Samstag, 7. Dezember 2013

Predigt Apk 3,7-13. 3. Advent 2013


Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt.

Die Tür schlägt zu.
Der Schlüssel ist drinnen.
Man selber draußen.
Pech gehabt.
Was ist man auch so hektisch und denkt nicht nach.
Jetzt hat man den Salat:  Die Tür ist zu.
In unserer Zivilisation hat sich für solche Fälle eine Einrichtung etabliert, die wir Schlüsseldienst nennen.
Die zu ordern ist ärgerlich, weil sie ziemlich teuer ist.
Aber keine Tür bleibt hier zu.
Nicht für immer und ewig.
Die kriegt man wieder auf.
Anders aber, so scheint es, verhält es sich mit der Tür im Predigttext für den 2. Advent.
Da ist die Tür entweder für immer auf oder für immer zu.
Und der Besitzer des Schlüssels ist unbestechlich.
Er ändert seine Meinung auch für Geld nicht.
Manchen schließt er auf, anderen schlägt er die Tür vor der Nase zu.
So jedenfalls sieht es Johannes, der von den Römern auf die Insel Patmos verbannt wurde vor ca. 1900 Jahren.
Und er schreibt der Gemeinde in Philadelphia im Buch der Offenbarung:
Dies sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der Davids Schlüssel hat,
der öffnet, und niemand schließt wieder zu,
der zuschließt, und niemand wird wieder öffnen.

Die Tür schlägt irgendwann zu, heißt das doch wohl.
Und wenn ihr nicht aufpasst, dann ist der Schlüssel drinnen und ihr  selber draußen.
Wollt ihr das riskieren?
Warum diese Härte, was will Johannes mit dieser  Kompromisslosigkeit erreichen?
Johannes wurde verbannt, weil er sich für die christlichen Gemeinden eingesetzt hat.
Die Römer erlaubten den unterworfenen Völkern, dass sie ihre eigene Kultur weiter leben konnten,
vorausgesetzt, sie zahlen die Steuern zahlten und akzeptieren den Kaiser als den Herrn der Welt.
Viele haben daher  ein Lippenbekenntnis abgelegt.
Die christlichen Gemeinden stehen auf dem Standpunkt „Jesus Christus ist der wahre Herrscher der Welt“.
Ein  Kaiser Domitian, der auf die Anrede „
Deus et Dominus noster“, unser Gott und Herr bestand, war damit nicht vereinbar.  
Und so leiden die Christen in Kleinasien unter Gefangenschaft, sozialer Ächtung, Gewalt  und der ständigen Angst vor dem drohenden Tod z.B. durch das Kreuz, zu dem einige schon verurteilt wurden.
Die Tür ist zu.
Das haben viele Christen damals erlebt.
Die Tür zum gesellschaftlichen Leben hat sich für sie geschlossen,
auch die Tür zur jüdischen Gemeinde,
die noch unter dem Eindruck der Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 steht
und alle ausschließt, die sich an die Regeln nicht halten und damit die Existenz der jüdischen Gemeinde erneut gefährden.
Dem standzuhalten, braucht viel Kraft.
Die Versuchung vieler Christen ist groß, die ganze Sache auf etwas niedrigerer Flamme zu kochen.
Johannes mahnt:
Riskiert nicht,
dass sich die Tür zum Glauben, die Tür zu Jesus Christus schließt,
dass euch euer Kostbarstes verloren geht,
denn, so im Predigttext für den heutigen Sonntag aus dem Buch der Offenbarung:
Dies sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der Davids Schlüssel hat, der öffnet, und niemand schließt wieder zu, der zuschließt, und niemand wird öffnen:
Ich kenne deine Taten.
Da! Ich habe vor dir eine Tür aufgetan, die niemand schließen kann;
denn du hast eine kleine, begrenzte Kraft und hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet.
Da! Ich werde die aus der Versammlung des Satans, die lügen, weil sie sich selber als Juden ausgeben, ohne es zu sein, ich werde dafür sorgen, dass sie kommen und vor deinen Füßen anbeten und erkennen:
Ich habe dich geliebt.
Du hast dich beharrlich an mein Wort gehalten und ich werde zu dir halten, wenn die Stunde der Treueprobe kommt, die auf die ganze Menschheit zukommen wird, um die Treue der Erdbevölkerung auf die Probe zu stellen.
Ich komme schnell.
Halte fest, was du hast, dass niemand deinen Kranz nimmt!
Die sich nicht unterkriegen lassen, die werde ich zu Säulen im Tempel meines Gottes machen und sie werden dort nie wieder hinausgehen,
und ich werde auf sie den Namen meines Gottes schreiben und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das vom Himmel von meinem Gott heruntersteigt, und meinen neuen Namen.
Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

