na, geht doch. Ich flieg mal schnell zu Esau. (fliegt rüber) Na, Esau, das ist dein Bruder, den du 14 Jahre nicht gesehen hast.
Esau:                   Wer bist du und was willst du?
Möwe:                Vielleicht eine Gesandte Gottes?
Esau:                   Wer’s glaubt.
Möwe:                Bist du noch wütend?
Esau:                   Davon, dass der sich vor mir niederwirft, wird es auch nicht besser.
Möwe:                Wirklich nicht? Schau mal, es tut ihm leid, er war ein unreifer Bengel damals. Und denkst du nicht mehr an eure Kindheit?
Esau:                   Ein wenig.
Möwe:                Er ist dein Zwillingsbruder, ihr wart mal ein Herz und eine Seele, als ihr klein wart.
Esau:                   Hör auf, mein Herz wird weich.
Möwe:                Das ist doch gut. Und weißt du was?
Esau:                   Nein, aber du sagst es mir sicher gleich.
Möwe:                Mach ich. Das könnte eine Win-Win-Situation werden.
Esau:                   Eine was?
Möwe:                Du lebst seit 14 Jahren mit dieser Wut. Das ist doch nicht schön. Du kannst sie loswerden und deinen Bruder wiedergewinnen. Deine Eltern sind tot, richtig?
Esau:                   (leise) Ja.
Möwe:                Jakob ist deine Familie, Mensch. Du   kannst jemanden wiederhaben, der dich genau kennt und deine Erinnerungen teilt und...
Esau:                   (wischt sich über die Augen, inniger Ton)  Jakob, mein Bruder.
Möwe:                Genau! Mit einer Versöhnung könnt ihr beide gewinnen. Win-Win eben.
Und jetzt los. Renn ihm entgegen. (schubst ihn)
Esau:                   (rennt los, auf Jakob zu)
Silpa:                  Er kommt, oh, mein Gott.
Rahel:                 Mit Waffen? Mit Männern? Oh, Jakob, pass auf dich auf.
Lea:                     Soviel ich sehen kann, kommt er allein.
Esau:                   (kommt bei Jakob an und umarmt ihn stürmisch) Mein Bruder, mein Bruder. (beide schluchzen)
Jakob:                 Vergibst du mir?
Esau:                   Na klar. 
Jakob:                 Hier, nimm meine Geschenke an. (reicht ihm ein Paket und zeigt auf die Schafe) Und hier die Hälfte meiner Schafe.
Esau:                   Nicht nötig. Wirklich nicht.
Jakob:                 Mir geht es aber besser, wenn du es annimmst.
Esau:                   Dann nehme ich es an, die Herde, die mich reich macht. Aber nur, damit es dir gut geht. Komm und wohne bei mir.
Jakob:                 Lieber Bruder, in deiner Nähe wohne ich gerne, damit wir uns immer sehen können, aber du siehst selbst, wie viele Frauen und Kinder und Schafe ich habe. Die brauchen Platz.
Esau:                   In Ordnung. Aber heute Abend feiern wir gemeinsam. Und nun stelle mich mal vor.
Jakob:                 Natürlich. Kommt. Das hier ist Silpa, Leas Magd.
Silpa:                  (wirft sich nieder) Mein Herr, eure untertänigste Dienerin grüßt euch.
Esau:                   Willkommen.
Jakob:                 Das hier ist Bilha, Rahels Magd.
Bilha:                  (wirft sich nieder) Mein Herr, eure untertänigste Dienerin grüßt euch.
Esau:                   Willkommen.
Jakob:                 Das hier ist Lea, meine erste Frau.
Lea:                     (wirft sich nieder) Mein Herr, eure untertänigste Dienerin grüßt euch.
Esau:                   Willkommen. Meine Güte, du hast deine Frauen aber gut erzogen. Die wissen genau, wo ihr Platz ist.
Jakob:                 Und das hier ist meine liebe Rahel.
Rahel:                 (bleibt stehen) Schön, den Bruder meines Mannes kennen zu lernen und erleichtert, dass er uns nicht getötet hat.
Esau:                   Willkommen. (zu Jakob) Nun ja, ein schwarzes Schaf ist immer dabei, aber du wirst sie noch erziehen.
Rahel:                 Von wegen.
Jakob:                 Rahel, bitte!
Rüdiger:             Ein Lied, zwo drei.
Ralf:                    Rüdiger!
Rahel:                 Nein, das wäre schön.
Esau:                   Mir ist auch nach Singen.
Jakob:                 Wenn es sein muss? Aber eines in unserer Sprache.
Rüdiger:             Gerne. Hewenu schalom alejchem?
Lea:                     Wunderbar.

Lied:                   Hewenu Schalom Alejchem.

Möwe:                Na, nun ist ja alles gut. War ein schweres Stück Arbeit. Hast du alles gefilmt, Rüdiger?
Rüdiger:             Klar. Und schreibe gerade dazu eine SMS und schicke es ab. So.  Ach, verehrte Damen, bevor wir uns verabschieden: Ihr habt nicht zufällig Kohlrabi dabei?
Ralf:                    Also wirklich, Rüdiger. Wir sind im Nahen Osten! Da gibt es Datteln und sonst nichts.
Lea:                     Nein, hier ist welcher. Haben wir von zu Hause mitgebracht. (gibt ihn Rüdiger)
Ralf:                    Gibt’s ja nicht.
Rüdiger:             Großartig! Danke!          
Möwe:                Ich verlasse euch jetzt. Muss auf Fischfang gehen. Man sieht sich! (fliegt)
Rüdiger:             Wiedersehn, Minni! Komm, Ralf, wir lassen die Familie alleine. Auf Wiedersehn und vertragt euch schön weiter.
Esau:                   Tun wir.
Jakob:                 Danke auch!
Rüdiger:             Keine Ursache. (gehen)
Ralf:                    Puh! Auftrag erfüllt. Versöhnung möglich. Gott hat Liebe in die Herzen gelegt, die kann immer wieder zum Vorschein kommen.
Rüdiger:             Oh, der Lehrling wird ja langsam weise.
Ralf:                    So ist es. Ob wir jetzt wieder nach Hause dürfen?
Paul:                   (kommt mit Oma von hinten an die beiden ran) Nein. Es geht noch weiter.
Ralf:                    Paul!
Rüdiger:             Und Oma!
Oma:                   Hallo, ihr beiden Helden!
Rüdiger:             Wie habt ihr uns gefunden?
Paul:                   Man kann euer Handy orten und ich habe zu Oma gesagt, ich will auch ein Abenteuer erleben.
