Sonntag, 22. Dezember 2013

Predigt zu Gal 4, 4-7



Predigt zu Gal 4, 4-7
1. Weihnachtstag 2013
(mit der etwas verändert nacherzählten Geschichte von Dietrich Mendt: Von der Erfindung der Weihnachtsfreude)

Freuet euch!
Das ist der Plan, die Überschrift  für Weihnachten.
Freuet euch.
Ein gutes Motto auch für das Leben, das Gott geschaffen hat.
Freuet euch.
Das gelingt nicht jedem.
So vieles spricht dagegen, sich zu freuen.
Furcht und Sorge, zerstörte Liebe, ich brauche die Liste nicht weiter zu führen. Sie kennen sie selber.
An Weihnachten aber hören wir diese Botschaft:
Freuet euch und abermals sage ich, freuet euch, denn Gott ist nah. (Phil 4)
Leicht gesagt, nicht immer leicht getan.
Gott wusste das und er hat sich darüber Gedanken gemacht.
Wie bringe ich die Freude in die Welt.
Endgültig. Wirkungsvoll. Für jeden sichtbar.

Davon erzählt die Geschichte von der Erfindung der Weihnachtsfreude von Dietrich Mendt, die ich hier nacherzählen möchte.

Wir befinden uns im Himmel ungefähr im Jahr eins vor der Geburt des Christkindes.
Im Himmel war gerade eine Beratung im Gange:
Thema: Die Ankunft des Messias auf der Erde.
„Es ist soweit“, verkündete Gott den versammelten Engeln,
„die Menschen haben lange genug ausgeharrt,
und wir haben durch unsere Propheten die Sache schon mehrmals bekannt gegeben und versprochen, nun müssen wir endlich was tun.
Über tausend Jahre warten die Menschen, das ist eine lange Zeit,
wenigstens auf der Erde.“
Und dann überlegten Gott und die Engel gemeinsam, wie man das wohl machen könnte, den Messias, den Retter schicken.
Gabriel schlug vor, man solle einfach den amtierenden König von Juda nehmen, den Herodes.  
„Ein bisschen ruppig ist er noch, aber weißt du, Gott, du baust ihn einfach um, zu einem Heiligen. Das wird gut, du wirst sehen.“
„Nein, nein“, wiedersprach Michael, „wir nehmen einen Propheten.
Die sind von vorneherein auf der richtigen Seite.
Die brauchen keine Gehirnwäsche.“
„Finde ich auch“, stimmte Raphael seinen Kollegen zu,
‚„oder wir nehmen  diesen Johannes, den wir als später als Täufer einsetzen wollten.
Einer, mit dem sie nicht so rechnen, kann sich eher durchsetzen.“
„Genau, sagte Uriel,  „wenn er aus dem Hause Juda kommt,
vergleichen sie ihn mit dem großen König David, und womöglich schneidet der Messias dann schlechter ab.
Das schadet unserem guten Ruf im Himmel.“
Gott war mit keiner dieser Ideen einverstanden.
„Zu wenig Freude!“, sagte er. „Zu wenig Freude!
Wenn der Messias kommt, sollen sich die Leute freuen.
Gleich wenn sie ihn zum ersten Mal sehen, sollen sie sich freuen.
Lachen sollen sie!
Wenn dieser Herodes kommt, dann fürchten sie sich doch, anstatt zu lachen. Wenn einer mit dem Säbel kommt.
Oder mit einer Krone und einem prächtigen Purpurmantel!
Mit so einem redet man doch nicht, da geniert man sich, da hat man Angst auf der Erde.“
Die Engel nickten.
Gott hatte ja wieder so Recht.
„Oder, fuhr Gott fort,
„wenn er kommt, wie ein Prophet, mit einem Kamelhaarfell und wildem Bart, und vermutlich sehr streng riecht,
das macht doch auch keine Freude.
Wie muss einer aussehen, damit man sich freut?“
Schweigen im Himmel.
Alle Engel dachten angestrengt nach.
Der Engel Gabriel kaute nachdenklich an seinen Fingernägeln, obwohl sich das auch im Himmel nicht gehört.
„Vielleicht wie ein Kind?“, sagte er plötzlich, „über ein Kind freut man sich immer.“
„Ein Kind?“ Gott überlegte. „Ein Kind? Natürlich, ein Kind! Eine tolle Idee Gabriel“.
Und Gabriel erglühte leicht silbern vor Freude über das Lob.
„Habt ihr schon ein einziges Mal einen Menschen gesehen,
der sich fürchtet, wenn er ein Kind sieht, einen Säugling?,“
fuhr Gott fort, „ich nicht.
Das gibt’s auf der ganzen Erde nicht und im Himmel erst recht nicht.
Ein Kind macht immer Freude...wenigstens, wenn es noch klein ist und nicht pausenlos schreit.“
Alle waren von der Idee überwältigt, ja ein Kind musste es sein.
Aber wer sollte das Kind spielen?
Sollte es das Kind eines Rabbis sein oder eines Propheten?
Das Kind würde erwachsen werden, daran musste man denken.
Und es sollte doch ein tüchtiger Erwachsener werden.
Wer weiß, was ihm bevorstehen würde.
„Und überhaupt“, fragte Gabriel, „wer von uns spielt das Kind?“.
„Ich“, sagte Gott.
„Du?!“, riefen alle Engel wie aus einem Mund, dass das Himmelsgewölbe dröhnte.
„Du? Das geht doch nicht“, sagte Gabriel aufgeregt.
 „Ein richtiger Mensch? Gott als Kind? Da lachen ja die Menschen.“, pflichtete ihm Michael bei.
„Sie sollen doch lachen“; sagte Gott. „Natürlich, lachen sollen sie!“
„Aber sie sollen doch Gott nicht auslachen!“, stöhnte Uriel
Gott lächelte:
„Natürlich nicht, aber ist es nicht besser, alle lachen, wenn sie mich sehen, auch wenn ein paar darunter sind, die mich auslachen?“
„Und der Himmel?“, sorgte sich Raphael, „der soll wohl leer stehen, wie?“
„Ja“, sagte Gott.
„Wie „ja“?, hakte Raphael nach. „Und wenn etwas schief geht, unten auf der Erde?“
Gott hob ergeben die Hände: „Es geht schief, aber das versteht ihr jetzt noch nicht.
Jedenfalls fängt es mit Freude an und nicht mit Furcht,
und am Ende, am Ende wird wieder Freude sein, und sie wird bleiben!“
Gabriel schüttelte den Kopf:
„Also gut, versuchen wir’s.
Hoffentlich verstehen die Menschen, was du damit ausdrücken willst
und fangen nicht selber an zu lallen, wenn sie dich im Baby entdecken.“
„Sei nicht albern, Gabriel“, erwiderte Gott streng,
„genau darum geht es doch, das wäre die Rettung: Sie sollen werden wie die Kinder.“
„Aber...“, versuchte Michael noch einen Widerspruch,
aber Gott hatte sich bereits abgewandt.
„Ich muss noch das Setting ausarbeiten“, sagte er im Weggehen und sie hörten ihn nur noch murmeln.
„Maria, hm, das ginge, aber Nazareth?
Nein, das kommt in keiner Prophezeiung vor.
Bethlehem. Ja!
Aber wie kriege ich sie nach Bethlehem?
Volkszählung?
Das wäre eine Möglichkeit.
Und ein Stall. Gute Idee. Ich in einem Stall.“
Und er entschwand.
 Die Engel schauten sich an, erst ernst,
dann kicherte erst Uriel, dann grinste Michael und auch Raphaels gerunzelte Stirn glättete sich:
„Stall? Gott in einem Stall?“
Und sie brachen in ein schallendes Gelächter aus.
Der ganze Himmel vibrierte von ihrem Lachen und versetzte alle in eine übermütige Stimmung.
„Friede auf Erden“, jubilierten sie,
„Friede auf Erden durch Gott als Kind im Stall“.
Selbst Gabriel tobte ausgelassen bis zum Abend mit den anderen auf den Wolken
und wir gesellen uns dazu mit dem Lied:  Vom Himmel hoch, o Engel kommt. 