Advent – wir warten ungeduldig darauf, dass sich Türen öffnen,
(
Satz von Pfarrerin PD Dr. Martina Janßen, Heidelberg Predigtforum)
die 
Türen der Adventskalender und die große Tür zum Licht von Weihnachten.
Und dann hören diese ernste, ernüchternde Mahnung des Johannes:
Halte fest, halte dich ans Wort.
Lass dir nichts wegnehmen, was dir lieb und teuer ist.
Lass dich nicht unterkriegen.
Setze deine kleine Kraft dafür ein.
Bleib standhaft.
Eine große Anstrengung klingt für mich aus diesen Worten,
eine Art erstarrtes Warten.
Kein Blick nach rechts und links ist möglich.
Alle Kraft geht dafür drauf auf das Wesentliche zu blicken, es im Blick und im eigenen Leben zu behalten.
Anstrengend ist das, denn dieses Wesentliche ist in der Welt, in der die Gemeinden damals leben mussten, nicht wirklich greifbar.  
Jesus ist schon lange tot.
Vor ihren Augen regieren Unverständnis und Härte gegenüber den Widerständigen.
Keine offene Tür für Andersdenkende ist dort zu erwarten.
Aber das ist nicht das Wesentliche, so Johannes,
das Wesentliche verbirgt sich hinter der Tür,
die Jesus für die Gemeinden geöffnet hat und bald vor aller Welt.
Und hinter dieser Tür ist die Starrheit verschwunden und alles in Bewegung:
Eine neue Stadt senkt sich von Himmel herab, das erlöste und befreite Jerusalem.
Jesus ist dort und nimmt sie in Empfang und lädt sie ein vom Strom des lebendigen Wassers zu trinken und ihre Kraft zu erneuern.
Umsonst.
Alles fällt ab, eine große Entspannung setzt ein, die Anstrengung ist vorüber und alle Qual.
Diese Tür ist offen für alle, die ihm treu bleiben und die Stunde der Probe bestanden haben,
die Tür in ein neues Leben auf dieser Welt für alle,
die klein und groß nicht verwechselt haben,
die der Liebe Gottes zu den Menschen und seiner Gerechtigkeit treu geblieben sind und sich weder durch Gewalt, noch durch Häme davon haben abbringen lassen.
Sie selber sind die Säulen des Gotteshauses, ein Tempel aus befreiten Menschen,
in denen Gott erscheint und die dort ihre Bleibe haben, für immer.
Die Tore, so sieht es Johannes, sind weit offen in dieser Stadt am Tag der Befreiung.
Die Völker kommen und werden geheilt.
Nicht Böses und Unreines wird mehr zu sehen sein.
Frei sein, lieben, in einer hellen Stadt,
aus der die Dunkelheit und die Gewalt und der Tod verbannt sind.
Ein großes Aufatmen ist da möglich, zurücklehnen, hören, sehen,
eine Freiheit von der Härte, der sie ausgesetzt waren
die Härte der geschlossenen Türen,
die sie nun hinter sich gelassen haben.

Advent – wir warten ungeduldig darauf, dass sich Türen öffnen, aber wir merken immer wieder:
Viele Türen sind zu.
Kein Schlüsseldienst öffnet sie.
Menschen erleben die Härte eines Arbeitsmarktes, der häufig gnadenlos sortiert, wer reich wird und wer sich dankbar zu zeigen hat, dass er mit sozialer Hilfe überleben darf,
auch wenn die Selbstachtung dabei häufig verloren geht.
Wir kennen diese Härte durch Grenzen, die Hungernde nicht durchlassen,
oder die Härte des Geldes, das Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht, wenn es da ist oder verhindert, wenn es fehlt.
Und wir tun uns häufig schwer, diese Härte zu sehen, geschweige denn diese Härte zu akzeptieren.
Wenn das Geld nicht reicht für viele Häuser der Gemeinde,
wenn unsere Kraft nicht reicht für alles, was zu tun ist,
wenn wir in unserem Leben vor einer Tür stehen, die sich nicht mehr öffnen will,
wenn wir in einer Beziehung an ein Ende geraten sind oder auch durch eine Krankheit.
Und dann mit der eigenen kleinen Kraft festhalten, am Leben,
es spüren und wertschätzen und gestalten, das ist nicht leicht.
Das kann einem leicht verloren gehen.
Eine kleine Kraft ist es, die uns und den Menschen in Philadelphia zur Verfügung steht.
Darin sind wir uns sehr ähnlich.

Johannes zeigt den Menschen der Gemeinde mit seiner kompromisslosen Rede von der Tür: Ich sehe die Härte eures Lebens.
Ich nehme sie wahr und ich nehme sie ernst.
Und meine Worte wollen da nichts verschleiern oder verharmlosen.
Aber vor allem möchte ich euch trösten, ermutigen, euch den Geschmack des Lebens auf die Zunge zaubern.
Ich lade euch daher ein, einen Blick durch die Tür zu werfen,
die Jesus geöffnet hat, für alle Menschen, die sich einladen lassen,
damit ihr merkt:
Eure kleine Kraft wird gesehen und gewürdigt.
Ich führe euch zur Quelle dieser Kraft, die sich immer wieder  erneuert.
Umsonst.