Oma:                   Ich konnte ihn gerade noch davon abhalten, sich zwischen Esau und Jakob zu werfen.
Ralf:                    Gut, er hätte auch alles verdorben. Aber sind wir nicht fertig mit deinen Fragen?
Paul:                   Eine habe ich noch.
Ralf:                    Ich wusste es.
Oma:                   Tut mir leid, Leute, aber er hat mir keine Ruhe gelassen. Er ahnte schon, dass ihr die Streitfrage hinkriegt, aber bei seiner letzten hat er es euch nicht zugetraut.
Ralf:                    Nett von ihm nach all der Mühe, die wir uns gemacht haben.
Rüdiger:             Aber, aber. Ich bin sehr gespannt, Paul, auf deine letzte Frage.
Paul:                   Streit zwischen einzelnen Menschen geht ja noch. Da glaube ich, dass Gott das Herzen der Menschen bewegen kann, nachdem, was ich gerade durch euch gesehen habe. Und genug Liebe da ist, um sich zu vertragen. Da ist Gott dabei.
Ralf:                    Aber?
Paul:                   Aber die Kriege in der Welt, der Hunger, die Ungerechtigkeit? Das ist doch zum Verzweifeln. Sieht Gott da zu? Warum lässt er das zu? Wieso tut er nichts dagegen?
Rüdiger:             Hm, die große Frage aller, die an Gott glauben.
Oma:                   Das können Sie laut sagen.
Ralf:                    Ich sage nur, ich werde nicht in einen Krieg ziehen, nur damit Paul seine Antwort bekommt.
Rüdiger:             Nein. Paul, wir schauen mal. Für heute reicht es uns aber. Lasst uns rasten und essen und trinken und singen.
Oma:                   Gute Idee. Ich habe Kartoffelsalat und Würstchen dabei.
Rüdiger:             Großartig. Ich habe einen Mordshunger.
Paul:                   Aber ich weiß nicht, ob ich schlafen nachher kann.
Ralf:                    Aber ich weiß es. Sonst schläfst du alleine außerhalb des Feuerkreises und dann kommen Wölfe, Schakale, Schlangen....
Paul:                   Schon gut, schon gut.
Ralf:                    Geht doch.
Oma:                   Na, dann, Kinder, wir essen und schlafen jetzt. Wir sehen uns morgen wieder.

4. Tag.                Wir sehen Kriege und Gewalt und Unterdrückung, aber oft nur wenig von Gottes gerechter Welt. Sieht Gott das nicht auch und was tut er dagegen?
Oma:                   (alle liegen noch, Oma steht auf, holt Kaffee, verteilt die Tassen) Guten Morgen, guten Morgen.
Ralf:                    Ich bin müde!! Ich will noch schlafen.
Oma:                   Aber Ralf. Du bist noch jung. Du kannst doch nicht so verpennt sein.
Ralf:                    Wie spät ist es?
Oma:                   6.00 Uhr. Die schönste Zeit am Tag.
Paul:                   Oma steht immer früh auf.
Rüdiger:             (nimmt den Kaffee) Alte Menschen brauchen nicht soviel Schlaf. Danke für den Kaffee! Sie denken auch an alles.
Oma:                   Los, Leute, es wird ein heißer Tag und mich dürstet nach neuen Abenteuern.
Ralf:                    Mir reicht es schon lange.
Paul:                   Mir nicht.
Rüdiger:             Täusche ich mich, oder sind wir wieder alleine.
Ralf:                    Ja, die Familien sind weg. Kommt mir merkwürdig vor. Wir wandern nicht nur von Ort zu Ort, sondern auch von Zeit zu Zeit.
Paul:                   Hä?
Ralf:                    Na, wir landen immer wieder in einer anderen Geschichte.
Oma:                   Gottes Wege sind wunderbar.
Trudi:                 Hi!
Ralf:                    Du schon wieder.
Rüdiger:             Willkommen, Trudi! Wir haben dich schon vermisst.
Ralf:                    Naja.
Rüdiger:             Wo warst du?
Trudi:                 Musste Maus verdauen. Habe ich was verpasst?
Rüdiger:             Ja.
Möwe:                (kommt angeflattert) Da hinten brennt es, da hinten brennt es, das müsst ihr sehen.
Trudi:                 Wer ist das?
Möwe:                Minni, du Staubwedel.
Trudi:                 Pass bloß auf! Ich kann beißen.
Möwe:                Von mir aus. Aber nun kommt. Es brennt!!
Ralf:                    Ein Feuer. Na und?
Möwe:                Ein Dornbusch, der brennt und nicht verbrennt.
Rüdiger:             Das ist außergewöhnlich.
Möwe:                Sag ich doch, kommt!
Oma:                   Los, Leute. (alle gehen, kommen in die Nähe des Dornbusches)
Rüdiger:             Könnte mir mal jemand beschreiben, was ihr da seht?
Paul:                   Der Dornbusch brennt, aber er hat weiterhin grüne Blätter. Das muss ich mir von Nahem ansehen.
Trudi:                 Ich wäre vorsichtig bei Feuer, ich wäre sehr vorsichtig.
Möwe:                Schlangen und Feuer, ts, ts, ts,
Trudi:                 Schlangen sind klug und vorsichtig.
Paul:                   Also, ich gehe jetzt!
Rüdiger:             Warte! Ich höre eilige Schritte. (alle drehen sich um)
Ralf:                    Ja, da kommt einer.
Oma:                   Kommt, wir gehen mal zur Seite. Wenn es der ist, von dem ich glaube, dass er es ist, dann stören wir nur den Lauf der Geschichte.
Paul:                   Oma spricht in Rätseln.
Möwe:                Aber ich würde mal ab und zu auf sie hören, du Naseweis. (alle gehen zur Seite)
Mose:                  (kommt angerannt) Oh, was ist das? Das ist ja..., das kann doch nicht,... das muss doch....
Gott:                    (von der Kanzel) Mose! Mose!
Ralf:                    Ich habe Angst.
Rüdiger:             Hab leise Angst.
Mose:                  Wer bist du?
Gott:                    Zieh deine Schuhe aus, denn hier ist heiliges Land.
Mose:                  Natürlich, natürlich. (zieht die Schuhe aus)
Paul:                   Mir kribbelt es in den Füßen.
Oma:                   Am besten wir ziehen alle unsere Schuhe aus.
Ralf:                    Warum denn das?
Oma:                   Das tut man aus Respekt vor Gott. Man zeigt sich offen und hilflos und hält an nichts fest.
Ralf:                    Das ist mir zu hoch.
Trudi:                 Ist das Gott, der da spricht?
