Samstag, 2. Juli 2011

Kamel mit Kopftuch. ZUm Dialog zwischen den Religionen

Enstanden vor längerer Zeit, als muslimische Gemeinden immer wieder aufgefordert wurden sich von Terroranschlägen zu distanzieren. Auch von der ev. Kirche...

Kamel mit Kopftuch
Ort: Nirgends.
Zeit: Nie.

(Die Brüder Isaak und Ismael sitzen vor dem Zelt und trinken Tee.)
Isaak:        Ismael?
Ismael:      Was ist Isaak?
Isaak:        Da waren wieder so einige Kamelbanditen, die haben in den Bergen Händler überfallen und einige auch massakriert.
Ismael:      Was kümmert’s dich?
Isaak:        Die Händler hatten meinen Käse dabei, sorgsam meinen Ziegen abgezapft.
Ismael:      Sorgsam abgezapft, das ich nicht lache. Das macht doch alles Rebekka. Du rührst ja keinen Finger dabei.
Isaak:        Trotzdem bin ich wütend.
Ismael:      Warum? Du hast ihnen den Käse doch verkauft. Die Händler haben den Verlust.
Isaak:        Ich stelle mit Entsetzen eine gewisse Gefühlskälte bei dir fest. Menschenleben sind verlöscht, Lebendiges wurde brutal vernichtet..... Und außerdem hatten die meine Käse in Kommission genommen.
Ismael:      Ach, daher weht der Wind.
Isaak:        Du reitest auch ein Kamel.
Ismael:      Ja, dafür warst du ja immer zu blöd... Worauf willst du hinaus?! Glaubst du etwa, ich hätte...?!
Isaak:        Nein, nein, nur.. ich finde, du könntest ein bisschen mehr Bedauern äußern. Und vielleicht könntest du dich distanzieren.
Ismael:      Distanzieren?
Isaak:        Ja, schließlich gehörst du ja zu ihnen.
Ismael:      Zu Räubern und Banditen?!
Isaak:        Nein, nein, nicht unbedingt ... ich meine, zum wilden Wüstenvolk eben.
Ismael:      Ja, und ich bin stolz darauf.  Habe es ja schließlich gegründet, Stammvater..
Isaak:        ...von Rumtreibern. Das Rauben ist da doch im Keim mit angelegt, wenn man’s genau nimmt..
Ismael:      Du hast ja keine Ahnung, du Beetekriecher, du Schafschnüffler!
Isaak:        Hey, das nimmst du zurück.
Rebekka:   (kommt mit der Teekanne zum Nachschenken) Meine Herren, ich muss doch bitten!
Isaak:        (sieht sie an) Irgendwas stimmt mit ihr nicht.
Ismael:      Sie hat kein Kopftuch auf.
Isaak:        Richtig. Sofort bindest du dir das Kopftuch um! Hast du keinen Stolz? Zeigst dich meinem Bruder ohne Kopftuch! Eine verheiratete Frau! Man könnte dich für eine billige...
Reb.:          (gefährliche Stimme) Ja?
Isaak:        Schon gut.
Reb.:          Es ist heiß heute. Ich schwitze. Warum zum Henker, soll  ich ein Kopftuch tragen?!
Paulus:      Schalom, Jungs.
Isaak:        Paulus! Wie kommst du denn hierher?! (einladende Handbewegung, Paulus setzt sich, Rebekka schenkt ihm Tee ein.)
Paulus:      So ’ne Art Seelenverwandtschaft hat mich zu euch getrieben. (stutzt) Warum hat sie kein Kopftuch auf?
Reb.:          Schon gut, schon gut. (bindet es um)
Ismael:      Brüder, soviel uns auch trennt, Propheten, Lebensstil, Tierhaltung usw. Ich bin doch froh zu wissen, dass wir uns in den wesentlichen Dingen des Lebens einig sind.
Huber:       Gott zum Gruße!
Isaak:        Wer is’n das?
Huber:       Bischof Huber, Ev. Kirche in Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz.
Isaak:        Hä? Was is das? Ein Emirat?
Ismael:      Mensch, der hat ja noch nicht mal ein Kamel. Das ist doch kein Scheich...
Paulus:      Vielleicht doch. Hat so nen stolzen und würdigen Schwung im Kinn. Wie kommen Sie eigentlich hierher?
Huber:       Schaffe gerade Ordnung. Stelle Dinge klar. Sag allen, wo’s lang geht. Lass mich durch nichts aufhalten. (stutzt, guckt Rebekka an) Warum hat sie ein Kopftuch um?!
Ismael:      Meinen Sie die Frage ernst?
Huber:       Aber natürlich. Sie ist doch unterdrückt. Das sieht man doch auf den ersten Blick.
Isaak:        Unterdrückt? Sie ist eine Frau. Wir huldigen ihr als Mutter, als Gefährtin, als Köchin, als Wäscherin, als Näherin, als Pflückerin, als Haushälterin, als Säherin, als Ernterin. Unterdrückt? Wie kommen Sie nur darauf?
Huber:       Sie schwitzt doch, da, Schweißperlen laufen an ihrem Gesicht herunter.
Isaak:        Habe ich Ihnen erlaubt, meine Frau so genau zu betrachten?
Huber:       Aber, aber.. Ich achte Ihre Kultur, das tue ich wirklich. Und auch wir huldigen unseren Frauen als Mütter, als Gefährtinnen, als Köchinnen, als Einkäuferinnen, als Wäscherinnen, als Putzerinnen, als Näherinnen, zudem noch als Geldverdienerinnen. Aber Kopftücher?! Die tragen doch die Frauen von diesen, diesen..
Ismael:      Kameltreibern?
Huber:       Ja, genau, die in den Bergen Menschen überfallen und ausrauben und massakrieren...
Isaak:        (zu Ismael) Siehste.
Paulus:      Aber Bruder Christ. Das sind Sie doch, oder? (Huber nickt.) Wie kommen Sie denn auf die Idee? Wir in Korinth z.B., wir wollen doch nur, dass unsere Frauen in der Öffentlichkeit reden können. Da müssen die doch ihr Haar bedecken. Sonst geht das doch nicht. (Die anderen nicken heftig.) Wir unterdrücken sie doch nicht. (Die anderen schütteln heftig den Kopf.) Und wir rauben doch auch keine Menschen aus in den christlichen Gemeinden in Kleinasien.
Isaak:        Und ich auch nicht. Ich bin ein ehrbarer Bauer und kein Kamel..
Ismael:      Pass auf, was du sagst, du..
Huber:       Aber, Brüder,  es mag viel Trennendes zwischen uns geben, aber in den wesentlichen Dingen sollten wir uns doch einig sein, findet ihr nicht?
Paulus:      Klar doch. Ich bin froh, dass Sie das einsehen.
Isaak:        Ich auch.
Ismael:      Ich auch.
Huber:       Nun denn, dann binden Sie sich doch das Kopftuch ab, verehrte Dame!
Isaak:        Äh... (Rebekka unterbricht ihn.)
Reb.:          Wissen Sie, noch vor fünf Minuten hätte ich das mit Freuden getan. Denn es ist heiß heute und ich schwitze. Aber jetzt ... sträubt sich etwas in mir.
Huber:       Aber gute Frau, Sie machen sich doch unglücklich. Sie wollen doch nicht in einen Topf geworfen werden mit ... mit ... (sieht etwas ratlos in die drohenden Gesichte der drei Männer)
Reb:           Nein, das will ich wirklich nicht. Weder mit.. noch mit ... Und was tue ich jetzt? Hm. Vielleicht, weil ich ein dezentes Gefühl der Wut nicht leugnen kann, ja ein außerordentlich großes Gefühl der Wut, muss ich gestehen, da ich doch den unabweisbaren Eindruck habe, als sei hier eben doch entschieden über meinen Kopf hinweggeredet und Wesentliches von  meinem Wesen außer Acht gelassen worden, vielleicht mische ich daher einfach, was vorher getrennt war und nehme einen Sack Bodenfrüchte und dazu einfach dieses Kamel hier, das so unleugbare Ähnlichkeiten mit den anwesenden Herren aufweist und treibe es in die Berge mitsamt meiner Wenigkeit auf dem Rücken und gründe dort eine Bande, eine richtige Bande, eine mörderische Bande, leicht zu erkennen an ihren Kamelen, die Kopftücher tragen, mit Knochen und Pfeilen und Bögen verziert und ich werde, so ihr meinen Weg kreuzt, euch so zusetzen, dass ihr gar nicht mehr über Kopftuch und Kamele nachdenkt, sondern nur noch darüber, wie ihr wohl ohne Kleidung und ohne Kamel und ohne... andere Dinge den Weg in die mickrige Behausung schafft, die ich hier mit diesem Kretin teilen musste! Unterdrückt?! Ich?! Die Königin der Wüste?! Ha! (steigt aufs Kamel und reitet davon)
Isaak:        (starrt ihr nach, zieht dann ein Kopftuch raus und bindet es sich um und läuft ihr nach.) Liebste, nicht doch, das war doch so nicht gemeint, ich bin wirklich ein Kamel, ich wollte dich doch nicht kränken, mein Zuckerlämmchen, mein Wüstenwindchen, mein Dornbüschelein ...
(Die anderen drei sagen nacheinander „Tja“ und gehen kopfschüttelnd ab.)

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