Dienstag, 3. April 2012

Passionsadacht zur Verleugnung des Petrus (Mt 26, 57-75)

Zu einem Bild aus dem Jugendkreuzweg 2012
Passionsandacht: Mitgehangen- mitgefangen. Die Verleugnung des Petrus

Mt 26
Petrus aber saß draußen im Hof; da trat eine Magd zu ihm und sprach: Und du warst auch mit dem Jesus aus Galiläa.
70Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: Ich weiß nicht, was du sagst.
71Als er aber hinausging in die Torhalle, sah ihn eine andere und sprach zu denen, die da waren: Dieser war auch mit dem Jesus von Nazareth.
72Und er leugnete abermals und schwor dazu: Ich kenne den Menschen nicht.
73Und nach einer kleinen Weile traten hinzu, die da standen, und sprachen zu Petrus: Wahrhaftig, du bist auch einer von denen, denn deine Sprache verrät dich.
74Da fing er an, sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne den Menschen nicht. Und alsbald krähte der Hahn.
75Da dachte Petrus an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich.

Mitgehangen- mitgefangen.
Petrus sitzt im Hof.
Er hat sich eingesetzt für Jesus,
auch bei seiner Verhaftung, mit dem Schwert,
berichtet jedenfalls einer der Evangelisten.
Petrus war mit dabei, von Anfang an.
Und er blieb dabei aus voller Überzeugung.
Sicherlich war er manchmal anstrengend, voller Geltungsdrang,
ein Fels, ein harter Brocken,
der im Strudel seiner Angst auch mal unterging,
damals auf dem See:
Aber er kam immer wieder hoch
und beteuerte, immer zu Jesus halten zu wollen.
Und er hielt Wort, auch als Jesus gefangen genommen wurde.
Alle laufen weg.
Einer nicht.
Mitgehangen- mitgefangen.
Matthäus berichtet:
Die aber Jesus ergriffen hatten, führten ihn zu dem Hohepriester Kaiphas, wo die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten.
Petrus aber folgte ihm von ferne bis zum Palast des Hohepriesters und ging hinein und setzte sich zu den Knechten, um zu sehen, worauf es hinauswollte.

Petrus will sehen, sehen was geschieht.
Er verschließt die Augen nicht.
Er sieht hin.
Er sieht zu, wie der Traum zerplatzt, den sie gemeinsam geträumt und gelebt haben.
Er hält das aus. 
Das ist viel verlangt.
Denn unterdessen
und bei Matthäus klingt es nicht so, als sei die Befragung von Jesus unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor sich gegangen,
unterdessen wird Jesus in die Zange genommen.
Wir hören weiter.

Die Hohenpriester aber und der ganze Hohe Rat suchten falsches Zeugnis gegen Jesus, dass sie ihn töteten.
60Und obwohl viele falsche Zeugen herzutraten, fanden sie doch nichts. Zuletzt traten zwei herzu
61und sprachen: Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen.
62Und der Hohepriester stand auf und sprach zu ihm: Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen?
63Aber Jesus schwieg still. Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.
64 Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.
65Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiterer Zeugen? Siehe, jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört.
66Was ist euer Urteil? Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig.
67Da spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Einige aber schlugen ihn ins Angesicht
68und sprachen: Weissage uns, Christus, wer ist's, der dich schlug?