Rüdiger:             Werden wir nicht erfahren, wenn wir nicht schnell machen, was Oma Neumann sagt. (alle ziehen ihre Schuhe aus)
Trudi:                 Hab nur einen Ganzlederanzug. Soll ich den auch ausziehen?
Ralf:                    Bitte nicht.
Oma:                   Ruhe.
Gott:                    Bist du fertig?
Mose:                  Jawohl. Entschuldige die Frage, aber bist du Gott oder irgendein Geist.
Paul:                   Gute Frage!  
Gott:                    Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.
Mose:                  Oh. (hält die Hand halb vors Gesicht.)  Dann darf ich dich nicht anschauen.
Gott:                    Entspann dich mal und hör zu.
Mose:                  Ok.
Gott:                    Die Menschen deines Volkes, die Israeliten, arbeiten als Sklaven in Ägypten, korrekt?
Mose:                  Ja.
Gott:                    Du bist in Midian, weil du aus Wut über die Ungerechtigkeit einen Aufseher geschlagen und getötet hast und fliehen musstest, richtig?
Mose:                  Äh, ja, schon, aber...
Gott:                    Kein ‚Aber’. War das klug? War das eine gute Taktik? Oder war das einfach dämlich?
Paul:                   Redet Gott immer so?
Oma:                   Still, hör zu.
Mose:                  Ich entnehme deinen Fragen, dass du das nicht so toll fandst. Aber wenn dieses Gespräch weitergehen soll, dann nenn mich nicht dämlich!
Gott:                    Willst du mir widersprechen?
Mose:                  Nein, nein. Also, was willst du? Mich strafen?
Gott:                    Ich bin unglücklich.
Mose:                  Das tut mir sehr leid. Aber wenn ich wütend werde, dann...
Gott:                    Unterbrich mich nicht immer. Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich sehe ihr Leid, ich höre ihr Jammern und Schreien.
Paul:                   Da, er sieht es. Gott sieht die Ungerechtigkeit. Ich hoffe, er bleibt nicht beim sehen stehen, sondern tut auch was.
Oma:                   Still.
Gott:                    Ich kann es nicht aushalten, das mit anzusehen. Ich will sie da rausholen und in ein neues schönes Land führen, wo Milch und Honig fließt.
Mose:                  Ein guter Plan. Setze ihn um. Worauf wartest du?
Gott:                    Moment. Du bist ein wichtiger Punkt in meinem Plan.
Mose:                  Ich?
Gott:                    Du! Mose, mein Diener,  führe mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten heraus! Ich sende dich zum Pharao.
Mose:                  Mich?!?
Gott:                    Dich!!!
Mose:                  Äh, ahem. Ich fühle mich geehrt, wirklich, aber Gott, ich bin ein einzelner, kleiner Mann. Und keiner kennt mich mehr nach 20 Jahren. Wenn ich den Israeliten sage, Leute, packt eure Sachen, Gott schickt mich, da lachen die sich doch tot.
Gott:                    Du sagst nicht, Gott schickt mich, du darfst ihnen meinen Namen nennen.
Mose:                  Du hast einen Namen?
Gott:                    Ja. Ich heiße „Ich bin, der ich bin“.
Mose:                  Toller Name.
Gott:                    Höre ich da Spott?
Mose:                  Nein, nein.
Gott:                    Nimmst du mich nicht ernst?
Mose:                  Doch, doch!
Gott:                    Ich kann auch anders, weißt du?
Mose:                  Schon gut, entschuldige. Also, was bedeutet der Name?
Gott:                    Er sagt, dass ich immer da bin, wenn ihr mich braucht. Er sagt, dass ich alles sehe, was euch betrifft. Er sagt, ich zeige euch einen Weg.
Mose:                  Naja, ich kann es ja versuchen. Aber ich kann nicht gut reden.
Gott:                    Du schaffst das. Und dein Bruder Aaron wird dir helfen.
Mose:                  Aaron lebt noch?
Gott:                    Natürlich. Und er steht den Menschen dort bei und kann sich gut ausdrücken. Also, wo war ich? Ach ja, wenn du bei den Israeliten warst, dann... 
Mose:                  Noch mehr?
Gott:                    Hör zu!
Mose:                  Sorry.
Paul:                   Der hat ja eine deutliche Art mit Gott zu reden.
Oma:                   Das mache ich auch immer so.
Ralf:                    Kein Wunder, dass er Ihre Gebete nicht erhört.
Oma:                   Woher willst du das wissen, du Kleingeist.
Rüdiger:             Seid doch still, sonst hört euch Gott noch.
Gott:                    Natürlich höre ich euch, aber ihr solltet euch jetzt nicht einmischen.
Ralf:                    Entschuldigung.
Mose:                  Mit wem redest du?
Gott:                    Unwichtig. Also. Dann gehst du zum Pharao.
Mose:                  Ich bin doch nicht lebensmüde.          
Gott:                    Du sagst ihm, ihr wollt ein Opfer bringen an eurem heiligen Berg.
Mose:                  Das glaubt der mir nie.
Gott:                    Ich werde ihn schon dazu bringen.    
Mose:                  Also Gott, ich glaube, das ist kein guter Plan.
Gott:                    So, glaubst du?
Mose:                  Ich will dich nicht verletzen, aber wie kann ein einzelner Mensch die Ungerechtigkeit und Gewalt eines Pharaos und seines ganzen Volkes besiegen?          
Gott:                    Sorry, aber das ist mein Weg. Und ich sehe keinen anderen.
Mose:                  Dass ein einzelner Mensch sich zum Horst macht?
Gott:                    Dass einzelne Menschen den Mut haben, sich nicht mit dem Bösen abzufinden und mutig dagegen aufstehen und zwar ohne andere umzubringen, klar?
Mose:                  Schon gut.
Gott:                    Nur so wird sich die Welt ändern.
Mose:                  Ich will aber kein Held sein. Kannst du nicht einfach...
Gott:                    Nein, kann ich nicht. Ich brauche dich, ich brauche mutige Menschen. Ich will doch, dass ihr aus eigener Kraft gut zusammenlebt, nicht weil ich euch zwinge.
Mose:                  Das wäre von mir aus ok.
Gott:                    Mose, komm schon, ich sehe in dir mehr, als du dir zutraust. Du lebst jetzt als Hirte bei deinem Schwiegervater, bist verheiratet, hast einen Sohn. Schön und gut. Aber da steckt noch mehr in dir, viel mehr.  Also geh los. Gute Reise.
Mose:                  (kläglich) Gott!     
Stille
Mose:                  (lauter) Gott!!!
Stille
Paul:                   Gott hat wohl Sendepause. (geht zu Mose)
Oma:                   Halt, Paul.
Paul:                   (geht weiter)
Rüdiger:             Ich glaube, jetzt ist es ok mit Mose zu reden.
Paul:                   Hey, Mose.           
Mose:                  (erschrickt) Wer bist du?
Paul:                   Ich heiße Paul. Und wir kommen alle mit und helfen dir.
Mose:                  Wer alle?
Paul:                   (zeigt auf die Gruppe) Die da, meine Oma, der berühmte Detektiv Rüdiger, die blinde Spürnase, das Ohr für falsche Töne, der Held der ungelösten Fälle und sein Assistent Ralf.
Möwe:                Hast du nicht jemanden vergessen?
Paul:                   Sorry. Und Minni, die Möwe.
Trudi:                 Und?
Paul:                   Und Trudi, die Brillenschlange.
Mose:                  Warum ich mein Gott, warum muss ich in so eine verrückte Geschichte geraten?
Rüdiger:             Keine Zeit zum Jammern. Bring es hinter dich.
Mose:                  Also los. Ich hole Zippora, meine Frau und Gerschom, meinen Sohn. Und unsere Sachen.
Rüdiger:             Wir warten hier auf dich.
Mose:                  In Ordnung.
Rüdiger:             Zeit genug für ein Lied, oder?
Oma:                   Au fein. Vielleicht, das Wandern ist des Müllers Lust?
Rüdiger:             Ich dachte eher an ein Lied über Gott.
Paul:                   Langweilig.
Rüdiger:             Nicht unbedingt. Also los.

Lied:                   Ich bin.

Erzähler:           Wir sparen uns mal die lange Reise. Mose hat mit dem Volk gesprochen. Sein Bruder Aaron hat ihm geholfen und die Menschen sind tatsächlich bereit, aus Ägypten herauszuziehen.  Jetzt ist der große Moment gekommen und Mose soll mit Aaron zum Pharao gehen. Aber seine Frau Zippora hat da Einwände:
Zippora:             Mose, ich habe diesen ganzen Unsinn mitgemacht.
Mose:                  Ich weiß, meine Taube.
Zippora:             Aber jetzt willst du zum Pharao.
Mose:                  Ich will nicht, ich muss, meine Gazelle.
Zippora:             Das ist glatter Selbstmord.
Mose:                  Aber Gott...
Zippora:             Gott soll das gefälligst selber regeln und nicht mein Mann.
Möwe:                Keine Chance für Mose, aus der Sache rauszukommen.
Zippora:             Halt du dich da raus.
Trudi:                 Keine Sorge, wir kommen alle mit.
Ralf:                    Tun wir das?
Paul:                   Na klar! Ich will den Pharao sehen.
Rüdiger:             Ich auch.
Ralf:                    Du bist blind, Rüdiger, du bist blind.
Oma:                   Das weiß er, Ralf, das weiß er.
Zippora:             Ich glaube, ihr macht alles nur noch schlimmer.
Mose:                  Da kommt Aaron.
Aaron:                Hallo allerseits. Na, Mose, bereit?
Zippora:             Nein, ist er nicht.
Mose:                  Bin ich.
Zippora:             Ich rede kein Wort mehr mit dir, wenn du gehst.
Aaron:                Du redest ohnehin zu viel für eine Frau.
Zippora:             (stemmt die Hände in die Hüften) Soll dir diese Frau mal was sagen? Soll sie dir mal was sagen? (holt einen Besen, droht)
Ralf:                    Haut die?
Paul:                   Das wagt sie doch nicht.
Mose:                  Doch tut sie. Kommt, schnell. (alle laufen zum Pharao)
Pharao:              Meine Güte, ich hoffe, diese Audienz ist bald             vorbei. Ich will ein Bad in Mandelmilch nehmen und meinen Kartoffelsalat essen. Vielleicht schaue ich mir noch ein oder zwei Hinrichtungen an, aber mehr Spaß an einem Tag brauche ich dann auch nicht.
Also: Noch einen höre ich mir an, aber dann ist wirklich Schluss. Tritt vor.
Mose:                  (tritt mit Aaron vor, die anderen kommen mit, aber bleiben hinter ihm) Edler Pharao.
Pharao:              Was ist denn das für eine Anrede?! Nenn mich gefälligst den Sohn der Götter.
Mose:                  Vergiss es.
Pharao:              Wie bitte?! Bist du lebensmüde?!
Aaron:                Verzeihung, oh Pharao. Er darf es nicht sagen.  Sein Gott verbietet es ihm.
Pharao:              Aha. Soso. Und? Was wollt ihr?
Mose:                  Raus hier. Aus der Unterdrückung. Mein Volk soll raus hier.
Pharao:              Der ist lebensmüde, einfach lebensmüde. Glaubst du, ich lasse billige Sklaven, die einen Palast, mir zu Ehren, bauen und Tempel für die Götter meines Volkes, glaubst du, ich lasse die so einfach ziehen?
Aaron:                Verzeihung, edler Pharao, er kann sich nicht so gut ausdrücken. Wir haben einen heiligen Berg und alles, was wir wollen, ist da einmal zu beten.
Pharao:              Blöde Ausrede.
Aaron:                Nein. Ein kleiner Ausflug von drei Tagen.
Pharao:              Vergiss es.
Möwe:                Ich kack dir auf den Kopf, du Ausbeuter!
Rüdiger:             Möwe, beherrsch dich!
Trudi:                 Ich beiße ihn, ich beiße ihn bis aufs Blut.
Aaron:                Untersteht dich.
Oma:                   Sie haben doch recht. Los, Mose, zeig, was in dir steckt!
Mose:                  (tritt vor) Oh Pharao, höre mich, im Namen meines Gottes, der Ich bin der ich bin, sage ich dir: Lass mein Volk ziehen.
Pharao:              Du kleiner Wicht! Du Nichts, du Niemand!  Lies es von meinen Lippen: Niemals, hörst du?! Niiieemals! Und jetzt verpisst euch.
Mose:                  Aber.
Pharao               Raus! Und seid froh, dass mein Mandelmilchbad auf mich wartet. Sonst hätte ich euch jetzt zu einem kleinen Gang zu meinen Krokodilen begleitet.
Paul:                   Krokodile? Cool!
Oma:                   Paul!
Mose:                  (zu den anderen) Kommt. Das hat keinen Sinn.
Pharao:              Gut dass du das einsiehst. Und nun nehmt euer Viehzeug und geht.
Aaron:                Tun wir, edler Pharao und nichts für ungut.
Mose:                  Entschuldige dich nicht immer.
Aaron                 (zieht ihn weg) Komm jetzt. (alle gehen)
Paul:                   Das war ja wohl ne Pleite. Gott hat einen Plan und der Plan ist schief gegangen. War ja auch ein blöder Plan. Und nun darf der fiese Pharao weiter fies sein.
Oma:                   Hört nicht auf ihn. Macht ihr weiter. Einfach weiter. Gott steht euch bei und ihr werdet aus Ägypten herausziehen.
Mose:                  Woher weißt du das?
Oma:                   Das lass nur meine Sorge sein. Los Leute, wir brauchen den Rest der Geschichte nicht zu erleben. Pauls Frage ist beantwortet. Macht’s gut und viel Glück. Kommt. (die anderen gehen zögernd und etwas verdattert mit ihr weg)
Paul:                   Meine Frage ist nicht beantwortet. Ok, Gott sieht das Unrecht. Aber tut er was?
Oma:                   Schluss jetzt.
Ralf:                    Genau! Setzen Sie sich mal durch bei dem verwöhnten Bengel. Du hast gesehen, dass Gott das Unrecht sieht und sein Weg ist, dass Menschen dagegen aufstehen und den Mund aufmachen. Oder?
Rüdiger              Sieht so aus.
Paul:                   Aber...
Möwe:                Keine Sorge, Paul, ich bleibe dabei und berichte dann.
Oma:                   Ich finde, wir haben einen Abend am Meer verdient und Lagerfeuer und Grillfleisch.
Rüdiger:             Klingt gut.
Trudi:                 Vielleicht auch eine kleine Wüstenmaus für mich?
Rüdiger:             Das lässt sich sicher einrichten.
Möwe:                Ich komme nach.
(Alle gehen und setzen sich ans Meer.)
Rüdiger:             Puh, das war aufregend.
Paul:                   Ging so.
Rüdiger:             Und bis die Möwe kommt, singen wir.
Oma:                   Gerne. Vielleicht „Wem Gott will rechte Gunst erweisen?“
Rüdiger:             Nein, nein, ein Loblied. Ich lobe meinen Gott

Lied: Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt

Möwe:                (kommt angeflattert) Sie haben es geschafft, sie haben es geschafft.
Paul:                   Was?
Möwe:                Sie sind rausgekommen, nachdem Gott die ein oder andere Plage über Ägypten gebracht hat. Und dann sind sie durchs Meer gegangen.
Paul:                   Durchs Meer?
Möwe:                Ja, das Wasser hat sich irgendwie geteilt. Konnte ich von oben nicht genau erkennen, warum.
Paul:                   Und dann?
Möwe:                Dann kamen die Soldaten hinterher. Aber als die Israeliten am anderen Ufer waren, ist das Wasser zurückgekommen.
Paul:                   Cool. Und alle Soldaten sind ersoffen?
Möwe:                Nein, die meisten konnten schwimmen. Aber sie sind umgedreht. Und jetzt ist große Party am Strand bei den Israeliten. Mose, Aaron und ihre Schwester Miriam flippen total aus beim Tanzen
Paul:                   Hier ist tote Hose.
Oma:                   Kommt, wir gehen hin. Ein toller Ausklang für einen tollen Tag.
Rüdiger:             Ja, das tun wir. (geht zu den Kindern)  Und da ist das Volk ja auch schon. Macht anscheinend gerade eine Tanzpause. Kommt, wir wollen mit euch feiern, dass Gott uns sieht und Wege aus dem Unrecht zeigt. Das geht.
(Kinder kommen nach vorne. Tanzen nach „Es geht“ oder anderem)
Paul:                   Leute.
Ralf:                    Nein, Paul, nein, nicht noch eine Frage.
Paul:                   Eine allerletzte.
Oma:                   Paul, es reicht wirklich.
Paul:                   Monoploy, Oma, Monopoly.
Rüdiger:             Also, los Paul, von mir aus kann der Auftrag noch weitergehen.
Paul:                   Wie schaffen wir es, dass auch andere den Mund aufmachen? Sollen das nur die Israeliten oder alle? Wäre doch wichtig? Und wie kann Gott dafür sorgen, dass nicht nur er das Elend sieht, sondern auch Menschen hinsehen und nicht weggucken?
Oma:                   Tja, ich glaube, das hat er getan.
Paul:                   Woher willst du das wissen?
Oma:                   Ich sag nur „Jesus“.
Paul:                   Jesus? Was hat denn der mit dem Sehen zu tun?
Ralf:                    Kann das mit dem Fragen nicht irgendwann mal  aufhören?
Möwe:                Hör nicht auf ihn, Paul, immer weiter fragen. Ich will auch noch nicht, dass die Geschichte endet.
Rüdiger:             Dann haben wir wohl noch eine Reise vor uns.
Ralf:                    Pause, ich brauche eine Pause.
Rüdiger:             In Ordnung. Dann bleiben wir mal zwei Tage am Meer. Trudi?
Trudi:                 Jawohl?
Rüdiger:             Findest du Wasser?
Trudi:                 Kein Problem.
Rüdiger:             Und Minni?
Möwe:                Ja, sir?
Rüdiger:             Du könntest mal Ausschau nach ein paar Palmen halten. Dann hätten wir Datteln zum Essen.
Möwe:                Mache ich.
Oma:                   Na wunderbar. Kommt setzt euch und entspannt. (zu den Kindern) Wir sehen uns dann wieder, sagen wir, am Sonntag?
Rüdiger:             Ja, genug Zeit zum Ausruhen und Weitereisen. Ciao!


Im Abschlussgottesdienst für alle am Sonntag:

Nicht Wegschauen! Hinsehen! Die Heilung des Gelähmten
Einführung am Anfang
Rüdiger               Guten Morgen allerseits. Ich darf mich vorstellen? Detektiv Rüdiger, die blinde Spürnase, das Ohr für falsche Töne, der Held der ungelösten Fälle. Ja, ihr habt richtig gehört, ich bin blind. Ist bei einem Einsatz passiert, aber das hindert mich nicht, weiter voll im Einsatz zu bleiben und auch Praktikanten aus der Detektivschule zu übernehmen.
Ralf:                     Wie mich. Ich bin Ralf, der Praktikant. Ich kann euch sagen, ich habe einiges durchgestanden in den letzten Tagen.  Nur weil Paul uns mit seinen Fragen durch die Gegend gescheucht hat. Auf dem Meer waren wir, in der Wüste, in der Steppe, in Ägypten. Puha! Aber ich habe überlebt. Und bin gar nicht mehr so trampelig und ungeschickt, wie vorher.
Rüdiger:              Nun, ja.
Ralf:                     Rüdiger!
Rüdiger:              Schon gut. Hast dich tapfer gehalten. Nun, alles begann eines Morgens in meinem Büro.
Oma:                   Da kam ich, Oma Neumann, mit den Fragen meines Enkels. Der hat gedroht, nicht ins Bett zu gehen, wenn die nicht beantwortet werden und mit mir die ganze Nacht Monopoly zu spielen. Ich hasse Monopoly.
Paul:                    Extreme Zeiten verlangen extreme Maßnahmen. Ich bin Paul, der Enkel. Eigentlich ein nettes Kerlchen.
Ralf:                     Nun ja.
Paul:                    Ralf!
Ralf:                     Schon gut.
Paul:                    Ich hatte 5 Fragen. Die erste: Sieht Gott uns, egal wohin wir gehen und hilft uns in Notlagen?
Möwe:                 Ich bin Minni, die Möwe und habe den beiden auf dem Meer geholfen, auf das sie mit einem Schlauchboot gefahren und gekentert waren. Habe den Wal umgelenkt und die beiden gerettet. Im Auftrag Gottes? Vielleicht.
Mathilde:            Dann kamen sie zu mir an den Strand. Mathilde, die Inselfrau heiße ich.
Und ich habe ihnen gezeigt, dass Gott auch in den Tiefen des Todes Menschen nicht alleine lässt und mein Vertrauen getanzt.
Paul:                    Dann habe ich gefragt, ...
Ralf:                     Paul, mach’s kurz.
Paul:                    Ja doch. Ich habe mich gefragt, ob Gott auch bei uns ist, wenn andere fies zu uns sind und unsere Wege verbauen.
Trudi:                  Da habe ich mich als lebensrettend erwiesen, ich Trudi, die Brillenschlange.  Hagar war von Sara in die Wüste gejagt worden. Mit Söhnchen Ismael. Sara wollte sie nicht mehr im Haus haben. War eifersüchtig. Lange Geschichte. Na, jedenfalls habe ich die Truppe auf eine Wasserquelle hingewiesen.
Ralf:                     Die wir sowieso gefunden hätten.
Trudi:                  Willst du sagen, ich war unwichtig?
Ralf:                     Nein, nein.
Trudi:                  Meinst du, eine Schlange ist nicht wichtig?
Ralf:                     Nicht doch.
Trudi:                  Ich kann beißen, weißt du?
Rüdiger:              Ralf! Trudi! Immer dasselbe mit den beiden. Jedenfalls wollte Paul dann noch wissen, ob Gott Menschen hilft, ihre Streitigkeiten zu beenden und wir haben bei Jakob und Esau die Versöhnung erlebt.
Und dann sind wir noch der Frage nachgegangen, ob Gott großes Unrecht sieht und da hilft. Mose war erst schwer zu bewegen, seinen Teil dazu beizutragen, aber dann ist er zum Pharao gegangen und hat tatsächlich mit Gottes Hilfe das Volk Israel aus Ägypten herausgebracht.
Paul:                    Ich habe also meine Antworten: Gott sieht uns, sieht mich, sieht und hilft uns auf die Beine, gibt Kraft, versöhnt, rettet aus Unrecht. Gott ist schon ganz schön klasse.
Oma:                   Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann.
Rüdiger:              Man kann. Jetzt kommt die letzte Frage. Paul?
Paul:                    Gott sieht hin. OK.  Aber tun das auch die Menschen? Sehen sie hin und handeln? Sonst kann Gott die Welt nicht verändern, habe ich gelernt. Aber die Menschen, die sehen eben oft weg. Und deshalb geht vieles Unrecht weiter. Bringt Gott Menschen dazu, hinzusehen?
Rüdiger:              Das werden wir sehen. Mathilde?
Mathilde:            Ja?
Rüdiger:              Du weißt, ich bete gerne.
Ralf:                     Immer und immer wieder. Nervig. Und singen tut er auch. Falsch.
Rüdiger:              Ralf!
Ralf:                     Schon gut.
Rüdiger:              Ich würde gerne unsere letzte Reise mit einem Gebet beginnen. Tanzt du uns dein Vertrauensgebet noch einmal vor?
Mathilde:            Mach ich gerne.  Aber dann muss ich zurückreisen.
Rüdiger:              Kein Problem.

Psalm 139         getanzt.

Heilung des Gelähmten

(Gruppe kommt mit den Tieren)
Ralf:                     Wo sind wir denn jetzt wieder?
Oma:                   Scheint in Israel zu sein. Da hinten sehe ich jedenfalls den See Genezareth.
Paul:                    Cool. Da war doch Jesus, oder?
Oma:                   Richtig.
Paul:                    Ob wir in einer Geschichte gelandet sind, wo der dabei ist? Fände ich cool.
Rüdiger:              Das werden wir gleich sehen. Also los, gehen wir in das Dorf. (gehen kommen vor ein Haus, in dem der Gelähmte liegt.)
Paul:                    Was ist denn das für einer? Rüdiger, da liegt einer rum. Hey, Schlaffi!
Oma:                   Paul!!
Gelähmter:         Wer seid ihr, was wollt ihr? Ach, ist mir egal. Alles ist mir egal.
Rüdiger:              Was ist denn passiert?
Gelähmter:         Ich war Bauarbeiter auf den Baustellen der Römer und musste ohne Gerüst auf hohen Mauern herumturnen. Vor vier Jahren, da war ich 15, da fiel ich eine hohe Mauer herunter. Da habe ich mir beide Beine gebrochen und einen Schock geholt und seither kann ich nicht mehr laufen.
Ach, ich bin nichts mehr wert. Ich habe keine Familie, ich bin ein Nichts, ein Niemand. Keiner sieht mich. Den Leuten im Dorf bin ich egal.
Oma:                   Aber, aber.  Wer versorgt dich denn?
Gelähmter:         Meine vier Freunde. Aber für die bin ich doch nur eine Last.  Ich bin am ganz unten, am Boden. Am liebsten wäre ich tot.
Trudi:                  Wie kann man sich nur so hängen lassen? Ich bin auch am Boden und komme gut zurecht.
Minni:                 Du bist ja sehr mitfühlend.
Trudi:                  Willst du behaupten, ich hätte kein Herz?
Minni:                 Nein, nein.
Trudi:                  Glaubst du, ich sehe weg, wenn einer leidet?
Minni:                 Nicht doch.
Trudi:                  Ich kann beißen, weißt du?
Ralf:                     Trudi. Klappe.
Gelähmter:         Da kommen meine Freunde schon wieder und wollen mich „aufmuntern“. Das nervt! Die nerven. Ich wollte, ich wäre tot!
Rüdiger:              (zieht die anderen zur Seite)
Freund 1:           Du nervst, Jakob. (kommen und heben ihn auf)
Jakob:                  Hey, was soll das? Bringt mich zurück!
Freund 1:           Nichts da. Uns reicht es.
Jakob:                  Ich weiß, ihr habt mich satt.
Freund 2:           Nein, wir sind gerne mit dir zusammen. Aber wir können das nicht mehr mit ansehen. Wir wollen dir helfen.
Jakob:                  Mir ist nicht zu helfen.
Freund 3:           Du kannst nicht gehen. Das ist schlimm.
Freund 4:           Aber, Jakob, du siehst nur noch schwarz. Aber das Leben ist bunt. Auch für dich! Mach die Augen auf.
Jakob:                  Spart euch eure Reden. Nichts kann mir helfen. Und für euch bin ich nur eine Last.
Freund 1:           Du redest einen Mist zusammen, dass einem das Kotzen kommt.
Jakob:                  Wo bringt ihr mich hin?
Freund 2:           Zu Jesus. Der wird dir die Augen öffnen und dich aufrichten.
Freund 3:           Und dir den Glauben an Gott und das Leben zurückgeben.
Jakob:                  Zu dem Möchtegernheiler? Zu dem Schwätzer, der denkt, dass Gott ihn geschickt hat?
Freund 4:           Halt’s Maul. Du hast keine Ahnung.
Jakob:                  Von wegen. Ich weiß genau, was läuft. Gott schaut weg, wenn’s uns schlecht geht. Und wie schlecht es uns geht! Euch auch. Das bisschen Geld von den Baustellen reicht gerade zum Überleben. Und die vielen, die ihren Bauernhof aufgeben müssen, weil sie ihre Steuern nicht bezahlen können. Und die Waisen und Witwen und Blinden und Krüppel wie ich, die haben überhaupt keine Chance mehr in dieser Welt. Die sind am Boden und die stehen nie wieder auf! Und alle anderen schauen weg und trampeln über sie hinweg.
Ach, die Welt ist hässlich, ein einziger Pisspott. Gott sieht die Menschen? Blödsinn. Der Himmel ist zu. Verschlossen. Dunkel.
Freund 1:           Oh weiah, da ist es voll!
                            (Feste Mauer aus Körpern oder Plane, hinter der ein Sprecher steht. Die vier stehen ihnen gegenüber)
Die 4:                  Lasst uns rein!!
Die anderen:      Nein, alles voll!!
Freund 1:           Seht ihr nicht, wie dringend es ist?!
Mensch:              Mir egal. Hier ist kein Platz mehr. Wir sind dran!
Freund 2:           Macht die Augen auf! Seht hin! Ihr könnt doch nicht immer wegsehen und nur an euch denken.
Mensch:              Uns geht’s auch schlecht und überhaupt: Was wollt ihr denn mit dem hier? Der hat  doch keine Chance mehr. Wir sind dran!
Die anderen:      Haut ab!
Freund 3:           Und was machen wir jetzt?
Minni:                 (fliegt los)
Oma:                   Minni! Bleib da.
Rüdiger:              Lassen Sie sie ruhig. Vielleicht sieht sie einen Ausweg.
Minni:                 (fliegt zu den vier Freunden)  Hey, Leute. Minni, die Möwe bin ich.
Freund 1:           Aha?
Minni:                 Wisst ihr was?
Freund 1:           Nein, aber du sagst es uns sicher gleich.
Minni:                 Manchmal muss man den Kopf heben und etwas nach oben schauen.
Freund 2:           In die Wolken?
Minni:                 Etwas tiefer.
Alle vier:             Ahhh, das Dach!
Minni:                 Genau.
Alle vier:             Alles klar!
Jakob:                  Was soll der Quatsch?
Freund 3:           Wart’s ab. Habe zufällig Hammer und Meißel dabei.
Freund 4:           Wie praktisch. Legen wir los?
Die anderen 3:   (Daumen hoch) Jap!
Oma:                   Minni, auf was für Ideen bringst du sie?
Ralf:                     Die wollen..., die wollen doch nicht etwa das Dach aufbrechen?
Trudi:                  Das finde ich unverantwortlich, Minni.
Minni:                 Denkst du, ich bin leichtsinnig?
Trudi:                  Nicht direkt.
Minni:                 Denkst du, ich habe kein Verantwortungsgefühl?
Trudi:                  Doch, in Maßen.
Minni:                 Ich kann hacken, weißt du?
Trudi:                  Schon gut.
Paul:                    Hört auf, kommt, wir schauen durchs Fenster.  Da ist er ja, da ist Jesus.
Oma:                   Wie sympathisch, wie nett.
Rüdiger:              Tolle Ausstrahlung. Spüre ich bis hierher.
Ralf:                     Welche Ausstrahlung?
Rüdiger:              Dumpfbacke. Ruhe jetzt.
Jesus.                   Hinsehen sollt ihr und nicht wegsehen. So, wie Gott auf euch sieht und sich um euch sorgt wie für die Lilien und die Vögel. So sollt ihr einander ansehen, die Menschen ansehen, die Hilfe brauchen und keinen aufgeben oder ausschließen. Den Himmel sehen, wo alle nur den Sumpf sehen, und... (schaut nach oben) Hey!
Mensch 1            Die haben das Dach kaputt gemacht!! Und was soll der Krüppel da oben?
 (Die Freunde lassen die Trage in die Mitte herab.)
Jesus:                  Ihr seid gut drauf, Jungs.
Die 4 Freunde:   Danke.
Jesus:                  Ist das euer Freund?
Freund 1:           Ja.
Jesus:                  Er ist nicht gut drauf.
Freund 2:           Gar nicht.
Jesus:                  Er hat aufgegeben?
Freund 3:           Völlig.
Jesus.                   Er sieht den Himmel nicht mehr? Er sieht nur noch schwarz?
Freund 4:           So ist es.
Jesus:                  Nicht zu fassen.
Freund 1:           Naja, er ist gelähmt.
Jesus:                  Und ich bin nicht blind.
Freund 1:           Tschuldigung.
Jesus:                  Warum steht er nicht auf?
Freund 2:           Das haben wir doch gesagt, er ist gelähmt.
Jesus:                  Ich bin auch nicht taub.
Freund 2:           Tschuldigung.
Jesus:                  Wie heißt du?
Jakob:                  Jakob.
