Donnerstag, 21. Dezember 2017

1 Joh 3, 1.2 und Ich steh an deiner Krippen hier. 1. Weihnachtstag 2017


Aufbau der Predigt

Seht, welch eine Liebe I
(Die Hirten auf dem Feld.)
Str. 1 Ich steh an deiner Krippen hier
Seht, welch eine Liebe II
(Paul Gerhard vor der Krippe, 1)
Str. 2. 5. 12
Seht, welch eine Liebe III
(Paul Gerhard vor der Krippe, 2)
Str. 3.4
Seht, welch eine Liebe IV
(Krippe unter dem Weihnachtsbaum)
Str. 14
Seht welch eine Liebe V
(Unser Weg von der Krippe in die Welt)
Schluss.
Im Anschluss Musik

1 Johannes 3, 1-2 Weihnachten 2017

Der Predigttext für den 1. Weihnachtstag steht im 1. Johbrief, im 3. Kapitel.
1 Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum erkennt uns die Welt nicht; denn sie hat ihn nicht erkannt.
2 Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.

Seht, welch eine Liebe I
(Die Hirten auf dem Feld.)

Seht!
Welch eine Liebe!,
sagt der Engel und deutet mit dem Finger oder vielleicht ist es auch ein Flügel auf den Feldweg in Richtung Bethlehem.
Seht! Ihr werdet finden das Kind in der Krippe.
Die Hirten schauen erstaunt auf eine helle Gestalt in den leuchtenden gelben Gewändern, leichter Stich ins Blaue.
Ihr werdet sehen, antwortet der Engel.
Was genau werden wir sehen?, fragt der eine.
Gott, sagt der Engel.
‚Ein Kind’ hast du gerade gesagt, antwortet er.
Der Engel seufzt: Wenn es offenbar wird, werdet ihr ihm gleich sein; denn ihr werdet ihn sehen, wie er ist.
Wie Gott ist, fragt ein anderer ungläubig?
Ja, sagt der Engel etwas ungeduldig. Ihr werdet ein Herz und eine Seele mit ihm sein.
Der Hirte schaut an sich herunter.
Ein Umhang, fleckig, leicht angerissen.
Was soll das, fragt er, willst du uns hochnehmen?
Der Engel seufzt.
Er blickt nach oben und nickt.
Die himmlischen Heerscharen haben nur auf den Moment gewartet, scheint es.
Sie fliegen, schweben oder lassen sich einfach herab, genauer kann man ihr Erscheinen nicht beschreiben.
Sie stimmen ihren Gesang an und die skeptischen Stimmen der Hirten verstummen.
Eingehüllt sind sie in klingenden Lobpreis und hellen Frieden auf Erden.
Einen Moment, so scheint es ihnen, werden ihre Füße so leicht, dass sie den Boden nicht mehr spüren.
Dann entzieht sich das singende Volk wieder in himmlische Sphären und die Hirten bleiben allein.
Sie schauen sich stumm an.
Dann machen sie sich auf den Weg. Sie können gar nicht anders.
Sie kommen zum Stall, öffnen die Tür, sehen kurz zu den Eltern, die erschöpft im Stroh neben der Krippe sitzen.
Sie schauen in die Krippe hinein, auf das Kind,
seinen kleinen Kopf,
sehen das Haar, das daran klebt,
die kleine Nase,  die runden Wangen,
kurz öffnen sich die Augen,
richten sich auf die Gesichter, die sich über die Krippe neigen.
Und auf einmal wird etwas ganz weich und zart in ihnen.
Es ist es, als ob sich die ganze Welt ihnen öffnet:
Das Kind schaut sie an und schläft wieder ein.
Und in dieser Zartheit, da sehen sie, sehen tatsächlich, wie Gott ist und wie sehr er ihnen gleicht.
Seht, welch eine Liebe hat uns unser Gott erwiesen, dass wir seine Kinder heißen sollen – und wir sind es auch!
Langsam richten sich die Hirten auf, heben den Kopf:
Selbstbewusst und ein wenig stolz lächeln sie sich zu.
Sie stehen mitten in einem hellen Frieden voller Liebe und spüren zum ersten Mal:
Wir sind mittendrin, bereit alles zu geben,
unser Herz, unsere Seele, unseren Mut,
bereit alles von Gott zu empfangen.
Seht!
Welch eine Liebe!
Wir bleiben an ihrer Seite und besingen diesen Moment:
1. Ich steh an deiner Krippen hier,
o Jesu, du mein Leben;
Ich komme, bring und schenke dir,

Was du mir hast gegeben.

Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,

Herz, Seel und Mut, nimm alles hin

und lass dir's wohlgefallen.



Seht, welche eine Liebe II
(Paul Gerhard vor der Krippe, 1)

Seht!
Welch eine Liebe!
Im Jahr 1651 sitzt einer versunken in seinem Haus.
Weihnachten ist in Mittenwalde.
Paul Gerhard ist Pfarrer dort.
Die Schrecken des 30 Jährigen Krieges stecken drei Jahre nach seinem Ende allen im Geist und in den Gliedern.
Frieden ist noch ein Fremdwort.
Das Land ist verödet, ganze Dörfer in Brandenburg entvölkert.
Viele Menschen sind Epidemien, dem Hunger oder den Heeren zum Opfer gefallen.
Die überlebt haben, sind verroht und orientierungslos.
Paul Gerhard war elf Jahre, als die Kriege begannen.
Jetzt ist er 44.
Und allein. Eine Frau und Kinder hat er nicht.
Wer könnte auch an Liebe denken in diesen Zeiten oder gar eine Familie gründen?
Paul Gerhard versenkt sich in die Weihnachtsgeschichte.
Er tritt mit den Hirten in den Stall.
Er beugt sich mit ihnen über die Krippe und schaut auf das Kind.
Er sieht den kleinen Kopf, das Haar, das daran klebt,
die kleine Nase,  die runden Wangen,
kurz öffnen sich die Augen,
richten sich auf sein Gesicht.
Die schwarze Dürre des Lebens, das zerstörte, öde Land tritt zur Seite.
Etwas bricht auf, das macht ihn zum Menschen, zum Ebenbild Gottes.
Seht, welch eine Liebe hat uns Gott erwiesen, dass wir seine Kinder heißen sollen – und wir sind es auch!
Zärtlichkeit erfüllt ihn,
ein ungewohntes Gefühl:
Das hatte im Kampf ums Überleben keinen Raum.
Jetzt steht er plötzlich mitten in einem hellen Frieden voller Liebe und spürt:
Ich bin mittendrin, bereit alles zu geben, mein Herz, meine Seele, meinen Mut,
bereit alles von Gott zu empfangen.
„Ich steh an deiner Krippen hier, oh Jesu du mein Leben.
Ich komme bring und schenke dir, was du mir hast gegeben.“
Ein Liebesgedicht schreibt er unter dem Eindruck dieses Erlebnisses.
Und findet wunderschöne Worte, um diese Beziehung zu beschreiben.
„Meine Seele, mein Herz, nimm alles hin.“
Im Kind in der Krippe tritt ihm ein göttliches Du auf Augenhöhe entgegen.
Es öffnet ihn und er spürt eine Sehnsucht, die über alle Grenzen hinausgeht.
„Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen.
Oh, dass mein Sinn ein Abgrund wär
und meine Seel ein weites Meer, dass ich dich möchte fassen.“
Alles, alles möchte er für das Kind tun, sein Freund sein, seine Krippe schmücken.
Er ist ein Mann, der es sich in diesen Zeiten gestattet, die Zärtlichkeit, die ihn ganz erfüllt, in Worte zu fassen.
Die waren dann teilweise für ein protestantisches Gesangbuch doch etwas zu viel.
Aber wir sind nicht zimperlich und schwelgen mit ihm:

2.
Du hast mit deiner Lieb erfüllt

mein Adern und Geblüte.
Dein schöner Glanz, dein süßes Bild

liegt mir ganz im Gemüte.

