Samstag, 17. Januar 2015

1 Kor 2, 1-10. 2. Sonntag n. Epiphanias


Gnade sei mit euch und Friede von dem der da ist und der da war und der da kommt.

Die lachen.
Sie lachen über ihn.
Er hat geredet und das  kann er nicht gut.
Stotternd hat er von Jesu Kreuz gestammelt.
Sie haben amüsiert die Augenbrauen hochgezogen und gelächelt.

Ja, ja, Paulus, das Kreuz, wissen wir.
Brauchen wir aber nicht so zu betonen.
Das Kreuz, mein Lieber, das macht die Römer hellhörig.
Wir verehren einen, der von ihnen verurteilt wurde?
Das kommt nicht gut.
Auferstehung!, Paulus,
Weisheit, Glaube, Gott!
Das wollen wir hören.
Mach uns Hoffnung, erbaue uns.

„Aber...“, stottert Paulus, und schon wieder ist Leere in seinem Hirn.
Und Wut rumort im Bauch.
Was bilden die sich ein, die hier in Korinth,
dass sie sich ihm so überlegen fühlen?
Sie kennen sich aus hier, na gut.
Sie sind nicht arm,
einige sind sogar reich.
Sie kennen sich auch aus in der Philosophie der Zeit,
können mitreden.
Und sie haben sich für die christliche Gemeinde entschieden.
Das muss man anerkennen.
Sie sind hier,
weil sie Antworten auf Lebensfragen suchen.
Weil sie die Ungerechtigkeit der Welt spüren und sich zu Herzen gehen lassen.
Sie sitzen zusammen mit den Sklaven und Armen.

Paulus hat das Evangelium nach Korinth gebracht.
Man hat es ihm abgenommen.
Danke, Paulus, das ist gut,
aber den Rest kriegen wir schon selber hin.

Paulus reist wieder ab, fährt nach Philippi,
die Gemeinde, in der er sich zu Hause fühlt,
Menschen, die ihn schätzen und nicht verlachen.
Er schreibt einen Brief.
Und stellt sich die Gesichter vor in der Gemeindeversammlung von Korinth,
wenn er verlesen wird, wie alle seine Briefe.
Und findet sein Lächeln wieder, das ihm beim Lachen der anderen vergangen ist.
Er weiß wieder, wessen Bote er ist und welche Botschaft er weiter zu geben hat.  
Er hat den Blick Gottes auf die Welt wieder klar vor Augen.
Und er schreibt im 1 Korintherbrief im 2. Kapitel:
Liebe Brüder und Schwestern, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten und hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen!“

Sie werden grinsen, denkt Paulus, aber sie werden aufhorchen. Geheimnis Gottes, das macht sie neugierig und er schreibt weiter:

Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten. Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern;
4 und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft,
5 damit euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.

Weisheit, Paulus, werden sie denken, bleib bei der Weisheit und der Kraft. Klingt gut.
Und rede dich nicht raus, dass Gott Stotterer braucht für seine Botschaft. 
Paulus lächelt wieder und holt aus:

6 Wovon wir aber reden, das ist dennoch Weisheit bei den Vollkommenen; nicht eine Weisheit dieser Welt, auch nicht der Herrscher dieser Welt, die vergehen.
7 Sondern wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist, die Gott vorherbestimmt hat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit,
8 die keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat; denn wenn sie die erkannt hätten, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.
9 Sondern es ist gekommen, wie geschrieben steht (Jesaja 64,3): »Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.«
10 Uns aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit.

Die Herrscher der Welt werden vergehen.
Die Herrscher der Welt haben den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt.
Da werden sie sich etwas erschrocken umblicken, da ist er sich sicher.
Und gar nicht mehr so überlegen, sondern ängstlich schauen:
 Ob da wohl ein Spitzel unter ihnen ist?
Sie werden nicht mehr lächeln.
Und sie werden hoffentlich verunsichert sein, und verstehen, dass es Paulus nicht um sich selbst geht.
Paulus malt ein anderes Bild von der Welt.
Er übermalt alle Vorstellungen von Größe und Göttlichkeit, die sie gewöhnt sind von den Herrschaften im Olymp.
Er wischt die Maske von Selbstsicherheit und Macht ab.
Er malt die Gewalt, die sich dahinter versteckt.
Das Leid der Sklaven.
Das Leid Israels.
Das Leid derer, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden.
Er malt wie keiner aus Korinth malen kann.
Malt nicht eigene Bilder, malt Gottes offenen und klaren Blick auf die Welt
Ihnen vor Augen.
Der lässt sich nicht täuschen.
Gott hat mehr als ein Lächeln für die Herrscher der Welt, die sich so überschätzen,
und viele Tränen für die, die unter ihnen leiden.

Die Mitte der Welt ist kein Palast,
sondern ein Kreuz und einer, der dran hängt.
Ein Bild, wo es einem die Sprache verschlägt.
Das Bild Gottes von dieser Welt,
eine Skizze der Klarheit, die einer malt, der  mit ganzem Herzen dabei ist und will, dass sich etwas ändert und zwar nicht an den Leidenden vorbei.

Das Bild sagt:  Gott bleibt dabei,
bleibt bei dem Mann am Kreuz
und damit mit beiden Beinen auf der Erde, bei uns.
Gott lässt sich entdecken von denen, die das Offensichtliche beiseite schieben, und hinsehen, ganz genau.
Gott lässt sich verkünden von Menschen wie Paulus, bei denen ihm keine Selbstinszenierung  die Botschaft verfälscht.
Stottern und Zittern, das ist Gottes Art, den Herrschenden und der Bosheit der Welt gegenüber zu treten.