Jesus:                  Jakob. (zeigt nach oben). Deine Freunde haben das Dach aufgebrochen und den Himmel freigelegt. Sie sehen dich und sie glauben, dass Gott dir die Kraft gibt aufzustehen, selbst wenn es hoffnungslos erscheint. Sie sehen den Himmel auf Erden, den Gott uns öffnet. Solche Augen wünsche ich dir und allen anderen und die Kraft, die Dächer der Welt abzudecken, die euch am Leben hindern.
Paul:                    Steht das in der Bibel? Hat der das wirklich gesagt?
Oma:                   Nicht wörtlich, aber so ungefähr.
Jesus:                  Also gut, mein Bester, deine Sünden sind dir vergeben.
Paul:                    Wieso Sünden? Der hat doch nichts verbrochen, der ist doch nur vom Gerüst runtergefallen.
Jesus:                  Ruhe! Du kannst leben, hörst du. Du kannst leben, weil Gott bei dir ist. Egal in welcher Situation du bist. Du lebst. Du kannst es. Gott vergibt dir, dass du dich von ihm abgewandt hast. Er ist dir nahe und lässt dich seine Kraft und Liebe spüren. Mach die Augen auf.
Jakob:                  Wie denn, wo denn, was denn?
Jesus:                  Na los! Nun steh schon auf.
                            (Der Gelähmte steht langsam auf. Die anderen weichen zurück und stehen erstarrt. Jakob macht vorsichtig die ersten, noch wackeligen Schritte.
Paul:                    Das ist ja der Knaller.
Minni:                 Das ist toll, einfach toll. (fliegt zu den vier Freunden) Jungs, ihr seid die Größten!
Freunde:             Danke!
Ralf:                     Jesus ist ja so sowas von cool.
Rüdiger:              Ich staune mehr über die Freunde. Die haben nicht nur einen Gelähmten gesehen, die haben mehr gesehen.
Oma:                   Ja, das war toll. Menschen, die mehr sehen als andere, die finde ich wunderbar!
Jesus:                  Wer seid ihr?
Trudi:                  Eine Wandergruppe.
Jesus:                  Ich meinte mehr die Leute hier.
Trudi:                  Hast du vor, mich zu übersehen?
Jesus:                  Nein, nein.
Trudi:                  Nimmst du nur Menschen ernst?
Jesus:                  Nicht doch.
Trudi:                  Ich kann beißen, weißt du?
Jesus:                  Komm her.
Trudi:                  (nähert sich zögernd) Was willst du?
Jesus:                  (legt ihr die Hand auf) Denk nicht immer, dass andere dich nicht sehen, Gott sieht dich.
Trudi:                  Ohhh. Mir ist, mir wird... Ich bin glücklich!
Minni:                 Na endlich sind wir deine latente Aggression los.
Jesus:                  (zu Minni) Sei friedlich.
Minni:                 (hebt die Hände) Bin ich!
Jesus:                  Na, Jakob?
Jakob:                  Meine Güte, ich bin ja platt. Ich kann es kaum fassen.
Jesus:                  Tja....
Jakob:                  Das hast du toll gemacht.
Jesus:                  Nicht ich. Gott wollte dir und allen zeigen, dass er Menschen beim Aufstehen helfen kann. Er will, dass ihr die Welt mit anderen Augen seht. So vieles ist möglich, wenn ihr hinseht und nicht wegseht!
Jakob;                  Du hast recht. Als du gesagt hast: „Dir sind deine Sünden vergeben“ und dass ich leben kann und Gott mir nahe ist, da ging’s mir schon besser. Da ist plötzlich die ganze Wut und Trauer aus mir raus geflossen, wie Wasser aus einem undichten Eimer, wie Eiter aus einer Wunde.
Freund 2:           Iihh! Es reicht.
Jakob:                  Und ich habe die Welt mit anderen Augen gesehen. Alles war plötzlich hell. Ich wusste plötzlich, dass Gott da ist. Und ich fühlte mich ganz leicht und hatte das Gefühl, meine Beine tragen mich wieder.
Jesus:                  Na, dann vergiss das nicht.
Jakob:                  Dass Gott immer bei mir ist?
Jesus:                  Ja, da kann sich jeder sicher sein.
Jakob:                  Also, danke, danke für alles, auch euch, meinen Freunden, dass ihr zu mir gehalten habt und dir, Jesus, dass du mir die Augen geöffnet hast und euch allen, die ihr...
Freund 3:           Es reicht, es reicht, komm lass uns schwimmen gehen.
Jakob:                  (verträumt) Schwimmen.
Jesus:                  Gute Idee.
Freund 4:           Kommst du mit?
Jesus:                  Klar. Los.
Rüdiger:              Zeit aufzubrechen. Kommt jetzt.
Paul:                    Aber ich will sehen, wie Jesus schwimmt.
Rüdiger:              Wir müssen gehen. Und ganz im Vertrauen: Ich glaube, Jesus schwimmt nicht besonders gut. Er läuft lieber.
Und deine Fragen sind beantwortet, oder? Gott öffnet den Menschen die Augen füreinander. Mann muss sich nur trauen, den Himmel auf Erden zu entdecken und dann anfangen Dächer abzudecken, die den Himmel verbergen. Ende gut, alles gut.
Paul:                    Alles gut? Naja. Dieser Gelähmte kann wieder gehen, aber andere bleiben in ihrem Rollstuhl. Die Welt ist noch nicht gut. Viele Menschen sind niedergedrückt. Und du bist und bleibst auch blind.
Rüdiger:              Hast du ein Problem damit?
Paul:                    Nein, nein.
Rüdiger:              Meinst du ich führe ein behindertes Leben?
Paul:                    Nicht doch.
Rüdiger:              (hebt seinen Stock) Ich kann auch anders.
Paul:                    Schon gut.
Oma:                   Ich glaube, wenn wir uns gegenseitig sehen und zusammenhalten und uns unterstützen mit dem, was ein jeder kann, ist viel erreicht. Gott sieht alle und schließt niemanden vom Leben aus. Und wer das sieht und hinsieht, der tut auch was.
Ralf:                     Weise Worte, Oma Neumann. Reicht dir das, Paul?
Paul:                    Ok.
Ralf:                     Und ist unsere Reise nun zu Ende?
Rüdiger:              Sieht so aus.
Minni:                 Na, dann. Ich fliege mal zum Meer zurück. Brauche Fische. Dringend.
Rüdiger:              Wiedersehn Minni und vielen Dank!
Trudi:                  Ich werde dann auch mal.
Rüdiger:              Wiedersehn, Trudi.
Trudi:                  Und?
Rüdiger:              Und vielen Dank.
Trudi:                  Hm, das kam zögernd, aber... ich glaub dir das mal. So, jetzt auf zu den Mäusen.
Oma:                   Auf nach Hause. (alle gehen und winken)