Jesus steht im Licht der Aufmerksamkeit.
Alle Augen richten sich auf ihn.
Er hat den Bogen überspannt.
Keiner nimmt ihn mehr ernst.
Alle lachen und richten ihre Augen auf ihn.
Ein Spinner ist er, ein Gotteslästerer,
einer von denen, denen die meinen die Welt bewegen zu können und dann scheitern.
Scheitern an ihrem Hochmut, an ihrer Hybris,
scheitern an der Tatsache,
dass die Welt eine schwerfällige Kugel ist,
die sich nur mühsam in eine andere Richtung drehen lässt.
Die Menschen auf dem Bild fühlen sich sicher.
Das sieht man.
Ihre Rüstungen, ihr selbstbewusstes Lachen,
die römischen Soldaten haben hier das Heft in der Hand.
Ihre Grausamkeit, ihr Spott muss sich nicht rechtfertigen.
Sie sind am Drücker und der da,
der kann dem nichts entgegensetzen.
Selbst Wohlmeinende, wie vielleicht der junge Mann in Weiß,
der als einziger ernst schaut,
stehen hilflos da:
Wie kann man sich nur eine solche Blöße geben.
Kann man zu so jemandem halten?
Petrus hat es versucht.
Er ist dabei geblieben, er hat hingesehen:
Und er hat das, was er sah und hörte, ausgehalten.
Die Befragung, das Todesurteil, die Prügel, die Jesus bezogen hat.
Er geht nicht weg.
Er setzt sich weiter zu den Leuten am Feuer, er bleibt dabei.
Kann man mehr verlangen?
Nein.
Jesus wusste, was er von seinen Leuten,
was er von Petrus verlangen, erwarten konnte und was nicht.
Er hat es klar gesehen und klar benannt.
Er weiß, wie das ist, an den Rand gedrängt zu werden,
so an den Rand gedrängt zu werden,
dass die eigene Sicherheit zerbricht.
Auf dem Bild gibt sich Jesus dem Leiden hin,
schließt die Augen, um nicht hinsehen zu müssen in das breite Grinsen der Soldaten, 
wehrt sich nicht,
aber, so sieht es jedenfalls aus,
er bleibt bei sich.
Ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft?
Hier scheint ihn alle Kraft verlassen zu haben und dennoch bleibt er erkennbar.
Petrus sieht diese Schwäche, fühlt sie am eigenen Leib,
spürt seine eigenen Beine weich werden
und hält sich nur mühsam aufrecht dort an der Säule.
Und dann wird er angesprochen,
zusammengebracht mit der Schwäche des Mannes,
mit der Schuld, die dieser Mann angeblich auf sich geladen hat,
mit dem Verhängnis, das über diesen Mann hereinbrechen wird.
Mitgehangen – mitgefangen?
Petrus sagt: Nein.
Nein, so nicht.
In diesem Moment wäre es ein Leichtes gewesen,
der Schwäche nachzugeben,
sich zu Jesus zu setzen und den Dingen ihren Lauf zu lassen.
Und wenn Petrus der Sehnsucht und Müdigkeit nachgegeben hätte,
die er sicher auch gespürt hat,
dann wäre es so gekommen,
dann wäre der Fels mit zerbrochen, auf den Jesus seine Kirche gebaut hat,
dann wäre es vorbei gewesen.
Ob dann die Kirche eine Zukunft gehabt hätte,
wäre sehr fraglich gewesen.
Petrus leugnet Jesus zu kennen.
Er hält sich gerade,
er sammelt die letzten Reste seiner Kraft.
Der einzige Weg um weiter zu machen, ist,
sich vor sich selber und der ganzen Welt verächtlich zu machen
als einer, der kneift im entscheidenden Moment.
Hat Jesus gedacht, dass Petrus ihn im Stich lassen würde,
selbst wenn er ihn verleugnet?
Ich glaube nicht.
Momente der Schwäche, die kennt er von Petrus.
aber er kennt auch seine Kraft und auf sie hat er gebaut;
darauf gebaut, dass gerade ein Mensch,
dem man seine Ängste und Schwächen so deutlich ansieht,
zu der Art Helden gehören wird, die seine Vorstellung vom Leben braucht,
dass die Kraft eines solchen Menschen andere mitziehen wird.
Auf die Kraft des Petrus jedenfalls haben sich später viele andere verlassen.

Petrus weicht der Versuchung aufzugeben aus.
Er hört auf seine Angst, auf seine Schwäche,
die ihm in dem Moment den richtigen Weg weist
und er trennt sich von Jesus noch vor dessen Tod.
Ein harter Schnitt, den er bis ins Innerste spürt,
der ihn schmerzt,
von dem er in dem Moment gar nicht weiß, ob das richtig so ist,
ob er nicht verrät, was unlöslich zu ihm gehört,
der Glaube an den Weg Jesu.
Es ist ein Schnitt, über den er bitterlich weint.
Noch vor den Frauen unter dem Kreuz
trauert Petrus von ganzem Herzen um das verlorenen gegangene Leben,
um die Leichtigkeit, die mit Jesus möglich war,
um die Hoffnung, dass alles sich bald ändern wird.
Es braucht Mut, um aus dieser Trauer aufzubrechen.
Aber Petrus schafft es.
Er wird zu denen gehören, die keine Mühen scheuen,
keiner Gefahr ausweichen, das Gefängnis nicht fürchten und nicht den Tod
und er wird später hingerichtet werden.
Das alles hat er nicht aus Scham getan.
Das hat er getan, weil er trotz der Trennung von Jesus die Gewissheit weiter spürte,
dass Gott weiter mit auf diesem Weg ist,
dass Jesus die Nähe zu ihm, zu allen Menschen, nicht aufgeben hat.
Mitgehangen – Mitgefangen.
Ein Leben lang.
Mitgehangen – Mitgefangen.
Mit Begeisterung und Liebe und Schwäche und Angst und Trauer, mit all den Kanten und Ecken meiner Person, die mir und anderen immer wieder Fallen stellen und mit aller Kraft, die ich aufbringen kann auf dem Weg Jesu bleiben– wer kann das?
Ich ziehe meinen Hut vor Petrus.
Amen.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen