Es ist Nacht. Alles schläft. Keiner
wacht.
Und keiner wacht gerne auf in der
Nacht.
Ich auch nicht.
Auch nicht, wenn es klopft.
Da höre ich weg.
Ein höfliches Pochen?
Das kann man einbauen in den Traum.
Einmal geht das, auch zweimal,
dreimal.
Doch dann,
plötzlich,
sitze ich im Bett,
kerzengerade.
Ja, ist da einer verrückt geworden?
Was für eine Unverschämtheit!
Das klingt, als ob jemand die Tür
einschlagen möchte.
Es ist etwas passiert, denke ich,
und die Füße schießen aus dem Bett.
Die Beine nehmen den müden Körper
mit.
Die Augen öffnen sich beim Laufen.
Ich reiße die Tür auf:
Mein Freund steht da, mein Freund
und Nachbar.
Er blutet nicht, er sieht auch nicht
sonderlich erregt aus.
Mit einem entschuldigenden Lächeln
reicht er mir einen Korb.
Ich brauche Brot für einen Gast,
sagt er.
Meins ist alle.
Ich bin sprachlos.
„Die Kinder schlafen“, will ich ihm
sagen.
„ Es ist mitten in der Nacht und du
holst mich aus dem Bett wegen Brot?“
Aber ich sage nichts.
Ich sehe ihn an, sehe meinen Freund.
Den kenne ich gut.
Wir sind auf einer Wellenlänge, er
und ich.
Jeden Tag sehen wir uns, helfen uns
bei der Arbeit, trinken Wein an den Festtagen.
Ich spüre genau, es ist ihm ernst.
Gastfreundschaft ist ihm heiliger
als meine Nachtruhe.
Die Peinlichkeit, jemandem auf die
Nerven zu fallen zur Unzeit,
die nimmt er in Kauf.
Auch mit einer Bitte, bei der es nicht gerade um Leben und Tod geht,
Auch mit einer Bitte, bei der es nicht gerade um Leben und Tod geht,
jedenfalls kann ich das nicht
erkennen.
Mein Freund lächelt mich an,
zwinkernd, ein bisschen verschmitzt.
Er kennt meine Gedanken genau.
Es macht ihm nichts aus, dass ich ihn für unverschämt halte.
Es macht ihm nichts aus, dass ich ihn für unverschämt halte.
Und er ist sich sicher, dass ich
tue, um was er mich bittet.
Natürlich hat er Recht.
Ich hole das Brot, hebe abwinkend
die Hand, als er mir danken will,
lächele ihm zu, weil ich gar nicht
anders kann
und dann, endlich, kann ich die Tür
schließen, unter die Decke kriechen
und versuchen, wieder ins Land der
Träume zu finden,
während das Lachen und Reden aus dem
Haus meines Freundes zu mir herüber weht.
Bittet, so wird euch gegeben.
Suchet, so werdet ihr finden.
Klopfet an, so wird euch aufgetan.
Denn wer da bittet, der empfängt.
Und wer da sucht, der findet;
Und wer da anklopft, dem wird aufgetan.
Einen Freund haben, eine Freundin,
da ist einer, da kann ich immer
anklopfen,
da ist eine, die schlägt mir nichts
ab,
sie gibt mir, was ich brauche und
fragt nicht.
Unverhüllt zeige ich, wer ich bin.
Manchmal reichen halbe Sätze,
meine Freundin weiß sofort, was ich
meine.
Sie kennt mich,
aus vielen Gesprächen,
durch den Wechsel der Zeiten,
wir haben genug Leben geteilt.
Und wenn ich ihr das Weinglas aus der Hand nehme und einen Schluck trinke,
wir haben genug Leben geteilt.
Und wenn ich ihr das Weinglas aus der Hand nehme und einen Schluck trinke,
dann überschreite ich keine Grenze.
Pausen gibt es auch, bis wir uns wiedersehn, lange Pausen,
Pausen gibt es auch, bis wir uns wiedersehn, lange Pausen,
doch der Faden reißt nicht ab.
Und sie nachts anrufen, wenn ich stecken geblieben bin in meinem Leben,
Und sie nachts anrufen, wenn ich stecken geblieben bin in meinem Leben,
das mag sie nicht, das weiß ich,
denn sie geht früh schlafen.
Aber ich würde es tun,
anklopfen, ohne nachzudenken.
Ganz un-verschämt.
Ganz un-verschämt.
Und ich glaube, sie auch im
umgekehrten Fall.
Bittet, so wird euch gegeben.
Suchet, so werdet ihr finden.
Klopfet an, so wird euch aufgetan.
Denn wer da bittet, der empfängt.
Und wer da sucht, der findet;
Und wer da anklopft, dem wird aufgetan.
Warum so zaghaft, fragt er uns.
Traut ihr euch nicht?
Wir schauen alle zu Boden.
Peinlich, denke ich, Jesus ist
peinlich.
Beten, das ist eine Sache am Sabbat,
Beten, das ist eine Sache am Sabbat,
oder der Dank für Brot und Wein vor
dem Essen:
Gepriesen seist du, ewiger Gott, König der Welt.
Wir sitzen am Feldrand, kurz vor Kapernaum.
Gepriesen seist du, ewiger Gott, König der Welt.
Wir sitzen am Feldrand, kurz vor Kapernaum.
Und wir üben beten.
Das heißt, Jesus will es üben.
Ich nicht.
Ich bin ein Mann und kein wimmerndes Weib,
das über die Wäsche klagt oder über den Regen zur Unzeit.
Das heißt, Jesus will es üben.
Ich nicht.
Ich bin ein Mann und kein wimmerndes Weib,
das über die Wäsche klagt oder über den Regen zur Unzeit.
Beten, fährt Jesus fort, beten das
ist, als spräche man zu einem guten Freund.
Stellt euch das doch einfach mal
vor,
Gott als Freund, als Kumpel,
einer, da klopft ihr nachts an die Tür ohne nachzudenken und bittet um Brot
für einen Gast.
Jetzt ist es aber gut, denke ich.
Sollen wir jetzt Gott um einen Laib Brot bitten?
Und dann wirft er es vom Himmel, oder wie?
Sollen wir jetzt Gott um einen Laib Brot bitten?
Und dann wirft er es vom Himmel, oder wie?
Aber Jesus hat noch mehr auf Lager.
Einfach unverschämt sein, sagt er,
Gott auf die Nerven gehen, bitten,
egal um was,
aber bitten aus vollem Herzen, aus
ganzer Seele, mit aller Kraft,
das dürft ihr und das sollt ihr.
Fangt mit den kleinen Wünschen an.
Bedrängt Gott täglich mit kleinen
Wünschen,
und keine Sorge, die werden von selber größer.
Er lächelt.
und keine Sorge, die werden von selber größer.
Er lächelt.
„Macht es so wie die Kinder,
die ihre Eltern bitten, quengeln,
drängeln,
mit spitzen Stimmen auf sie einstechen, bis jeder Nerv vibriert.
mit spitzen Stimmen auf sie einstechen, bis jeder Nerv vibriert.
Und dann gibt doch der Vater ein Ei
und keinen Skorpion
Und einen Fisch und keine Schlange.
Wir bleiben stumm.
Ich sehe, dass Jesus allmählich
ungeduldig wird.
Wie, sage ich, um die Stille zu
unterbrechen, wie sollen wir Gott denn anreden?
Hallo Kumpel, was liegt an?
Hallo Kumpel, was liegt an?
Jesus lacht.
Gar nicht schlecht, Petrus, sagt er.
Man kann auch mit Gott
plaudern, über dies und das,
sollte man auch, damit er als guter
Freund Platz nimmt in deinem Leben.
Aber heute geht es um Wünsche, um
Bitten,
um das, was du brauchst und was dir
wirklich am Herzen liegt.
Ich seufze.
„Ich habe Hunger“, sage ich, „können
wir das nicht verschieben?“
„Bitte Gott um Essen“, sagt Jesus.
Die anderen schauen mich
erwartungsvoll an.
Äh, sage ich.
Sehr überzeugend, erwidert Jesus
spöttisch.
Ich werde wütend.