Und wie mag es auch anders sein:

Wie könnt ich dich, mein Herzelein,

aus meinem Herzen lassen!


5.
Ich sehe dich mit Freuden an

und kann mich nicht satt sehen.
Und weil ich nun nicht weiter kann,

bleib ich anbetend stehen.

O dass mein Sinn ein Abgrund wär

und meine Seel ein weites Meer,

dass ich dich möchte fassen!



12. Zur Seiten will ich hier und dar
viel weißer Lilien stecken.
Die sollen seiner Äuglein Paar

im Schlafe sanft bedecken.

Doch liebt viel mehr das dürre Gras

Dir, Kindelein, als alles das,

was ich hier nenn und denke.



Seht welch eine Liebe III
(Paul Gerhard vor der Krippe, 2)

Seht!
Welch eine Liebe!
Weihnachten ist.
Die trostlose Welt um ihn herum ist noch da.
Paul Gerhard hat sie nicht vergessen.
Er sieht in dem Kind, wie Gott ist,
hilflos und wehrlos dem Dunkel ausgeliefert,
und doch voller Macht, die Herzen zu rühren.
So ist Gott und so ist er selber.
Wie ein Kind sehnt er sich nach Nähe, Geborgenheit und Liebe in schwarzen Zeiten und weiß jetzt: Gott teilt meine Sehnsucht.
In den Augen dieses Kindes sieht er, was noch nicht offenbar ist, aber was seit Anbeginn der Zeit, als er noch nicht geboren waren, die Welt erfüllt:
Gottes Augen schauen mich an,
wie ein Vater, wie eine Mutter,
voller Liebe.
Was ich mir selber nicht sagen kann,
das sagt Gott mir und allen Menschen seit Beginn der Schöpfung,
voller Zärtlichkeit und Liebe:
Sehr gut seid ihr, wirklich sehr gut, meine Kinder.
Paul Gerhard richtet sich auf, selbstbewusst, voller Freude.
Er spürt:
Ich stehe mitten in einem hellen Frieden voller Liebe.
Ich bin mittendrin, bereit alles von Gott zu empfangen,
alles zu geben.
Paul Gerhard erlebt durch das Kind in der Krippe die Botschaft des Jesus von Nazareth hautnah, die sagt:
Keiner kann euch diese Würde nehmen.
Eure Gotteskindschaft,
die setzt eine Grenze für alle, die die Augen verschließen vor der Zärtlichkeit, zu der Gott alle Welt einlädt, vom ersten Tag an.
Diese Zärtlichkeit mag nicht offenbar sein, aber sie ist in der Welt.
Auch heute, allem zum Trotz, dürft und könnt ihr sie leben.
In ihr begegnet ihr Gott.
Paul Gerhard hat sich dieser Zärtlichkeit geöffnet.
Er hat es noch mit Mitte Vierzig in diesen schweren Zeiten gewagt eine Frau zu lieben und seine Kinder.
Er hat immer wieder Bitteres erlebt in der Folge.
Aber er ist Gott auf Augenhöhe begegnet, hat es gewagt, mit seinen Augen die Welt zu betrachten.
Er weiß, Gott ist in der Welt, und damit ist meine Zukunft trotz allem offen.
Seht!
Welch eine Liebe!
Wir singen:
3.
Da ich noch nicht geboren war,

da bist du mir geboren.
Und hast mich dir zu eigen gar,

Eh ich dich kannt, erkoren.

Eh ich durch deine Hand gemacht.
Da hast du schon bei dir bedacht,

wie du mein wolltest werden

4.
Ich lag in tiefster Todesnacht.
du warest meine Sonne,

Die Sonne, die mir zugebracht

Licht, Leben, Freud und Wonne.

