Montag, 13. Februar 2012

Steht auf für Gerechtigkeit – Anspiel zum Weltgebetstag 2012


Steht auf für Gerechtigkeit

6 Personen sitzen auf Stühlen. P1 schläft, P2 schnippelt Möhren, , P3 übt pantomimisch ein Musikinstrument, P4 meditiert, P5 blättert hektisch in einem Aktenordner, P6 liest die Zeitung.

Sprecher:             (vollmundig) Steht auf für Gerechtigkeit!
Person 1:             (schreckt hoch)  Verdammt nochmal! Ich war gerade eingeschlafen. Ich habe heute Abend noch eine anstrengende Sitzung. Hau ab!
Sprecher:             (energischer) Steht auf für Gerechtigkeit!!
Person 2:             Die Kinder kommen gleich aus der Schule. Und ich habe nur kurz Pause. Doppelbelastung. Ich sag Ihnen. Was für eine Gerechtigkeit? Und aufstehen? Jetzt wo ich grade mal sitze.
Sprecher:             (genervt) Steht auf für Gerechtigkeit!!
Person 3:             Einmal tue ich etwas für mich, einmal! Und da soll ich wieder für andere...? Nein, jetzt ist dann auch mal Schluss.
Sprecher:             (schon ein wenig verzweifelt) Steht auf für Gerechtigkeit!
Person 4:             Einatmen, ausatmen, bring mich ja nicht aus dem Takt. Ich muss meditieren, sagt mein Arzt, ich bin so aggressiv und hektisch. Und noch eine Aufgabe mehr, das geht gar nicht. Ich nehme ohnehin jede Aufgabe an, die mir vor die Füße fällt.
Sprecher:             (brüllt) Steht auf für Gerechtigkeit!
Person 5:             (fällt der Aktenordner aus der Hand, Blätter fallen auf dem Boden) Das darf doch nicht wahr sein! Ich war fast fertig, fast, bis Sie hier ankamen und rumgebrüllt haben! Haben Sie noch alle Tassen im Schrank?
Sprecher:             (jedes Wort betonend) Steht ...auf...für...Gerechtigkeit!
Person 6:             (gönnerhaft, legt die Zeitung hinunter)  Gerne, meine Liebe, an welche Gerechtigkeit denken Sie denn, hm? An die Geschlechtergerechtigkeit? Oder Bildungsgerechtigkeit? Oder vielleicht Chancengerechtigkeit? Oder an soziale Gerechtigkeit? Oder Verteilungsgerechtigkeit? Oder Teilhabegerechtigkeit? Oder Leistungsgerechtigkeit? (Beispiele aus dem Vorbereitungsheft)
Na? Differenzieren Sie das doch mal, Sie müssen das doch differenziert sehen. Den Armen helfen wir alle gerne und ich bin auch gerne mal bereit, einen kleinen rechtlichen Rat umsonst zu geben, aber kommen Sie mir nicht mit der Weltwirtschaft oder der Ausbeutung von afrikanischen Ländern oder... Na, da werden Sie kleinlaut, was? Da fällt Ihnen gar nichts mehr ein, wie? Na, dann kann ich ja beruhigt weiterlesen. Sehr empfehlenswert übrigens dieser Artikel. Bringt auch Sie weiter. Es ist nämlich nicht alles so einfach, wie man denkt.
Sprecher:             (blickt nach oben, ruft durch die Hände) Jesus, steh auf für Gerechtigkeit!
Jesus:                   (kommt von der Seite rein) Schon wieder?
Sprecher:             Was heißt hier „Schon wieder?“ Du hattest fast 2000 Jahre Ruhe.
Jesus:                   Das denkst du dir so. Und was ist mit all meiner geistlichen Präsenz? Hm? Aber die wird mal wieder nicht gewürdigt. Das ist ja selbstverständlich.
Sprecher:             Nein, nein, schon gut, wir sind dir ja auch wirklich dankbar. Aber guck dir diese Schnarchnasen mal an (zeigt auf die Sitzenden). Glaubst du, irgendeiner bewegt sich da mal? Kannst du da nicht mit ein wenig Präsenz... ich meine...
Jesus:                   Mal sehn. Sag mir doch erst einmal, worum es geht.
Sprecher:             Na, das ist doch offensichtlich.
Jesus:                   Geht das vielleicht noch etwas genauer?
Sprecher:             Na, die Zustände in der Welt stinken doch zum Himmel. Es muss eine Umverteilung stattfinden, sofort!
Jesus:                   Umverteilung von was?
Sprecher:             Geld, Nahrung, Bodenschätze, all das.
Jesus:                   Klar. Und weiter?
Sprecher:             Naja, Abrüstung, keine Mittel mehr fürs Militär.
Jesus:                   Logisch. Bin übrigens schwer enttäuscht, dass ihr es in 2000 Jahren immer noch nicht geschafft habt, von den Bäumen herunter zu kommen.
Sprecher:             Wie jetzt?
Jesus:                   Na, das ist doch eines Menschen unwürdig, sich gegenseitig die Gedärme zu zerfetzen mit diesen Maschinendingern. Ich dachte, ich hätte mich damals klar ausgedrückt. Feindesliebe, andere Wange usw.