Gott, sage ich energisch und stocke
wieder.
Versuch’s mit „mein Freund“ oder
mein Papa, sagt Jesus.
Papa? Von mir aus.
Papa, rufe ich,
ich habe Hunger, verdammt noch mal.
ich habe Hunger, verdammt noch mal.
Wie jeden Tag.
Ich will essen.
Nicht nur einen Brotkanten.
Ich habe einen großen Magen, wie du
weißt und der ist immer leer.
Lamm will ich und Wein dazu.
Lamm satt und nicht nur einmal.
Täglich, genug Brot, genug Lamm,
genug Wein.
Wie die Reichen.
Und Fisch und Gemüse und Obst.
Und Fisch und Gemüse und Obst.
Mein Blick fällt auf mein Dorf, auf Kapernaum,
und mir fallen die Missernten ein
und dass alle dort immer wieder ums Überleben kämpfen.
Ein großer Zorn steigt in mir hoch.
Für alle, schreie ich plötzlich, tägliches Brot für alle.
Für alle, schreie ich plötzlich, tägliches Brot für alle.
Nie wieder Hunger, nie wieder
Ungerechtigkeit, Gott,
kriegst du das hin?
Oder hilf uns wenigstens, etwas zu
tun, hilf uns endlich!
„Was ist denn hier los,“ fragt eine
Stimme vom Wegesrand.
Ein Bauer steht da.
Er hat Hunger, sagt Jesus.
Und er wütet gegen den Hunger der
Welt.
Der Bauer nickt.
„Kommt mit“, sagt er, „wir haben gerade
geschlachtet.“
Und Wein ist da und wir stoßen an,
auf das Brot für alle und dann schauen wir weiter.
Ich bin sprachlos.
Das kann nicht sein, das geht doch nicht so einfach.
Das kann nicht sein, das geht doch nicht so einfach.
Das ist ja Hohn angesichts der
unabänderlichen Armut und Gewalt und Sklaverei.
Das ist...
Jesus sieht mich an und zuckt mit
den Schultern:
Bittet, so wird euch gegeben, sagt er.
Suchet, so werdet ihr finden.
Klopfet an, so wird euch aufgetan.
Denn wer da bittet, der empfängt.
Und wer da sucht, der findet;
Und wer da anklopft, dem wird aufgetan.
Was für eine Welt wäre das,
wenn Menschen die Freundschaft mit Gott offen leben,
wenn Menschen die Freundschaft mit Gott offen leben,
laut werden, schreien, rufen, klagen und lachen,
ihren Wünschen erlauben der Gerechtigkeit Gottes das
Wort zu geben.
Freunde und Freundinnen Gottes,
die prosten ihm zu mit Wein und feiern das Leben wie
in Kana,
die schauen nicht weg bei Krieg und Tod und Gewalt.
die schreien ihren Freund auch an: Wie kannst du das
zulassen?
Den Tod von Millionen damals vor 70 und mehr Jahren
und auch heute,
die teilen sein Schweigen, wenn auch ihm keine Antwort
einfällt,
aber er uns spüren lässt:
Das denke ich auch:
Niemals darf man sich abfinden, verharmlosen,
Das denke ich auch:
Niemals darf man sich abfinden, verharmlosen,
niemals vergessen.
Die fordern, dass Brot für alle da ist,
laut und un-verschämt.
Sie teilen viel Leben mit Gott,
dann kennt man sich irgendwann ganz gut.
Und auch wenn es Pausen gibt –
es ist leicht wieder anzuknüpfen,
wenn sie an seine Tür klopfen,
sicher, dass er da ist.
wenn sie an seine Tür klopfen,
sicher, dass er da ist.
Und Gott öffnet,
manchmal dauert es, manchmal zögert er,
aber er ist unser Freund.
Er öffnet die Tür, reicht uns das Brot und lächelt uns
an,
weil er gar nicht anders kann.
Bittet, so wird euch gegeben.
Suchet, so werdet ihr finden.
Klopfet an, so wird euch aufgetan.
Denn wer da bittet, der empfängt.
Und wer da sucht, der findet;
Und wer da anklopft, dem wird aufgetan.
Amen.
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