O Sonne, die das werte Licht

des Glaubens in mir zugericht't,

wie schön sind deine Strahlen!

Seht welch eine Liebe IV
(Die Krippe unter dem Weihnachtsbaum)

Seht!
Welche eine Liebe!
Sie stellt die Figuren der Weihnachtsgeschichte auf unter dem Weihnachtsbaum.
Wie jedes Jahr.
Ein Bein der Krippe ist abgebrochen.
Sorgsam klebt sie wieder an.
Alle umstehen sie das Kind.
Die Hirten, die Sterndeuter, hinter der Krippe Maria und Josef.
Schöne Figuren sind es, geschmackvoll geschnitzt.
Sie liebt ihre Krippe, kennt die Figuren von klein auf, sie hat sie von den Eltern geerbt.
Jedes Jahr wird es für sie Weihnachten, wenn sie diese Szene, diesen wichtigen Moment der Weihnachtsgeschichte aufbaut.
Sie weiß: Jedes Jahr in allen Ländern der Welt wird es Weihnachten in vielen Häusern, Geschäften, Kirchen.
Wie sie stehen Menschen vor der Krippe und werden einen Moment still, schauen und lassen sich anschauen.
Seht! Welch eine Liebe!
Und immer wieder spüren Menschen den Wunsch, dass an Weihnachten doch einmal alle und alles ein Herz und eine Seele sind.
Sie teilen die Sehnsucht des Kindes in der Krippe, die nicht aufhört, sondern weitergeht und weitergeht seit tausenden von Jahren.
Sie seufzt.
Tante Gerda wird es ihnen wie immer schwer machen mit dem Frieden, verbittert wie sie ist.
Und hoffentlich wird keines der Kinder noch krank.
Die Weihnachtsfreude ist zerbrechlich.
Deshalb ist ihr dieser Moment wichtig, sie alleine mit der Krippe.
Kaum kann sie ihn genießen. Es ist noch viel zu tun.
Einen Moment noch wartet sie.
Und dann kommt es doch, ein heller Frieden voller Liebe
Und die Gewissheit: Ich bin mittendrin.
Weihnachten.
Wir singen mit ihr:

14.
 Eins aber, hoff ich, wirst du mir,

mein Heiland, nicht versagen:

Dass ich dich möge für und für

in, bei und an mir tragen.

So lass mich doch dein Kripplein sein.
Komm, komm und lege bei mir ein

Dich und all deine Freuden.


Seht welch eine Liebe V
(Unser Weg von der Krippe in die Welt)
1 Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum erkennt uns die Welt nicht; denn sie hat ihn nicht erkannt.
2 Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.

Mit all diesen Menschen stehen auch wir heute vor der Krippe hier in der Kreuzkirche.
Wir schauen sie an und werden angeschaut.
Gott ist nicht fertig mit uns, niemals.
Gott schaut uns an, richtet uns auf.
Selbstbewusst und ein wenig stolz dürfen wir uns zulächeln, Kinder Gottes, jeder und jede von uns.
Ich wünsche Ihnen und euch allen, dass Sie diesen besonderen Moment, an dem Weihnachten geschieht, erleben und zulassen,
einfach überfließen vor Zärtlichkeit, auch die Männer.
Das ist ok an Weihnachten. Das ist auch kein Kitsch.
Das ist von Gott so gedacht, der uns nicht umsonst als Mensch anlächelt.
Gott wünscht und schickt uns diese Momente:
Da stehen wir gemeinsam mittendrin in einem hellen Frieden voller Liebe,
sind ein Herz und eine Seele miteinander und mit Gott,
wollen einfach nur unser Bestes geben, füreinander, für die Welt.
Nehmen wir diese Sehnsucht nach einer offenen Welt mit in das Neue Jahr.
Bleiben wir wach für diese kostbaren Momente.
Da  verlieren unsere Füße ein wenig den Kontakt zur Erde.
Wir lächeln einander zu und sagen:
Seht, welch eine Liebe.
Amen.


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