Sprecher:             Wie recht du hast.
Jesus:                   Und nun?
Sprecher:             Ich meine, da muss es doch mal langsam einen Plan geben.
Jesus:                   Einen Plan?
Sprecher:             Na, schaut Gott da zu?
Jesus:                   Ungern.
Sprecher:             Also schaut er weg?
Jesus:                   Nein, nein, aber er ist langsam mit seinem Latein am Ende.
Sprecher:             Aber er ist Gott! Kann er nicht etwas tun? Kann man da nicht mal mit ihm reden?
Jesus:                   Natürlich. Aber ich erinnere dich an den Propheten Habakuk. Der hat sich auch lauthals über das Unrecht in Israel beklagt. Und Gott hat geantwortet und das war ihm dann auch nicht so recht.
Sprecher:             Was passierte?
Jesus:                   Fremde Truppen marschierten ein und damit war dem Unrecht in Israel ein Ende gesetzt.
Sprecher:             Also war Gott gewalttätig.
Jesus:                   Andere Zeiten, andere Sitten.
Sprecher:             Jetzt sei mal ernst. Du hast doch dieses Gleichnis von der Witwe erzählt. Mit dem Richter, den sie so lange genervt hat, bis er ihr Recht verschafft hat.
Jesus:                   Ja, ich erinnere mich dunkel.
Sprecher:             Und du hast gesagt, dass Gott meilenweit von diesem Richter entfernt ist und sofort reagieren wird, wenn man ihn bittet.
Jesus:                   Ja, schon, aber du musst da schon etwas klarer sein. Einfach allgemein in der Gegend rumtönen, das geht nicht. Du musst differenzieren.
Sprecher:             Fängst du auch schon damit an.
Jesus:                   Also, im Umgang mit anderen musst du folgendes beachten: Du musst sie da abholen, wo sie gerade sind. Einfühlsam sein. Ihnen die Lage klarmachen. Sie dazu bringen, dass sie denken, sie können nicht glücklich sein, wenn ein anderer leidet. Das ist Gerechtigkeit. Die müssen wir durchsetzen.
Sprecher:             Ich dachte gerade, Gott könnte ein wenig...
Jesus:                   Was denn, ein wenig? Meinst du also Gott entsorgt die Waffen in den Weltraum, löst die Banken auf, fackelt alle Grenzzäune ab, teilt den Besitz gleichmäßig auf alle auf, baut bessere Umweltfilter in die Schornsteine ein, richtet öffentliche Küchen ein, sperrt gefährdete Tierarten für eine Übergangszeit in den Garten Eden und...
Sprecher:             Ist ja gut, ist ja gut. Wir sollen es selber tun, mal wieder.
Jesus:                   Nein, ihr könnt nichts selber tun.
Sprecher:             Also, jetzt bin ich aber mit meinem Latein am Ende.
Jesus:                   Die malayischen Frauen haben  doch eine gute Taktik empfohlen, durch die Auswahl der Bibeltexte.
Sprecher:             Haben sie?
Jesus:                   Also, was hat Habakuk gemacht?
Sprecher:             Rumgebrüllt.
Jesus:                   Unter anderem. Deutlich mit Gott geredet, zu ihm gerufen.
Sprecher:             Und?
Jesus:                   Na, und in dem Hin und Her ist ihm klargeworden, was zu tun sei?
Sprecher:             Nämlich?
Jesus:                   Gott zu loben?
Sprecher:             Du nervst.
Jesus:                   Nicht doch! Denk doch mal positiv. Du kannst mit Gott reden. Und er hört dir zu. Und reagiert auf die eine oder andere Weise.  Das ist doch toll! Da kann man doch auch mal was aushalten. Da bekommt man doch einen ganz anderen Blick auf alles.
Sprecher:             Das ist mir zu vage. Was tut er denn nun genau?
Jesus:                   Na, er sorgt dafür, dass das eintritt, was du wünscht.
Sprecher:             Wirklich? Gerechtigkeit?
Jesus:                   Moment, Moment, du hast dir vorhin gewünscht, dass die Menschen aufstehen für Gerechtigkeit, korrekt?
Sprecher:             Ja, wäre ein Anfang.
Jesus:                   Na siehst du. Das kriegen wir doch hin. Schau mal, die Frau da, die die Möhren schnippelt, das tut sie doch für ihre Kinder, oder nicht?
Sprecher:             Hat sie gesagt.
Jesus:                   Na die lässt ihre Kinder doch sicher keinen Handschlag tun und da ist sie doch prädestiniert dafür eine Kampagne gegen die Kinderarbeit zu starten.
Sprecher:             Meinst du?
Jesus:                   Na klar. Und der Klugscheißer...
Sprecher:             Jesus!
Jesus:                   Entschuldige, der Mann mit der Zeitung, dem ist sein Geld sicher sehr wichtig und dem muss man fühlbar machen, wie ein Leben ohne Geld aussieht.
Sprecher:             Als ob den das beeindruckt.
Jesus:                   Man könnte Gott bitten, den ein oder anderen Alptraum vorbei zu schicken.
Sprecher:             Ach so.
Jesus:                   Ja und dann könnte der mal die Weltbank auf solidarischere Füße stellen und dafür einen Plan entwickeln.
Sprecher:             Möglich.
Jesus:                   Für die anderen fällt uns sicher auch was ein.
Sprecher:             Du willst also den Leuten zu nahe treten, sie bei ihren Empfindlichkeiten packen....
Jesus:                   Ich würde es eher ‚Empfindsamkeit’ nennen, aber ja, genau so. Die Witwe damals, die hat es genauso gemacht. Die hat gewusst, dass dem Richter alles egal ist, Gott, Menschen, aber seine Ehre, die ist ihm nicht egal. Und da hat sie ihm mit öffentlichen Schlägen gedroht und damit hatte sie ihn.
Sprecher:             Und was macht Gott, außer Träume schicken?
Jesus:                   Na, bin ich da oder bin ich nicht da.
Sprecher:             Er hat dich geschickt?
Jesus:                   Sieht ganz so aus. Und ich muss sagen, du reagierst darauf ziemlich gelassen. Ich bin an etwas andere Empfänge gewöhnt.
Sprecher:             Wann haben dich die Menschen je mit einem roten Teppich empfangen?
Jesus:                   Auch wieder wahr.
Sprecher:             Du, Jesus?
Jesus:                   Ja?
Sprecher:             Bleibst du noch ein bisschen? Du machst mich irgendwie so zuversichtlich. Ich kann so gut mit dir reden. Und dann sehe ich die Dinge wieder anders, hoffnungsvoller. Ich spüre, dass sich Tatkraft in mir entwickelt. Ich habe das Bedürfnis das Leben zu umarmen, zu loben, zu jubilieren. Ich...
Jesus:                   Ist ja gut, ist ja gut. Hör zu, versuchen wir es doch mal weiter mit der Präsenz.
Sprecher:             (enttäuscht) Der geistlichen?
Jesus:                   Ja. Ich bin immer auf Empfang. Im Gebet erreichst du mich jederzeit.
Sprecher:             Hm.
Jesus:                   Die malayischen Frauen wissen das zu schätzen. Sie üben ihre Stimme, ihr Standvermögen, ihre Phantasie im Gebet. Und bewegen danach einiges.
Sprecher:             Ja, ja.
Jesus:                   Komm, eine kleine Probe. Bring die Leute zum Aufstehen.
Sprecher:             Für Gerechtigkeit?
Jesus:                   Vielleicht erst einmal von den Stühlen. Ist ein Anfang. Ich geh dann mal und wir üben das mit der Präsenz.
Sprecher:             (legt die Hände an den Kopf)  Ich muss nachdenken. Jesus, ich brauche eine Idee, eine zündende Idee, eine zündende? (stellt sich vor die Stuhlreihe, brüllt) Feuer!
P 1-6:                   (Springen auf, reden durcheinander) Feuer, wo denn, wie denn, was denn, ich seh keinen Qualm....
Sprecher:             Sorry Leute, blinder Alarm. Aber wo ihr gerade da seid (geht zur Möhrenschnipplerin) Da ist in einer Spielzeugfabrik in China, wo Kinder gearbeitet haben, Feuer ausgebrochen.
P2:                       Schrecklich, die armen Kinder.
Sprecher:             Und die Familien der toten Kinder haben nicht mal die Leichen ausgehändigt bekommen.
P4:                       Nicht mal ein tröstendes Ritual?
Sprecher:             Und die Familien stehen vor dem finanziellen Ruin.
P6:                       Das kann man doch nicht so stehen lassen. Wie kommt das?
Sprecher:             (winkt sie hinter sich her, geht langsam in Richtung Sakristei ab) Kommt, wir besprechen das mal. In Ruhe. Ich habe da einen Plan.
Alle:                     (durcheinander)  Ja? Wirklich? Lass hören. (gehen dabei ab)
Jesus:                   (auf der Kanzel) Na, seht ihr? Geht doch. Und ihr? Muss ich da auch „Feuer“ rufen oder reicht der Ruf der malaysischen Frauen: (ruft)
Steht auf für Gerechtigkeit! (schauen wir mal, was dann passiert.
- Falls sie aufstehen:
Bravo, ich bin stolz auf euch. Macht’s gut.
- Falls sie sitzen bleiben: Lasst euch ruhig Zeit, denkt nach und ich bin sicher, irgendwann hält es euch nicht mehr auf den Sitzen. Ich habe da volles Vertrauen in euch. Macht’s gut.)






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