Lachhaft mag das erscheinen,
aber Gott lässt sich von Gelächter nicht aufhalten.
Das geht in die Tiefe,
bleibt nicht an der Oberfläche.
Gott nimmt Paulus mit in seinen Blick hinein, versetzt ihn in Unruhe, die sich nicht beruhigen lässt.
Paulus hätte das Zeug zum Satiriker gehabt und sich bei Charlie Hebdou bewerben können.
Der Satiriker, sagt Tucholsky,  ist ein gekränkter Idealist:
er will die Welt gut haben, sie ist schlecht,
und nun rennt er gegen das Schlechte an.

Warum immer das Kreuz, Paulus, warum nicht positiver, könnte man fragen? Warum oft so böse, Charlie Hebdou?
Satire, sagt Tucholsky, muss übertreiben
und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht.
Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort:
Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten. […] Was darf die Satire? Alles.“

Der Mann am Kreuz, den Paulus in  die Mitte des Bildes rückt, ist ebenfalls ein Satiriker in Tucholskys Sinn.
Er rennt gegen die Ungerechtigkeit an, leidet mit den Unterdrückten und mit denen, die er anprangert.
Er erlaubt sich alles,
Worte, Karikaturen über Pharisäer, die wir uns heute niemals erlauben würden,
er lästert über reiche Kornbauern,
stellt Menschen bloß durch sein Handeln,
streitet sich mit denen, die alles zu wissen meinen,
heilt, wo keiner Wege zur Heilung sieht,
liebt, die keiner lieben will,
rennt sogar in den eigenen Tod,
trotz aller Warnungen.
Nur um denen nicht recht zu geben, die das Recht in ihren Händen halten.
Er hält die Fahne der Gerechtigkeit hoch aus Liebe, weil er Gottes Bild einer befreiten Welt teilt.

Ungerecht, nicht im Gleichgewicht ist so vieles.
Weit entfernt vom Frieden.
Und solange das so ist, dürfen wir dieses Bild vom Kreuz nicht verwischen,
müssen hinschauen und selber malen, wenn auch mit Zittern
und reden, auch wenn wir nur noch stottern können,
dem Frieden und der Gerechtigkeit hinterherrennen,
sichtbar machen, worüber so oft hinweggegangen wird,
nicht nur in Paris, auch in Nigeria,
nicht nur in Syrien, auch in Dresden,
nicht nur auf den Flüchtlingsbooten, sondern auch in den Heimen bei uns.
Eine Ansammlung von Leid,
unterschiedlich, natürlich,
aber Leid, das es braucht, dass man ein Auge darauf wirft und es nicht wegschiebt.

Es ist viel in Bewegung gekommen in der letzten Woche, in die eine oder andere Richtung.
Menschen, die sich voneinander fern gehalten haben,
reichen sich die Hände, unter dem Eindruck des Pariser Attentates.
Andere, die kein Verständnis verdienen, reden der Dummheit und dem Hass das Wort, höhnen und lachen über den ungeklärten Tod eines Asylbewerbers in Dresden,
ein Lachen, das sich an den Wänden der Bosheit bricht und leider zurück in die Welt fällt.
Wieder andere, viele, stehen auf und gehen auf die Straße, sagen Nein zu Hass und Fremdenfeindlichkeit, sagen Nein zu Terror und Gewalt.
Und einige, die großen Respekt verdienen, drucken ihre Zeitung mit der Aufschrift: Tout est pardonné“: Alles ist vergeben.
Und auch wenn sie das vielleicht nicht so gerne hören, aber  sie sind damit so sehr auf dem Weg dieses Mannes, der Gottes Gerechtigkeit lebte.

Unsere Aufgabe:
Das Bild seines Geistes malen,
unerschrocken und gelassen
und wenn möglich, ohne sich die Freundlichkeit austreiben zu lassen,
Gottes Bilder, seinen Blick auf die Welt teilen,
den Frieden suchen und ihm nachjagen und uns nicht irren machen lassen,
und die suchen, die mit uns auf diesem Weg sind.
Und dem Gelächter ein Lächeln entgegensetzen,
das sich anstecken lässt vom Geist Gottes
.

Uns aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist; sagt Paulus,
denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit.
Der Geist sieht hin und nicht weg, sieht genau hin und gibt sich mit einfachen Antworten nicht zufrieden,
macht es sich und uns nicht leicht, aber es lohnt sich
sagt Hans-Peter Hüsch,
lohnt sich zu versuchen, den Maler der Welt zu verstehen und ihm nachzuleben.
Denn, so Hüsch,
Gott ist nicht leicht
Gott ist nicht schwer
Gott ist schwierig
Ist kompliziert und hoch differenziert
Aber nicht schwer
Gott ist das Lachen nicht das Gelächter
Gott ist die Freude nicht die Schadenfreude
Das Vertrauen nicht das Misstrauen
Er gab uns den Sohn um uns zu ertragen
Und er schickt seit Jahrtausenden
Den Heiligen Geist in die Welt
Dass wir zuversichtlich sind
Dass wir uns freuen
Dass wir aufrecht gehen ohne Hochmut
Dass wir jedem die Hand reichen ohne Hintergedan­ken
Und im Namen Gottes
Kinder sind
In allen Teilen der Welt
Eins und einig sind
Und Phantasten dem Herrn werden
Von zartem Gemüt
Von fassungsloser Großzügigkeit
Und von leichtem Geist.
Ich zum Beispiel möchte immer Virtuose sein
Was den Heiligen Geist betrifft
So wahr mir Gott helfe.
Amen

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