Sonntag, 9. Februar 2014

Bunt wie Gottes Schöpfung - Liebe hat viele Farben

Dieser Jugendgottesdienst war dem Thema Liebe in allen Farben gewidmet, ein Beitrag nicht nur zum Leben mit Homosexualität, sondern zum sensiblen Umgang mit unserer wichtigsten Wurzel, aus der wir leben, der Fähigkeit zu lieben.
Die Predigt alleine würde den Duktus des Gottesdienstes nicht genügend wiedergeben. Es gehören auch die Texte und Assoziationen der Jugendlichen dazu, die die Lesungen verdeutlichen und eigentlich auch die Lieder, die die neugegründete Band wirklich ergreifend "rübergebracht" hat, sowie die Aktionen und Gebete im Gottesdienst, die daher hier mit aufgeführt werden. Alles in allem einer der wichtigsten Gottesdienste für mich in den letzten fünf Jahren.
Die Reaktionen reichten vom Verlassen des Gottesdienstes (2) bis hin zu durchweg positiven, berührenden Reaktionen. Ich hoffe, dass das Thema bei uns in der Ev. Friedensgemeinde Charlottenburg damit nicht abgehakt ist, sondern weitergeht.


Gottesdienst: Bunt wie Gottes Schöpfung. Liebe hat viele Farben“
9. Februar 2014
Ev. Friedensgemeinde Charlottenburg

Lied: Alles, was atmet, lobe den Herrn
Begrüßung
Lied: Du bist heilig (Sing Jubilate 53)
Lesung 1: Hohes Lied mit Texten der Jugendlichen
Lied: Liebe bist du (SJ 162)
Lesung 2  1 Kor 13 mit Texten der Jugendlichen
Lied: Your love is amazing
Predigt zum Thema: Liebe hat viele Farben. Mit Lied von Elton John, Your song und zwei Berichten

Lied:
Amazing Grace
Aktion: Farben der Liebe in der Kirche

Lied
: Imagine (John Lennon)
Abkündigungen
Lied: Wo Menschen sich vergessen (SJ 176)
Fürbitte: Mit dem Farbenlied von Alexander Reiß
Vater Unser
Lied: Der Herr segne Dich (SJ 64)
Segen
Lied: Alles was atmet


Lied: Alles was atmet
Begrüßung:
Letzter Sonntag n. Epiph.
Bunt ist der Raum durch die Kinderbibelwoche, die am Donnerstag hier in der Kirche zu Gast am Hof von König Ahasveros und Königin Esther war.
Bunt ist der Gottesdienst durch die Band, die zum ersten Mal unter der Leitung von Alexander Reiß hier auftritt.
Bunt ist der Gottesdienst durch die Konfis und Jugendlichen, die heute hier ihre und die Gedanken anderer zum Thema Liebe zu Wort bringen.
Bunt wie Gottes Schöpfung - Liebe hat viele Farben.
So lautet das Motto dieses Gottesdienstes und auch das Motto, unter dem sich unsere Landeskirche und die Ev. Jugend 2011 bzw. 2012 dem Bündnis gegen Homophobie, gegen Schwulen und Lesbenfeindlichkeit also, angeschlossen hat.

Hier wird sie durch Carsten Bolz, unserem Superintendenten vertreten.
Homosexualität ist kein Thema, das den Jugendlichen besonders viel Freude macht und als ich beschlossen habe, diesen Gottesdienst zum Thema Liebe vorzubereiten, Liebe in allen Farben, sind sie mir nicht gerade um den Hals gefallen. Aber nett wie sie nun mal sind, haben sie sich beteiligt, mir ihre Gedanken und Gefühle zu diesem Thema, zu den biblischen Texten gesagt.
Die haben gezeigt, wie wichtig ihnen dieses Thema durchaus ist.
Daraus sind u.a. die Texte dieses Gottesdienstes entstanden, die Euch und Sie einladen möchten, sich mit den Farben der Liebe, auch der speziellen Farbe in eurem eigenen Leben zu beschäftigen und uns Gedanken über die oft schmerzlichen Grenzen zu machen, an die Menschen mit ihrer Liebe immer wieder stoßen.
Votum
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
Der Herr sei mit euch
Lied: SJ 53 Du bist heilig
1.     Teil: Lesungen aus dem Alten Testament mit Gedanken:

Leser 1:                Die Bibel singt von der Liebe, wir stimmen mit ein, mit unseren Wünschen und Erfahrungen, unseren Träumen und Fragen:
Bibel: (von der Kanzel gelesen)
                            Das Hohelied singt in der Hebräischen Bibel: Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totemreich. Ihre Glut ist feurig und eine Flamme Gottes, so dass auch viele Ströme die Liebe nicht auslöschen und Ströme sie nicht ertränken können.

Leser 1:                Es ist schön, verliebt zu sein, das erste Mal verliebt zu sein.
Leser 2:                Wie ein Wirbelwind, der nur aus Süßigkeiten besteht und mich mitreißt.
Leser 3:                Wie Vanilleeis mit heißen Himbeeren.
Leser 4:                Es lebt sich wie in einem Refrain eines mitreißenden Liedes, wie auf Wolken.
Leser 5:                Es nimmt mich gefangen. Eine Million neue, noch nie gefühlte Eindrücke schlagen über mir zusammen. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
Leser 6:                Ein Feuerwerk aus unterschiedlichen Farben tut sich vor mir auf, die sich nicht überdecken lassen. Gott hat die Liebe als Flamme geschaffen, gegen die wir machtlos sind. Sie brennt, sie erfüllt uns mit Leben und unser Leben mit Sinn.
Bibel:                  Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm.
Leser  7:               Ruhe und Zufriedenheit breiten sich aus, wenn ich mich fallen lassen kann bei jemandem, ganz und gar, keine Regeln einhalten muss, ganz ich selber sein darf.
Leser 8:                Ich denke nur an ihn. Wenn ich einen mit einer grünen Kapuze sehe, denke ich, er ist es, mein Körper spannt sich, Wärme verteilt sich überall.
Leser 9:                Es kribbelt, geht über in meine Kehle, dass ich die ganze Zeit lachen muss und weiß nicht warum.
Bibel:                  Das Hohelied singt: Er führt mich in den Weinkeller und die Liebe ist sein Zeichen über mir. Er erquickt mich mit Traubenkuchen und labt mich mit Äpfeln, denn ich bin krank vor Liebe. Seine Linke liegt unter meinem Haupte, und seine Rechte herzt mich. Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerualems, dass ihr die Liebe nicht aufweckt und nicht stört, bis es ihr selber gefällt.
Leser 10:              Ich möchte nichts kaputt machen, keinen heranlassen, der mich wieder herunterholt von diesem Höhenflug.
Leser 11:              Keine blöden Sprüche, keine Fragen, kein „was findest du nur an dem, an der?“. Das verletzt.
Leser 12:              Wenn überhaupt, dann rede ich mit meiner Sandkastenfreundin darüber oder auch meinen Eltern, die nicht vergessen haben, wie das war damals oder sich vielleicht immer wieder mal so fühlen, sogar miteinander.
Leser 13:              Ich erzähle es nur einer, die den Mund halten kann und nichts weitersagt,
ich rede nur mit einem, der keine coole Masche raushängen lässt, sondern sich traut sensibel zu sein und sich einfach mit mir zu freuen.
Leser 14:              Ich bin verliebt und ich freue mich. Es ist als ob die Welt neu geboren ist.
Leser 15:              Wie am ersten Tag der Welt, als alle Farben leuchten durften, wie sie gedacht waren und Gott sich unbändig darüber freute und aus der Quelle seiner Liebe das Leben ungehemmt sprudeln durfte.
Bibel:                  Und Gott sah an alles, was er gemacht hat und siehe, es war sehr gut.

Lied: Liebe bist du

2. Teil
Bibel:                  Wenn ich mit Menschen und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, dann wäre ich ein tönendes Erz und eine klingende Schelle.
Martha:               (geht am Stock oder Arm in Arm mit Arthur vorbei) Ach Arthur, was für ein wunderschöner Satz. Unser Trauspruch. Weißt du noch, damals, ich ganz in weiß und du in schwarz mit Zylinder und wir beide in der Kirche. Die Maisonne schien und die Orgel und die ganze Feier, weißt du noch?
Arthur:                Hm. Als dir übel war, meinst du?
Martha:               Ach, Arthur! Sei nicht so prosaisch. Ich gebe zu, das war dann bald etwas laut in der Wohnung. Aber es war auch viel Liebe bei uns, oder?
Arthur:                Ich denke aber auch an die vielen Male, wo du dich noch nicht mal wie eine klingende Schelle, sondern wie ein rasselnder Wecker angehört hast, Arthur tu dies, Arthur mach das.
Martha:               Denkst du auch an die Frühstücke, die ich gemacht habe, an das Ei, genau 4 Minuten?
Arthur:                (legt ihr die Hand auf den Arm) Daran denke ich auch.
Martha:               Liebe hat viele Farben.
Arthur:                Ich weiß. (gehen weiter)
Bibel:                  Die Liebe ist langmütig und freundlich.
Leser 1:                Ich bin so in ihn verliebt. Aber er begegnet mir nur mit Kälte und Gleichgültigkeit. Jedes Mal, wenn mich so ein Blick trifft, geht es mir wie ein Schnitt quer durch den Körper. Aber ich bleibe freundlich, meine Liebe hat einen langen Atem. Sie ist geduldig, sie kann gar nicht anders. Sie bleibt und lässt sich nicht vertreiben.
Leser 2:                Bei meinen Eltern hat die Liebe aufgehört. Irgendwann. Sie waren nicht mehr bereit, sich wieder anzunähern und freundlich waren sie auch nicht mehr miteinander. Warum? Vielleicht ist die Liebe wie eine Kerze, die irgendwann ausgeht, wenn sie zu lange gebrannt hat? Liebe ist ein Rätsel für mich.

Bibel:                  Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
Leser 3:                Was wäre das für eine schöne Welt, wenn dieser Satz gültig wäre?
Wenn keiner den anderen aufgibt,
wenn man dem anderen immer alles zutraut, auch das Gute,
wenn man sich lieber vom anderen täuschen lässt, als zu sagen:
Ich glaube dir nicht.
Leser 4:                Oder ist die Liebe ein Scheinbild, das sich irgendwann in Luft auflöst und dann sieht man erst, wie der andere wirklich ist?
Leser 5:                Ich habe gar keine andere Wahl, als sie zu lieben. Sie ist schön, sie ist witzig, es macht Spaß, mit ihr um die Häuser zu ziehen. Aber sie macht sich immer wieder lustig über mich. Auch anderen gegenüber. Ich weiß nicht, wie lange meine Liebe hält, wenn sie immer darauf herumtrampelt.

Bibel:                  Die Liebe hört niemals auf.

Leser 6:                Wenn das stimmt, dann wäre das wunderschön, aber ich glaube, dazu müssen die Menschen erst einmal anfangen, sich selber zu lieben und nicht versuchen, ein anderer, eine andere zu werden, nur um jemandem zu gefallen.
Leser 7:                Ich glaube, wenn man jemanden wirklich geliebt hat, dann hört das nie auf, auch nach dem Tod nicht, dann bleibt die Verbindung  bestehen.
Leser 8:                Ich glaube nicht, dass die Liebe ewig wärt. Wir verändern uns, die anderen verändern sich. Man liebt doch nur den, den man einmal kennen gelernt hat, nicht den, der er wird, oder?
Leser 9:                Oder man verändert sich miteinander.
Leser 8:                Stimmt.

Bibel:                  Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Lied:                   Your love is amazing


Predigt zum Thema: Liebe hat viele Farben. Mit Lied von Elton John, Your song und zwei Berichten Jugendlicher

Lied:
Amazing Grace
Aktion: Farben der Liebe in der Kirche
Gottes Segen ist mit uns auf dem Weg durch unser Leben.
Er möchte, dass wir unser Licht leuchten lassen, die Farben unserer Persönlichkeit sichtbar machen.
Wir bitten ihn um Mut und Kraft, um Schutz und Hilfe, um die spürbare Nähe seiner ermutigenden Liebe und zünden, wer mag, eine Kerze an als Zeichen unserer Buntheit und unserer Gemeinschaft.

Kerzenaktion (Die Leute kommen nach vorne, zünden bunte Teelichter an und stellen sie auf den Tisch oder auf den Altar bzw. auf die Stoffbahnen davor).
Überleitung zum Lied
Was wäre das für eine schöne Welt,
wenn keiner den anderen aufgibt,
wenn man dem anderen immer alles zutraut, auch das Gute,
wenn die vielen Farben unseres Lebens die Welt verändern.
Lied: Imagine
Abkündigungen
Lied: Wo Menschen sich vergessen
Fürbitte: Mit dem Farbenlied von Alexander Reiß
Pfarrerin
Lebendiger Gott,
farbenprächtig ist deine Welt,
Wunderbar und vielfältig.
Alles atmet durch das Geschenk deines Atems,
alles lebt durch deine Liebe.
Wir singen: Lied

Leser 2:                Wir bitten für alle Menschen, deren Liebe verletzt wurde und wird,
Leser 3:                für junge Menschen, die zurückgewiesen werden,
Und sich nicht trauen, auf den oder die andere zuzugehen.
Wir singen:
Leser 4:                für die Männer und Frauen in Russland, die wegen ihrer Homosexualität verfolgt werden.
Leser 5:                für die Jungen und Mädchen bei uns, die ihre Homosexualität entdecken, dass sie die Treue und Liebe ihrer Eltern und Freunde erleben
Leser 6:                für die Menschen, die auf der Straße angegriffen oder angepöbelt werden, weil sie als zwei Männer oder Frauen Hand in Hand gehen.
Leser 2:                für alle, die Schwierigkeiten mit der Homosexualität anderer haben, dass sie davon befreit werden.
Wir singen:
Leser 3:                Lass uns in der Gemeinde immer daran denken, dass die homosexuellen Menschen in unserer Mitte nicht durch unsere Reden und unser Handeln ausgegrenzt werden, sondern selbstverständlicher Teil unserer Gemeinde sind.
Wir singen:
Pfarrerin:             Gott, deine Liebe ist uns kostbar.
Und in jedem von uns zeigt sie eine andere Farbe,
die sich allen Zuordnungen widersetzt.
Öffne unsere Herzen füreinander, dass wir sie teilen,
und unsere besondere Farbe im Regenbogen deines Lebens zeigen dürfen,
dass die Welt die Farbenpracht deiner Liebe spiegelt.
Amen.

Vater Unser
Lied: Der Herr segne Dich (Singt Jubilate 64)
Segen
Lied: Alle was atmet


Predigt:  

Liebe hat viele Farben.
Wir haben gerade viel über die Liebe gehört, wie sie sich anfühlt.
Unterschiedliche Erfahrungen und Fragen kamen zur Sprache.
Die Farbe der Liebe änderte sich dabei immer wieder.
Und es wurde deutlich: Egal auf welche Art wir Liebe in unserem Leben erfahren, als Bereicherung, als Störung, als Glück, als Last, als Erfüllung oder als Sehnsucht, 
die Liebe beschäftigt alle.
Sie ist eine Kraft, die uns nicht loslässt, unser ganzes Leben.
Eigentlich sehnt sich jeder und jede danach, wiedergeliebt zu werden, verliebt zu sein.
Irgendwann einmal sollte es einen erwischen. Oder?

Liebe hat viele Farben.
Und Liebe ist mehr als Sexualität.
Das hören wir immer wieder. Gerade in der Kirche.
Das stimmt sicherlich,
aber  nehmen wir uns einen Moment Zeit, das genauer anzusehen
und schauen dabei zunächst auf den Anfang der Schöpfung:
Liebe ist am Anfang kaum von Sexualität zu lösen.
Am Anfang hat Gott jedenfalls keinen großen Unterschied zwischen beidem gemacht:
Seid fruchtbar und mehret euch, war der erste Satz, den er seinen Ebenbildern sagte.
Deutlicher kann man eigentlich kaum werden.
Also lieben, damit sich die Erde füllt?
Ist das der Sinn, warum Gott dieses großartige Gefühl in die Welt gebracht hat?
Natürlich nicht. Nicht nur.
Gott ist doch kein Spielverderber.
Ich stelle mir Gott häufig so vor, dass er uns zusieht, wie wir über die Jahrhunderte hindurch immer mehr über sein großartiges Werk herausfinden.
Er musste sich sehr in Geduld fassen,
bis endlich akzeptiert war, dass die Erde sich dreht,
und dass es ein Weltall gibt und nicht ein Gewölbe, wie die Menschen zu biblischen Zeiten vermuteten.
Toll, sagte Gott dann irgendwann, jetzt haben sie auch die Sache mit den Elektronen und Atomen herausgekriegt.
Ein Künstler wird eben gerne gewürdigt.
So auch in der Sache mit der Liebe.
Wenn wir davon ausgehen, dass Gott von Anfang an dabei war,
und daran möchte ich doch gerne festhalten,
dann hat er von Anfang an kein Problem damit gehabt,
dass die Liebe die unterschiedlichsten Farben entwickelt, dem Leben überhaupt seine Farbe gibt.
Alles, was atmet, alles was lebt, ist heilig vor mir.
Das war und ist seine Einstellung  zum Leben.
Die Fortpflanzung ist dabei durchaus ein Aspekt. 
Aber schon die Fruchtfliegen, die eindeutig vor uns da waren, haben bei der Wahl des Sexualpartners nicht sehr darauf geachtet, wen sie da gerade erwischten.
Männlein, Weiblein, eigentlich egal, solange insgesamt so viele Fruchtfliegen herauskommen, um die Menschen zu ärgern.
Ansonsten haben die Herren und Damen Fruchtfliegen das Leben genossen, wie es gerade kam.
Und die Bornoboaffen, Schwäne und andere Tierarten machen da keine Ausnahme.
Sollen wir darüber die Nase rümpfen wie Darwin es getan hat, weil das nicht in sein Konzept passte, es gar als Unfall der Natur ansehen?
Wer sind wir, über Gottes Schöpfung zu urteilen?
Ich denke, dass es Homosexualität gibt, schon immer gab und immer geben wird, zeigt uns, dass Liebe, Sexualität auch einfach dazu da ist, den Menschen Freude zu bereiten.
Es gibt kein Muss, keine Vorschriften, kein: Das muss man so und so tun.
Die Liebe ist eine Urkraft, wie ein Lied, dass uns beschwingt,
ein Wirbelwind, der nur aus Süßigkeiten besteht und mich mitreißt,
Vanilleeis mit heißen Himbeeren, das mir auf der Zunge zergeht.
Liebe ist auch ein Genussmittel.
Die Liebe ist da, um unser Leben farbig und glücklich zu gestalten.

Liebe hat viele Farben.
Sexualität ist sicherlich nicht der einziger Ausdruck der Liebe, wohl aber eine Grundlage unserer Lebenskraft.
Sexualität umfasst viel mehr als den Wunsch und die Bereitschaft, ein Bett gemeinsam aufzusuchen.
Sexualität, Erotik ist die Fähigkeit, das Leben intensiv zu spüren, zu erfassen, auszukosten.
Aus dieser Kraft, sagt die Forschung, speist sich unsere ganze Empfindungsfähigkeit, unsere sinnliche Wahrnehmung, unsere Kreativität.
Wer von der Wurzel dieser Kraft abgeschnitten oder sehr verletzt wird, hat es schwer.
In dem Film „Das Leben der anderen“ schwärmt der Stasioffizier seinem Vorgesetzten vor, wie toll man doch die aufmüpfigen Kreativen in den Griff bekommen kann.
Steck sie einfach ein paar Monate in Einzelhaft und verhindere jegliche Kommunikation verhindert, sagt er. Dann ist ihre Kraft so gebrochen, dass man sich danach nicht mehr um sie kümmern müsse. Sie können dann gar nicht mehr schreiben, malen, etc. 
Menschen durch ein Verbot ihrer Sexualität von ihrer Lebenskraft abzuschneiden,
sie zu behindern, zu verhöhnen, mit schiefem Blick zu betrachten,
all das  geht in dieselbe Richtung.
Zugegeben: Es hat sich bei uns viel verändert, auch in der Kirche.
In einigen Landeskirchen, so auch der unseren, dürfen homosexuelle Paare auch im Pfarrhaus wohnen,
wobei das Wort „dürfen“ hier auch einen schiefen Klang hat.
Es sollte selbstverständlich sein.
Ich denke keiner, der halbwegs bei Sinnen ist, wird hier bei uns öffentlich homosexuell veranlagten Menschen das Recht ihre Liebe zu leben absprechen.
Ich gehe auch bei den meisten, die hier im Gottesdienst sitzen davon aus.
Aber das ist nur der öffentliche Text, den wir zeigen.
Der Text darunter redet eine andere Sprache, der spürbar ist, auch wenn man ihn nicht sagt,
er redet von der unheilvollen Geschichte, die einige biblische Sätze mit bewirkt haben,
er redet von der Angst vor Gewalt auf der Straße,
von spürbarem, seit Generationen weitergegebenem Ekel, der sich nicht unterdrücken lässt, auch bei gutem Willen nicht, vor allem bei Männern.
Der Text darunter redet von der Unsicherheit, wie damit umzugehen ist, wenn mir ein Freund sagt, dass er schwul ist,
redet vom Kampf, eine Familie zu gründen gegen alle Widerstände,
von Nachrichten über Verfolgung und Mord in nicht wenigen Ländern dieser Welt,
von Olympischen Spielen, in denen gerade der Schmerz und die brutale Verfolgung homosexueller Menschen in Russland in einer Wolke rosaroter Farbenseligkeit droht unterzugehen,
der Text redet von einer Atmosphäre also, die der Liebe nicht gerade förderlich ist und von der wir alle wissen.
Sie prägt unser Verhalten als Homosexuelle und als Heterosexuelle.
Und sie widerspricht zutiefst Gottes schöpferischer Ordnung!

Die Liebe hat viele Farben.
Wie geht es jungen Menschen, die entdecken, dass sie homosexuell sind?
Als ich die Ergebnisse der Umfrage, die ich mit einigen von euch gemacht habe, gelesen habe,
war ich zugleich erstaunt und froh über eure Sicherheit,
dass sich, wenn ihr euren Eltern sagen würdet, ihr seid schwul oder lesbisch, dass sich in eurem Verhältnis zu euren Eltern nichts ändern wird und die Liebe unangetastet bleibt.
Auch die engsten Freunde werden damit leben, denkt ihr.
Schwieriger wäre es, davon in der Schule zu reden
und etwas ängstlich oder traurig wäret ihr im Hinblick auf die Zukunft,
auf Familie, die ihr meint dann nicht haben zu können,
auf die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Aber ihr würdet euch nicht verstecken, offen damit leben, das auf jeden Fall.
Wie geht jungen Menschen, die entdecken, dass sie homosexuell sind?
Wie singen Männer von der Liebe, die Männer lieben?
Hören wir ihnen einfach zu.

(Die folgenden Beiträge von Lina-Sophie und Kevin sind der Handreichung der Ev. Jugend der EKBO zum Thema entnommen; http://www.ejbo.de/files/newsletter/Bunt_wie_gottes_schoepfung_web.pdf)
Lina-Sophie, 18 Jahre: Ich wusste schon sehr früh, dass ich mich auch für Mädchen interessiere. Auf einer Chorrüste, 7. Klasse, habe ich es zum ersten Mal einer Freundin erzählt. Ich war supernervös und brachte kaum ein Wort vor, aber als sie dann verstand, wovon ich sprach, war es gar keine große Sache. Ändert sich doch dadurch nichts, sagte sie nur. Tat es tatsächlich nicht, nicht mal, als das Coming-Out zu meinen Eltern fällig wurde. Es war überhaupt kein Problem.
Das änderte sich erst, als ich begann, mich auch in freikirchlichen Kreisen zu bewegen. Ein langes Jahr lang versuchte ich sie zu überzeugen, dass Homosexualität keine Sünde ist. „Du betest nicht genug“ war Standartantwort, „Gott wird dich heilen.“ Ich hab’s echt versucht. Ich hab mich angestrengt, ich war mit zwei tollen Typen zusammen, hab viel Bibel gelesen, lautstark Lobpreislieder gesungen und versucht mich daran zu gewöhnen, dass meine Sexualität Thema jedes Gebetskreises war. Effektiv erreicht habe ich damit eigentlich nur, dass ich irgendwann weder Gott noch mich leiden konnte. Gott liebt jeden, auch die Sünder, hatte ich meine ganze Kindheit über gelernt. Nur mich wollte er jetzt nicht mehr so haben, wie ich schon immer gewesen war. Wie echt war diese Liebe wirklich? Ich habe Jahre gebraucht, um meinen Weg zum Glauben zurück zu finden und ein Teil meines kindlichen Vertrauens auf Gott, ist wohl für immer verloren gegangen. „Gott ist nur Liebe“ singt man in Taizé. Meine Liebe ist Teil von Gottes Geschenk an mich. Die Hauptsache ist, dass ich sie teile. Egal ob mit einem Jungen oder Mädchen.
Lied: Your song, Elton John, Strophe 1/2, Refrain

Kevin, 23 Jahre
Wenn man so darüber nachdenkt, ist es eigentlich schade, dass man sich „outen“ muss. Für mich ist Sexualität etwas Intimes. Gut, man muss sich nicht „outen“, aber ich fühlte mich irgendwann dazu genötigt:
Die Frage „hast du (schon) eine Freundin?“ störte mich erst nur wenig, schließlich hatte ich noch keine Freundin. Doch mich selber habe ich schon gefragt, warum das so ist. Innerlich suchte ich nach Ursachen dafür. So glaubte ich wenig attraktiv für Mädchen zu sein, einfach nicht die Richtige getroffen oder schlichtweg Pech in der Liebe zu haben. Relativ früh hatte ich schon den Gedanken, anders als alle anderen Jungs zu sein.
Diese Gefühle wurden in mir mit der Zeit immer klarer und meine Vorstellung von einem Leben mit Frau und Kindern musste ich verwerfen. Es war ein innerer Kampf zwischen der Aufrechterhaltung einer Fassade und meinen Empfindungen. Ich konnte und wollte den Gedanken nicht ertragen schwul zu sein und fragte mich, warum gerade ich so fühle.
Aber alles Ignorieren brachte nichts und ich versuchte mich allmählich damit abzufinden, wie ich geschaffen wurde. Doch bis ich an diesem Punkt war, erlebte ich eine tiefe Glaubenskrise. Ich hatte Angst mich durch meine Gefühle von Gott zu entfernen und aus der Kirche ausgeschlossen zu werden. Zugleich konnte ich aber nicht glauben, dass Gott einige Menschen wegen solch einer „Kleinigkeit“ nicht mehr lieben würde.
Schon bald, als ich mir innerlich eingestanden hatte schwul zu sein, verliebte ich mich. Meinen ersten Freund hatte ich nicht lange, aber immerhin war ich mir nun über meine Gefühle wirklich im Klaren. Die Frage „Hast du eine Freundin?“ wurde mehr und mehr unerträglich. Ich hatte zwar Angst vor einem „coming-out“, wollte aber meinen Freunden und Verwandten, insbesondere meinen Eltern, keine Lügen mehr erzählen. Eines Abends war ich bei einer älteren Dame aus meiner Kirchengemeinde. Wir haben uns vor vielen Jahren angefreundet. Sie ist mittlerweile wie eine Uroma für mich. An dem besagten Abend sprach sie über ihre ersten Erfahrungen mit Liebe und Partnerschaft. Sie machte Andeutungen, als würde sie ahnen, was in mir vorgeht. Ihr eröffnete ich als erste meine Gedanken und Empfindungen. Darüber zu reden war eine unglaublich starke Erlösung. Ich fühlte mich so sehr von meinen inneren Zwängen befreit, dass ich weinen musste. Ihre positive Reaktion bestärkte mich, so zu leben, wie ich empfinde.
Da ich mit meinen Eltern ein gutes Miteinander pflege, wollte ich mich noch vor meinen Freunden bei ihnen zu meinem Schwulsein bekennen. Ich hatte große Angst vor der Reaktion. Als mein Vater endlich von der Arbeit kam, musste es heraus: „Vati, ich muss dir was sagen: Ich bin schwul“. Noch immer bin ich über seine Reaktion verblüfft: „Und? Verändert das irgendetwas zwischen uns beiden?“.
Lied: Your song, Strophe 3/4, Refrain

How wonderful life is, while you're in the world.
Wie wundervoll ist das Leben, weil du auf der Welt bist.
Die Freude darüber am Leben zu sein, und es mit dem oder der Liebsten teilen zu dürfen, ist ein Geschenk.
Ein Geschenk, für das auch ein reicher und berühmter, homosexueller  Mann wie Elton John lange gebraucht hat, um es sich öffentlich zuzugestehen,
über das er  nun öffentlich singt, wie seine heterosexuellen Kollegen ebenfalls und, jedenfalls inhaltlich, nicht viel anders.
Liebe hat viele Farben.
Sie steht, so sagt es Paulus, über dem Glauben, über der Hoffnung.
Sie gibt unserem Leben Farbe,
unserem Glauben seine Sprache,
unserer Hoffnung Flügel.
Es ist in diesem Gottesdienst längst nicht alles gesagt, was zu sagen wäre. Vielleicht habe ich hier einige  doch vor den Kopf gestoßen. Aber ich muss ehrlicherweise sagen: Es tut mir nicht leid.
Es ist ein Thema, das man kaum so anpacken an, ohne dass es kratzt.
Aber es ist ein Thema, über dass immer wieder geredet werden muss, weil es uns alle betrifft, weil Menschen immer wieder an der Liebe leiden, nicht nur weil sie homosexuell sind, sondern aus vielen anderen Gründen und es wichtig ist, dass sie damit nicht alleine bleiben, sondern sich einander vertrauensvoll öffnen und gegenseitig helfen.
Und ich hoffe, dass wir nicht dabei stehen bleiben, sondern reden, miteinander, so offen wie möglich, nicht von der Kanzel aus, sondern miteinander, auf Augenhöhe.
Von hier aus kann ich nur noch den Wunsch weitergeben,
dass unsere Gemeinde ein Ort ist, bleibt und auch wird,
in der die Farbenpracht von  Gottes Liebe eine Chance hat sich zu entfalten,
ein Ort ohne schwulen- oder lesbenfeindliche Sprüche,
die verletzen, auch wenn sie scherzhaft gemeint sind,
ein Ort des Vertrauens, dass die Liebe nicht geweckt wird, bis es ihr selber gefällt und
jede und jeder sein Tempo haben darf, nicht mehr gibt als er oder sie geben möchte, aber das in aller Freiheit,
ein Ort, an dem geschützt wird, was unser Kostbarstes ist,
die Vielfalt der Wege geachtet und geschätzt werden und Jugendliche sich gegenseitig vertrauen und helfen,
ein Ort, an dem die Gnade Gottes sich immer wieder auf erstaunliche und überraschende  Art und Weise Bahn bricht und die Furcht aus unseren Herzen vertreibt,
dass wir Gott zu Ehren aus ganzer Seele, aus ganzem Herzen und mit all unserer Kraft leben, was in uns steckt,
miteinander und füreinander sichtbare Farben der Liebe werden
in Gottes wunderbarer Schöpfung.
Amen





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