Lied:  Vom Himmel hoch, o Engel kommt. 

Die Idee mit der Kindersache hat sich trotz der Bedenken durchgesetzt, später bei den Christen.
Nicht dass ihre Versammlungen immer einem Kindergeburtstag glichen.
Und das mit der Freude haben sie bis heute immer wieder mühsam lernen müssen.  
Selbst an Weihnachten.
Aber Gott hatte tatsächlich einen Volltreffer gelandet, den Jesus dann im Sinne  seines Erzeugers weitergab.
Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, habt ihr keinen Zugang zum Reich Gottes.
Was soviel heißt wie:
Dann versteht ihr nichts vom Leben, dann hat die Freude keine Chance und nicht der Friede.
Selbst Paulus, der nun wirklich nicht in dem Ruf steht, ein alberner kindlicher Mensch zu sein, hat es verstanden und legt im Predigttext für den 1. Weihnachtstag, den zerstrittenen und daher ziemlich freudlosen Galatern ans Herz:

Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan,
damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.
Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater!
So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.

Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder:
Keine Angst sollten die Menschen haben vor dem Messias,
nicht zurückschrecken,
sondern sich freuen, lachen, ausgelassen werden, weich in ihren Herzen.
Gott verlässt sich ganz und gar auf das Kindchenschema.
Er nimmt es als Vorlage für sein Reich des Friedens.
Werden wie die Kinder, sich freuen wie die Kinder,
selber Kind werden mit dem Kind in der Krippe
– das ist das Motto von Weihnachten.
Versuchen wir uns noch einmal einzuleben in die Sicht der Kinder.
Stehen wir ungeduldig vor der Tür des Weihnachtszimmerns
und staunen wie sie, wenn wir es betreten,
glücklich, dass der langeersehnte Augenblick gekommen ist.
Die Kerzen brennen, das Zimmer verwandelt ist, Musik erklingt.
Seien wir so leicht zu bezaubern wie sie und tauchen ganz ein in diese Freude.
Freuen wir uns wie die Kinder,
wenn alle zusammen sind,
die Eltern die mühsam hergestellten Geschenke auspacken und würdigen
und man selber vor dem Wunder einer Eisenbahn steht,
eines Handys, das einem tatsächlich ganz alleine gehört,
eines Puppenhauses oder meinetwegen auch vor Barby und Ken.
Seien wir sensibel wie die Kinder, empfindlich für jede Störung der Weihnachtsfreude.
Kein unbedachtes Wort wird geduldet, kein Streit.
Sonst erlischt die Freude auf den Gesichtern und die Nüchternheit der Welt nimmt sofort wieder Platz.
Unbestechlich sein, wie die Kinder und dünnhäutig.
Furchtsam sein und zerbrechlich wie die Kinder,
die wissen, wie sehr sie angewiesen sind auf ihre Eltern, ihre Familie.
Voller Vertrauen in die Fürsorge ihrer Eltern gehen sie die ersten Schritte in ihr Leben.
Sie verlassen sich auch an Weihnachten ganz auf sie,
dass ihre Eltern alles tun, um der Freude Nahrung zu geben.
Ein ideales Kinderbild, ich weiß.
Es hängt sehr von den Eltern und der Umwelt ab, ob es auch nur annährend so erlebt werden kann.
Aber lassen wir es einfach mal stehen
und hören als unschuldige, erwartungsvolle, liebevolle und liebebedürftige Kinder den Satz des Paulus:
„Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater!“
Weil ihr nun Kinder seid, Kinder derselben Eltern,
Adam und Eva meinetwegen, wenn wir Affen Namen geben wollen,
aber vor allem Kinder des Schöpfers unseres bezaubernden Lebens,
ganz und gar angewiesen auf ihn, und auf niemanden sonst.
Angewiesen sind wir auf den Herrn der Freude, der Quelle der Liebe
und daher frei,
frei zu leben.
Wir sind keines Menschen Knecht,
wir sind frei uns zu entwickeln, frei für die Freude des Augenblicks,
eine Freude, die dann von ganzem Herzen erlebt wird,
wenn sie unerwartet, überraschend, nicht geplant in unser Leben tritt,
wie ein Engel in tiefer Nacht unter eine Schar von Hirten platzt.
wie Liebe, die als unerwartetes Geschenk auf uns zukommt,
wie das überwältigende Glück, wenn einer doch wieder gesund wird, oder entlassen wird, unverhofft, aus der Gefangenschaft,
wie die Freude über unerwartet fallende Mauern.
Wir sind wie die Kinder und daher anfällig für Störungen
und zerfließen vor Mitleid mit einem verletzen Vogel auf dem Weg,
mit Menschen auf Booten
und vergießen Tränen, wenn Kinder von ihren Eltern getrennt werden durch Krieg oder andere Katastrophen.
Es bricht es uns fast das Herz, so unvorstellbar ist das für uns.
Und sofort nehmen wir Kinder den Vogel und versorgen ihn,
fragen nach, was das soll, warum Menschen auf Booten sterben, was für ein Unsinn,
gehen an unser Sparschwein und tun, was wir können.
Unvernünftig und liebenswert, ungeduldig und nicht bereit, Kummer und Unrecht hinzunehmen und voller Liebe für andere Menschen,
wie die Kinder eben.
Und keiner hat Angst vor uns, fühlt sich wirklich bedroht.
Wie Kinder dürfen wir auch Streit schnell vergessen
und bald darauf wieder auf den gemeinsamen Spielplatz  zurückkehren zum Spiel des Augenblicks.

Werdet wie die Kinder, dann seid ihr Erben Gottes und damit Boten und Botinnen seiner Freude.
Diese Freude hat die Kraft, die Welt zu verändern,
Partystimmung auf der gesamten Erde, das ist das Ziel.
Kein zähes Ringen um Ausgleich, kein zögerndes Aufeinander zu gehen, keine widerwillige Spende für gute Zwecke:
Weil wir in unseren Kinderherzen Gott, dem Kind,
Gott, unserem Schöpfer begegnen,
rufen wir ihn erwartungsvoll in unser Leben,
denn er ist ganz auf unserer Seite und versteht uns, weil er seine Liebe mit uns teilt.
Wir vertrauen Gott und erwarten, dass sich die Tür zu Weihnachten öffnet, immer wieder, und der Glanz des festlichen Lebens uns ganz gefangen nimmt, immer wieder.
Trauen wir uns das, werden wir wie die Kinder,
ungeduldig und voller Vorfreude,
überglücklich in freudigen Momenten und dünnhäutig und verletzlich,
ganz und gar angewiesen auf Gott, unseren Vater, unsere Mutter
und frei,
frei dem Retter im Stall zu begegnen und uns selber wiederzuerkennen,
in unserer Verletzlichkeit, in unserer Freude.
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten. 


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