Advent – wir warten ungeduldig darauf, dass sich Türen öffnen,
die Tür zu Weihnachten und damit die Tür zum Frieden in dieser Welt.
Diese Tür ist schon geöffnet durch Jesus und niemand wird sie mehr schließen können.
Doch hindurchgehen, das müssen wir schon tun, der Einladung folgen,
heimisch werden in einer befreiten Welt
und uns an den Gedanken gewöhnen, dass sie gleichzeitig wirklich ist und wirklich werden kann.
Sonst sehen wir nur die geschlossenen Türen.
Sonst suchen wir vergeblich nach dem falschen Schlüsseldienst und wundern uns, warum wir feststecken und nichts sich bewegen will,
sonst sorgen wir mit dafür, dass alles bleibt wie es ist.
Und das darf es nicht, das darf es um Gottes Willen nicht.

Das Warten im Advent auf das sichtbare Kommen Gottes in diese Welt
braucht viele Plätzchen und Kerzen um sich nicht leer zu laufen,
denke ich manchmal.
Aber Advent, das bedeutet auch, uns zu erinnern und hinzuschauen auf die Zusage:
Die Tür steht offen, schon jetzt und Türen öffnen sich unversehens in dieser Welt.
Das geschieht durch Menschen, durch ihr Vertrauen in Recht und Gerechtigkeit,
die Türen öffnen mit ihrer kleinen Kraft,
die zumindest den Anfang machen und dann übernimmt irgendeiner anscheinend,
manche nennen es Eigendynamik, ich bin geneigt, es Gott zu nennen,
der mit seiner Kraft dafür sorgt, dass Taten der Liebe ihre Kraft entfalten.
Einer, der seit drei Tagen nun definitiv nicht mehr in unserer Welt lebt, hat gezeigt, wie das geht,
Nelson Mandela, einer der Helden meiner Jugend.
Die Nachricht von seiner Entlassung aus dem Gefängnis 1990 habe ich auf einer Hamburger Stadtautobahn im Radio gehört
und dabei das gleiche Gefühl gehabt, wie bei der Öffnung der Berliner Mauer:
Es geschieht doch immer wieder das Wunder,
dass Dinge in einen Fluss zum Besseren hin geraten, den man niemals für möglich gehalten hätte,
weil die Härte der Ungerechtigkeit so etabliert und stark zu sein schien,
dass nichts sie jemals hätte erweichen können.
Nelson Mandela war sicher niemand, dem man eine kleine Kraft nachsagen könnte.
Aber selbst die stärksten Menschen halten es selten aus, 27 Jahre unschuldig hinter Gittern zu leben, ohne bitter zu werden
und sie strecken danach auch nicht den weißen Peinigern die Hand zur Versöhnung aus.
Diese kleine Geste Mandelas, der bei der Footballweltmeisterschaft in Südafrika der weißen Mannschaft gratulierte,
hat ein großes Aufatmen bewirkt in seinem Land.
Nelson Mandela wird in den Berichten, die am Samstag zu hören waren,
neben Mahatma Gandhi als einer der größten Menschen der letzten 100 Jahre bezeichnet.
Das mag sein.
Aber Türen zu öffnen mit einer kleinen Geste wie der seinen,
mit unserer kleinen Kraft,
das können auch wir.
Das können wir, weil Gott durch Jesus mitten unter uns ist,
schon gekommen ist und gleichzeitig wartend hinter vielen Türen steht,
die auf ganz unterschiedliche Weise zum Frieden führen.
Advent ist beides, warten und gehen, hoffen und sehen, stehen bleiben müssen und handeln dürfen.
Keine Tür bleibt hier zu.
Nicht für immer und ewig.
Die kriegt man wieder auf.
Schaut auf Jesus, sagt Johannes, und die Tür öffnet sich,
nicht erst später, irgendwann, am Ende der Welt,
schon jetzt.
Jesus kommt schnell, wenn ihr den Anfang macht und führt uns weiter mit seiner Kraft.
Gemeinsam sind wir unterwegs zur geöffneten Tür mit unserer kleinen Kraft,
im GKR und in allen Bereichen der Gemeinde,
und nicht nur für uns selber.
Alles, was wir hier tun ist auch unsere Geste gegenüber dem großen Gastgeber des himmlischen Jerusalems,
das wartet  auf unserer Erde Platz nehmen zu können,
und das wir willkommen heißen, auf unsere Art.
Die Tür ist auf – sammeln wir unsere kleine Kraft, gehen wir gemeinsam hindurch
und erwarten alles von Gott.
Amen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen